Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

rungsalgorithmus, den Crego und Gálvez verwenden, erkennt jedoch zwei zusätzliche Baisse-Perioden. Die erste reicht von Mai bis September 2011 und entspricht der euro- päischen Staatsschuldenkrise im Zusam- menhang mit der Sorge um die Refinanzie- rung der griechischen Staatsschulden. Der zweite Zeitraum von Juni bis September 2015 fällt mit den turbulentesten Phasen des chinesischen Aktienmarktcrashs zusammen. Panel B beschreibt einige Merkmale der Zyklen. Die Ergebnisse lassen darauf schlie- ßen, dass die durchschnittliche Hausse- (Baisse)-Phase 47,5 respektive 12,5 Monate andauert. Von Bärenmärkten spricht man dann, wenn sich die Kurse von einem Hoch um mehr als 20 Prozent zurückgebildet haben. Due Diligence unvermeidbar Für den Praktiker bleibt die Erkenntnis, dass Hedgefondsstile mit dem Fokus auf Marktneutralität ihre Meriten besitzen und im Zuge einer erhöhten Diversifikation des institutionellen Portfolios jedenfalls als Portfoliobaustein gesetzt sein sollten. Die Arbeit der spanischen Finanzmarktforscher weist darauf hin, dass marktneutrale und andere Hedgefondsstile in Hausse-, nicht aber in Baisse-Phasen eine Tail-Abhängig- keit aufweisen. Die entscheidende Frage bleibt aber auch mit diesem Wissen im Hin- tergrund, mit welchen Fonds man die Anla- geklasse im individuellen Einzelfall beset- zen soll. Und hier bleibt einem die hoch- karätige Due Diligence auch nach diesen jüngsten Erkenntnissen nicht erspart. DR. KURT BECKER Bullen- und Bärenmarktperioden Hochs und Tiefs, berechnet nach zwei verschiedenen Algorithmen (Pagan und Sossounov beziehungsweise NBER) zur Identifikation von Bullen- und Bärenmärkten Panel A vergleicht die Bullen- und Bärenmarktperioden, wie sie sich nach dem Algorithmus von Pagan und Sossounov beziehungsweise aus Daten des National Bureau of Economic Research (NBER) errechnen. Panel B zeigt typische Merkmale von Bullen- und Bärenmärkten. Die letzte Spalte beinhaltet die asymptotischen Standardfehler. Untersuchungszeitraum: Januar 1997 bis Dezember 2016. Quelle: Studie PANEL A Methode Pagan und Pagan und nach … Sossounov NBER Sossounov NBER Erstes Hoch Sept. 2000 März 2001 Erstes Tief Sept. 2002 März 2002 Zweites Hoch Nov. 2007 Dez. 2007 Zweites Tief Feb. 2009 Juni 2009 Drittes Hoch Mai 2001 Drittes Tief Sept. 2011 Viertes Hoch Juni 2015 Viertes Tief Sept. 2015 PANEL B: CHARAKTERISTIKA VON BULLEN- UND BÄRENMÄRKTEN Typische Merkmale Ausprägung Standardfehler Durchschnittl. Dauer eines Bullenmarktes 47,5 Monate 0,000 Durchschnittl. Dauer eines Bärenmarktes 12,5 Monate 0,008 Bärenmarktamplitude -0,389 0,000 Bullenmarktamplitude 0,725 0,000 Regime-Switching- und Copula-Modelle Zwei neuere Ansätze zur Modellierung von Abhängigkeitsstrukturen D er erste Ansatz, die Klasse der Regime-Switching-Modelle, bleibt in der Welt der Normalverteilung, geht aber davon aus, dass Finanzmarktprozes- se unterschiedlichen Regimes unterliegen. Dies können beispielsweise Bullen- oder Bärenmärkte, aber auch Value- und Mo- mentum-Regimes sein. Es wird unterstellt, dass man sich jeweils in einem von meh- reren Regimes befindet. Diese unterschei- den sich hinsichtlich ihrer Korrelations- und Volatilitätseigenschaften. Diese An- nahme kommt der Realität zwar näher, löst aber das Problem, dass sich kaum prognostizieren lässt, welches Regime für die Zukunft zutreffen wird, nicht. Als Pro- gnosemodell eignet sich Regime-Switching weniger. Aber immerhin lässt sich mit die- sem Modell beurteilen, wie sich ein Port- folio in bestimmten Szenarien entwickeln wird, was für das Risikomanagement unverzichtbar ist. Neue Modellierungen enthalten unter anderem Indikatoren, die anzeigen, dass bald ein Regime-Switch bevorsteht. Das gelingt nicht auf den Punkt, aber für einen Zeitraum von viel- leicht sechs Monaten genau. Copula bringt Vorteile Die zweite betrachtete Methode, der Copula-Ansatz, ermöglicht die vollständi- ge Abkehr von der Normalverteilungs- annahme. Hier werden die (Rand-)Vertei- lungen der einzelnen Anlageklassen be- stimmt und dann die Abhängigkeiten in Form einer konkreten funktionalen Bezie- hung spezifiziert, um die nichtlinearen Abhängigkeiten abzubilden – beispiels- weise Asymmetrien. Damit ist die Unter- suchung der Abhängigkeitsstruktur losge- löst von Annahmen über die Randvertei- lungen. Diese Flexibilität ermöglicht die Anwendung von Copulas in zahlreichen Bereichen der Finanzwirtschaft vom Risi- komanagement über die Bewertung kom- plexer Finanzprodukte bis hin zur Portfo- liooptimierung. Anhand von Value-at-Risk- Modellen – sie ermitteln die Verlusthöhen, die jeweils mit einer bestimmten Wahr- scheinlichkeit nicht überschritten werden – untersucht man Abweichungen zwischen dem Markowitz-Ansatz und dem Copula- Modell. Dabei zeigt sich, dass in der klas- sischen Portfoliotheorie nach Markowitz die Risiken deutlich unterschätzt werden. Das Copula-Modell kommt jedenfalls zu einer besseren Einschätzung der Risiken. Beide Ansätze verfolgen die Autoren Julio Crego und Julio Gálvez, um das Tail- Risiko sowie die Abhängigkeit zu ana- lysieren, die zwischen marktneutralen Hedgefonds und dem Aktienmarkt be- steht. 108 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com SCHWERPUNKT UKRA I NE HEDGE FONDS

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