Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

D er neue Gedanke, den man beim informellen Dinner mit einem Kollegen oder Kunden austauscht, die In- siderinformation, die dem Konkurrenten nach dem dritten Martini an der Bar her- ausrutscht, die tiefere Einsicht, die man beim Mittagessen mit dem CFO in ein Un- ternehmen gewinnt – wie ist diese Art von softer Information zu bewerten? Ist sie tat- sächlich relevant oder eher anekdotisch zu verstehen? Genau dieser Frage gingen die beiden NBER-Autoren Jennie Bai und Massimo Massa in ihrer jüngsten Arbeit „Is Hard and Soft Information Substitutable? Evidence from Lockdown“ nach. Wie der Titel verrät, nützen die beiden Wirtschaftsforscher das Umfeld der Pandemie als eine Art natürli- ches Labor, um zu untersuchen, ob es softe Faktoren gibt, und, wenn ja, wie sich der Wegfall derartiger Informationen auf Erfolg und Strategie von Fondsmanagern auswir- ken. Doch zunächst muss natürlich eruiert werden, was „softe“ Information überhaupt ist. „Generell wird darunter die Information verstanden, die durch persönlichen Kontakt entsteht“, erklärt Co-Autorin Bai – was in präpandemischen Zeiten wahrscheinlich eine ausreichende Definition war. Doch wie sind dann die inzwischen pro- verbial gewordenen Zoom-Meetings einzu- ordnen? Zählt die im Rahmen eines Streams gewonnene Information als „soft“, oder braucht es tatsächlich neben dem per- sönlichen auch den physischen Kontakt? Die Autoren gehen davon aus, dass Letzte- res der Fall ist – was tendenziell Sinn ergibt, denn wer öffnet sich in einem Zoom-Mee- ting wirklich? Zu groß ist die Sorge, das Meeting könnte aufgezeichnet oder gehackt werden. Das würde bedeuten, dass bei vir- tuellen Treffen eher harte Informationen weitergegeben werden – die soften Zwi- schentöne fallen tendenziell aus. In der Isolation Wenn dem tatsächlich so ist, dann müss- ten Asset Manager, deren Strategie merklich von soften Einflüssen abhängt, vomWegfall dieser Information beeinflusst werden – und zwar, indem ihre Performance nachlässt. Wenn softe Information, die ein Fondsmanager von seinem Gegenüber nach dem dritten Glas Wein erhält, einen Beitrag zur Performance liefert, dann müssten Strategien, die auf solchen Informationen beruhen, unter den Lockdowns gelitten haben. Stellt sich die Frage: War das wirklich so? Fußabdruck und Fernweh Wie sich die allgmeinen Aktivitäten und einzelne Aspekte der Investmentstrategien vor und während der Lockdowns entwickelt haben Nach Auswertung von Mobilfunkdaten vor und während des Lockdowns lässt sich ein markanter Rückgang des „Footprints“ beziehungsweise der Bewegungsdaten orten. Damit einher geht eine Vergrößerung der Distanz zwischen Fondshaus und den Firmen, in die die betreffenden Asset Manager investieren. Auch die Größe der Unternehmen nimmt zu. Das heißt, lokale Investments in kleinere Unternehmen mit niedrigerer Informationsdichte werden eher gemieden. Quelle: Studie 0,00 0,05 0,10 0,15 1,10 1,12 1,14 1,16 1,18 1,20 Footprint Median Footprint Durchschnitt Marktkapitalisierung (log) Distanz Indexpunkte In tausend Meilen Dez. 2018 Dez. 2019 März 2019 Juni 2019 März 2020 Juni 2020 Sep. 2019 Jän. 2019 Jän. 2020 Apr. 2019 Juli 2019 Apr. 2020 Juli 2020 Okt. 2019 » Softe Information entsteht lehrbuchmäßig durch persönlichen Kontakt. Aber: Muss dieser Kontakt auch physisch sein? « Jennie Bai, NBER In vino performitas 116 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | SOF T FAC TORS FOTO: © SONYACHNY | STOCK.ADOBE.COM

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