Institutional Money, Ausgabe 1 | 2022

S chon in ihrer Bezeichnung steckt das Wort „Absicherung“, und Hedgefonds werden seit langer Zeit – nicht nur, aber auch – mit dem Argument der geringen Korrelation zu traditionellen Anlageklassen und -stilen vermarktet. Tatsächlich haben zahlreiche empirische Studien niedrige Korrelationen zwischen den Renditen von Hedgefonds und den Gesamtrenditen des Aktienmarktes festgestellt. Den- noch sind viele Frage in diesem Zu- sammenhang längst nicht geklärt. Das Verständnis der Zusammenhänge zwi- schen Hedgefonds und Vermögens- märkten ist sogar für jene Investoren relevant, die selbst gar keine Hedge- fonds einsetzen, da Zusammenbrüche im Hedgefondsbereich aufgrund des Hebeleinsatzes zu potenziell verhee- renden Auswirkungen an den Finanzmärk- ten führen können. Insbesondere den Auf- sichten rund um den Globus steckt die Urmutter aller Hedgefondskrisen mit An- steckungsgefahr – Schlagwort Long-Term Capital Management (LTCM) 1998 – noch in den Knochen. In einem von der spanischen Notenbank herausgegebenen Working Paper von Julio A. Crego, Assistant Professor of Finance an der Tilburg University in den Niederlanden, und Julio Gálvez, Research Economist in der volkswirtschaftlichen Abteilung der Banco de España in Madrid, ging es darum, die auf Regime-Switching basierende Ab- hängigkeit zwischen Hedgefonds und dem Aktienmarkt unter Berücksichtigung der Po- sition innerhalb des Finanzzyklus (Hausse oder Baisse) zu analysieren. Dabei wurde der Schwerpunkt auf marktneutrale Hedge- fonds gelegt, weil dieser Hedgefondsstil aktiv versucht, größere Risikofaktoren zu vermeiden und relative Preise von Assets zur Ertragsgewinnung zu nutzen. Dazu zäh- len Strategien wie Long-Short Aktien, Ak- tienindex-Arbitrage, Wandelanleihen-Arbi- trage und Arbitrage bei festverzinslichen Wertpapieren. Marktneutrale Hedgefonds sind nicht nur einer der größten, sondern auch einer der populärsten Anlagestile der Branche. Als Beleg dafür mag der „Credit Suisse Global Survey of Hedge Fund Ma- nager Appetite and Activity“ dienen. Dieser stellt fest, dass marktneutrale Hedgefonds 29 Prozent der Netto-Nachfrage nach Hedgefonds seitens institutioneller Investo- ren ausmachen. Damit sind sie der zweit- häufigste Hedgefondsstil in institutionellen Portfolios. Die Kapitalmarktforschung hat daher die „Neutralität“ dieser Fonds gegen- über dem Marktindex untersucht, wobei sich der Fokus der Untersuchung auf die Abhängigkeit vom Markt-Tail-Risiko rich- tet. Zu nennen ist hier der von Patton 2009 verfasste Beitrag „Are ,Market Neutral‘ Hedge Funds Really Market Neutral?“ im „Review of Financial Studies“. Geringe Korrelation Während zahlreiche Studien festgestellt haben, dass diese marktneutralen Hedge- fonds wenig bis gar nicht mit dem Markt- index korrelieren, gibt es keinen Konsens darüber, ob sie dem Tail-Risiko ausgesetzt sind oder nicht. Die meisten dieser Arbeiten gehen davon aus, dass die gemeinsame Verteilung der Renditen von Hedgefonds und Aktienmarktindex ziemlich statisch ist. Diese Annahme scheint widersprüchlich zu sein, denn es ist allgemein bekannt, dass die von Hedgefondsmanagern angewandten Trading-Strategien meist dynamischer Na- tur sind. Zuletzt findet man einen Hinweis darauf bei Andrew Patton und Tarun Rama- dorai in „On the High-Frequency Dynamics of Hedge Funds Risk Exposures“ aus dem Jahr 2012. Die erste Abweichung des Papiers von Crego und Gálvez von den bisherigen Stu- dien besteht darin, dass untersucht wird, wie sich die Abhängigkeit zwischen marktneu- tralen Hedgefonds- und Aktienrenditen in Abhängigkeit vom Finanzzyklus sowohl auf der Ebene der Gesamtheit der Fonds als auch auf Einzelfondsebene gestaltet. Um diese Abhängigkeit zu quantifizieren, grei- fen die beiden Autoren auf ein Student-t- Copula-Modell mit Abhängigkeitsparame- tern, die je nach Zustand variieren, zurück. Sie identifizieren Finanzzyklen mithilfe eines einfachen Algorithmus, der Hausse- und Baisse-Perioden an Aktienkursbewe- gungen festmacht. Crego und Gálvez kön- nen belegen, dass die Hausse- und Baisse- Perioden, die dieser Algorithmus erfasst, nicht nur mit den vom NBER (National Bureau of Economic Research) veröffent- lichten Expansions- und Rezessionsphasen zusammenfallen, sondern auch mit anderen bedeutenden Ereignissen, die Auswirkungen auf die Finanzmärkte hatten, etwa mit der europäischen Staatsschuldenkrise. Eine aktuelle Studie untersuchte die lineare Korrelation und die Tail-Abhängigkeit zwischen marktneutralen Hedgefonds und dem Marktportfolio in Abhängigkeit vom Finanzzyklus. Die Erkennt- nisse sind gerade in Zeiten, in denen Risken wie der Ukraine-Konflikt schlagend werden, relevant. Manchmal sicher » Der Conditional Value at Risk für marktneutrale Hedgefonds ist in Baissen höher als in Haussen. « Julio A. Crego, Assistant Professor of Finance an der Tilburg University in den Niederlanden 102 N o. 1/2022 | www.institutional-money.com SCHWERPUNKT UKRA I NE HEDGE FONDS FOTO: © TILBURG UNIVERSITY, ALPHASPIRIT | STOCK.ADOBE.COM

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