Institutional Money, Ausgabe 4 | 2021

sondern bleibt auch für die risikobereinigten kumulativen Renditen bis zu einem halben Jahr (Monat t +6) stark. Der positive Effekt von MCRASH auf die durchschnittlichen Aktienrenditen wird durch multivariate Tests bestätigt. Die Er- gebnisse der Fama- und MacBeth-Regres- sionen von Überschussrenditen im Monat t + 1 auf MCRASH im Monat t bei gleichzeitiger Kontrolle von linearen Risikoexposures (d. h. Aktien-Betas zu verschiedenen Asset-Preis-Faktoren) und Unternehmenscharakteristika (Size, Kurs-Buchwert, Momentum, Reversal, Aktienilliquidität und maximale Tages- rendite im Monat t) deuten darauf hin, dass MCRASH eine positive Determi- nante für erwartete zukünftige Aktien- renditen ist. In einer Variante mit allen Faktor-Betas, die dem erweiterten linearen theoretischen Modell entspricht, beträgt der geschätzte Koeffizient für MCRASH 4,37 mit einem t-Wert von 5,89. Bei allen Vari- anten liegen die Koeffizientenwerte zwi- schen 2,69 und 5,56 mit t-Werten zwischen 3,58 und 6,70. Bei einem (90 Prozent minus 10 Prozent-)Interquantil-Spread von 0,08 zwischen den Aktien mit dem höchsten und dem niedrigsten MCRASH-Wert entspre- chen diese Koeffizienten annualisierten Prä- mien zwischen 2,58 und 5,34 Prozent. Die positive Beziehung zwischen MCRASH und zukünftigen Renditen bleibt bestehen, wenn man andere Maße für das Downside- und das Tail-Risiko verwendet. Diese Ergebnisse sind ein deutlicher Beleg dafür, dass das multivariate Crash-Risiko von Aktien für die Investoren wichtig ist und dass die MCRASH-Renditeprämie nicht be- reits unter den marktbasierten Abwärts- und Tail-Risikoprämien subsumiert ist. Schließlich wird das Pricing alternativer Konzepte des multivariaten Crash-Risikos untersucht. Zunächst berechnen die Autoren bivariate Crash-Risikomaße für den Markt und jeden der sechs Nicht-Markt-Faktoren des Sieben-Faktor-Modells, die für die Be- rechnung von MCRASH verwendet wer- den. Dabei finden die Autoren, dass die Sensitivität einer Aktie gegenüber Markt- Crashs eine positive Risikoprämie bei zu- künftigen Aktienrenditen mit sich bringt; darüber hinaus zeigen die Ergebnisse eine schwach signifikante Prämie für das Expo- sure zu Crashs des Size- und des Rentabi- litätsfaktors. Multivariate Regressionen deu- ten jedoch darauf hin, dass die Wirkung von MCRASH auf künftige Renditen von kei- nem der bivariaten Crash-Risikomaße sub- sumiert wird. Im Gegenteil, die Ren- diteeffekte der bivariaten Crash-Maße für den Markt, den Size- und den Rentabilitäts- faktor werden unbedeutend, wenn man in multivariaten Regressionen im Hinblick auf die Auswirkungen von MCRASH (und die Unternehmenscharakteristika) kontrolliert. Zweitens richten die Autoren ihr Augen- merk auf gemeinsame Crashs mehrerer Faktoren. Dafür führen sie ein Maß namens JCRASH (Joint Crash) ein, das definiert ist als die bedingte Wahrscheinlichkeit einer Aktie, ein Left-Tail-Ereignis zu erfahren, wenn mehrere Faktoren gleichzeitig zum selben Zeitpunkt ebenfalls einem Left-Tail- Ereignis – anstelle der Bedingung des Auf- tretens von mindestens einem Faktor-Crash – ausgesetzt sind (siehe Tabelle „Gemeinsa- me Crashs mehrere Faktoren“) . Zur Schät- zung der JCRASH-Koeffizienten verwen- den die Autoren parametrische Copula- Modelle, die GARCH-Skewed-Margins mit dieser Copula kombinieren. Die Modelle wurden wieder mit einem rollierenden Schätzzeitraum von 250 Tagen gerechnet. Alle unabhängigen Variablen wurden um Ausreißer bereinigt („winsorized“) auf dem Konfidenzniveau von 99,5 Prozent. Da simultane Crash-Ereignisse sehr sel- ten auftreten, beschränkt sich die Analyse auf simultane Crashs von Faktorpaaren ein- schließlich des Marktes sowie auf simultane Crashs der drei Faktoren von Fama und French, der vier Faktoren von Carhart und der fünf Faktoren von Fama und French. Dabei stellen die Autoren fest, dass es meh- rere Faktorkombinationen gibt, für die JCRASH einen signifikant positiven Effekt auf zukünftige Renditen hat, wobei Markt und Size sowie Markt und Rentabilität am ausgeprägtesten sind. Der signifikante Ein- fluss dieser gemeinsamen Faktor-Crashs bleibt auch dann stabil, wenn MCRASH in multivariate Regressionen einbezogen wird. Unter anderem leistet diese Studie einen Beitrag zur Literatur über die Anwendung nichtlinearer Abhängigkeitsmaße im Fi- nanzbereich. Patton (2004), Christoffersen et al. (2012) und Christoffersen und Lang- lois (2013) entwickelten dynamische Copu- la-Modelle, um Nichtlinearitäten in der be- dingten Abhängigkeitsstruktur von Vermö- gens- und Faktorrenditen zu beschreiben. Die vorliegende Arbeit ist die erste, die die Auswirkungen nichtlinearer Abhängigkeiten in Multi-Faktor-Modellen auf die Asset- Preis-Bildung untersucht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Einbeziehung solcher Abhängigkeitsmerkmale Risiko- prämien von Aktienrenditen erklären kann, ohne dass die Faktorpalette erweitert wer- den muss. Die Autoren schlagen ein multivariates Crash-Risiko-Maß, MCRASH genannt, vor, das die Sensitivität einer Aktie gegenüber extremen Ausprägungen aller Risikofakto- ren in einem Asset-Pricing-Modell erfasst. Mithilfe einer neuen Erweiterung des sto- chastischen Diskontierungsfaktors, der von mehreren Risikofaktoren abhängt, können die Autoren eine Tail-bezogene Komponen- te der erwarteten Aktienrendite isolieren, die mit dem Exposure zu dem multivariaten Crash-Risiko zunimmt. In Übereinstim- mung mit den Modellergebnissen hat MCRASH einen signifikant positiven Ein- fluss auf die durchschnittlichen zukünftigen Aktienrenditen. Es zeigt sich, dass eine Anlagestrategie, die monatsweise das Portfolio mit dem höchsten MCRASH-Dezil long und dem niedrigsten MCRASH-Dezil short geht, eine durchschnittliche Renditedifferenz von 4,68 Prozent mit einem t-Wert von 3,69 im Monat darauf aufweist. Diese Renditedif- ferenz bleibt stabil, wenn man in Regres- sionen die Ergebnisse im Hinblick auf das Exposure zu linearen Risikofaktoren kon- trolliert. DR. KURT BECKER » Aktien mit hohem Multi-Faktor- Crash-Risiko erzielen deutlich höhere zukünftige Renditen. « Dr. Markus Huggenberger, Habilitand an der Universität Mannheim 98 N o. 4/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | US - AKT I EN- CRASH FOTO: © SIEGFRIED HERRMANN

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