Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

nichtbinär an. Ausgewählt wurden nur Per- sonen, die über selbst ausgewiesene Tra- ding-Erfahrung verfügen. Um hinsichtlich behavioristischer Prädispostionen zu prüfen, wurden die 600 Teilnehmer in vier Gruppen geteilt, wobei die Sortierung nach Bildungs- grad und Onlineshopping-Aktivitäten er- folgte. Eine Gruppe verfügte über den Ab- schluss einer höheren Bildungseinrichtung, die zweite nicht. Die dritte Gruppe wies zu- mindest wöchentliche Onlineshopping-Ak- tivitäten aus, die vierte nicht. „Ex-post ha- ben wir festgestellt, dass Gamification sich auf alle vier Gruppen gleich auswirkt, also unabhängig von Bildungsgrad und prinzi- pieller Online-Affinität“, wie Zoican erklärt. Das Experiment Das Set-up des Experiment sieht nun fol- gendermaßen aus. Ein imaginärer risikobe- hafteter Wert erhält zum Zeitpunkt null den Wert von 10,0 E$ (Anm.: 1,0 Experimental Dollar = 0,20 kanadische Dollar) . Folgen- de Kursbewegungen sind innerhalb einer Runde mögliche: keine Veränderung, An- stieg um 1,0 E$, Anstieg um 2,0 E$ oder Crash auf null. Die Crashwahrscheinlichkeit liegt in jeder Runde bei zwei oder fünf Prozent. Die Restwahrscheinlichkeit von 98 beziehungsweise 95 Prozent teilt sich gleichmäßig auf die drei anderen Kursmög- lichkeiten auf. Maximal kann es zu 30 Preisfindungen je Runde kommen. Die Teil- nehmer können den Wert jederzeit verkau- fen. Kommt es jedoch vorher zu einem Crash, endet die jeweilige Runde sofort, es tritt Totalverlust ein. Insgesamt nimmt jeder Teilnehmer an vier gamifizierten und vier nicht gamifizierten Runden teil. Diese Run- den werden im Block abgehalten, die Hälfte der Trader handelt zuerst vier Runden ga- mifiziert, dann vier Runden nicht gamifi- ziert. Für die andere Hälfte ist die Reihen- folge umgekehrt. Am Ende des Experi- ments gab es ein Quiz, über das die Finanz- bildung der Teilnehmer evaluiert wurde. Das Kernstück des Experiments stellt na- türlich die Ausgestaltung der gamifizierten Plattform dar (siehe Grafik „Information versus Gamification“) . Im Gegensatz zur rein funktionalen Variante ist die Leiste, auf der sich der Sell-Button befindet, mit diver- sen grafischen Elementen versehen. Erreich- te Achievements werden angezeigt, noch zu erreichende – monetär nicht entgoltene – Ziele werden ebenso ausgewiesen. Der aktuelle Preis wird gleichfalls deutlicher hervorgehoben. Auf der linken Leiste laufen Motivationselemente, die generell dazu er- muntern sollen, den Verkauf zu verzögern – womit sich die Wahrscheinlichkeit eines Totalausfalls erhöht. In der unteren rechten Ecke wirft Dagobert Duck eine Münze, wodurch der Raum zwischen Kurve und Boden – also das Rückschlagspotenzial – teilweise verdeckt wird. Diese Motivationsinstrumente sind an denen orientiert, die über das Wallstreetbets- Forum auf der Social-Media-Plattform Reddit verwendet werden. Manche Ele- mente wie „Diamond Hands“ finden sich deckungsgleich im Forum wieder. Die Vielzahl von Elementen könnte nun den Verdacht aufkommen lassen, dass eine allfällige Verzögerung beim Verkauf nicht aufgrund von erhöhter Risikoaffinität durch Information versus Gamification Beide Interfaces bieten dieselben Daten– die gamifizierte Variante wird über diverse Nudging-Elemente erweitert. Das oben angeführte Interface ist aufgeräumt und macht ohne Ablenkung den Blick auf die relevanten Informationen frei. Das untere Panel ist hingegen mit Bildchen, GIFs und diversen Nachrichten überfrachtet – es ist gamifiziert. Führen die Ermunterungen, die die Motivation der Trader und somit die Kundenbindung erhöhen sollen, dazu, dass Positionen länger gehalten werden, als sinnvoll ist? Erhöht Gamification also das eingegangene Risiko? Quelle: Studie » Bei Gamification handelt es sich um die Anwendung von Elementen des Game Designs in einem Non-Gaming-Kontext. « Deterding, Dixon, Khaled und Nacke in „From Game Design Elements to Gamefulness“, 2011 124 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | GAMI F I CAT I ON FOTO: © HIGHER SCHOOL OF ECONOMICS MOSCOW, UNIVERSITY OF TORONTO SCARBOROUGH, ROTMAN SCHOOL OF MANAGEMENT

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