Institutional Money, Ausgabe 4 | 2021

frustriert, weil Dinge zum Teil nicht schnell genug vorangehen. Auch wenn wir speziell auf Deutschland bezogen eine aus meiner Sicht bisher großartige Entwicklung erlebt haben, so liegt noch eine Menge Arbeit vor uns, um unserer Rolle als echter und ernst zu nehmender Herausforderer gegenüber den bereits etablierten Playern gerecht zu werden. Welche Trends sind es denn, die aus Ihrer Sicht Ihr Geschäft derzeit bestimmen? Jean-Jacques Barbéris: Hier muss man meiner Ansicht nach unterscheiden zwischen marktgetriebenen und operativen Trends. Ausgehend von dem, was unsere Kunden uns durch ihre Nachfrage nach Produkten und Lösungen derzeit signalisieren, würde ich zunächst ein deutlich gestiegenes Inter- esse an Aktieninvestments auch auf Seiten der institutionellen Investoren nennen, denn in den entsprechenden Assetklassen ver- zeichnen wir derzeit das größte Absatz- potenzial. Das betrifft nicht nur globale Investmentmandate, sondern auch die Nachfrage nach entsprechenden Instrumen- ten für die europäischen Märkte sowie ins- besondere US-Aktien. Im Grunde kann das angesichts der überaus positiven Erträge, die mit Aktien in der jüngeren Zeit zu er- zielen waren, auch kaum verwundern. Denn im Grunde folgen gerade institutionelle Investoren damit mehr oder minder einfach dem allgemeinen Markttrend. Parallel dazu setzt sich zudem die schon seit mehreren Jahren zu beobachtende Höhergewichtung von alternativen Investments in den Port- folios von Großanlegern fort. Ein wesentli- cher Treiber dieser Entwicklung ist natür- lich die Tatsache, dass mit festverzinsten Anlagen derzeit kaum nennenswerte Erträ- ge zu erzielen sind. Nicht zuletzt dürfte doch auch eine in jün- gerer Zeit immer heftiger aufgeflammte Dis- kussion über einen deutlichen Anstieg bei der Preisentwicklung eine Rolle spielen. Jean-Jacques Barbéris: Uns selbst hat die Ent- wicklung bei den Inflationszahlen nicht wirklich überrascht. Wir haben schon seit geraumer Zeit vor möglichen strukturellen Veränderungen in Bezug auf die Preisent- wicklung gewarnt. Inzwischen stellen auch viele unserer Investoren das Szenario einer nur vorübergehend höheren Inflation, wie es ihnen die Zentralbanken nach wie vor kom- munizieren, mehr und mehr in Frage. Nicht zuletzt spüren sie die zunehmende Verteue- rung ja selbst, und zwar nicht nur an der Tankstelle und bei den Energiepreisen ins- gesamt, wobei der Anstieg der Preise für Energie im Grunde nur eine Erscheinung innerhalb der eben angesprochenen struk- turellen Veränderung darstellt. Ohne nun gleich in eine Art marxistische Terminolo- gie verfallen zu wollen, aber der Druck auf eine andere Verteilung der Entlohnung von Arbeit und Kapital wird in Zukunft sehr viel relevanter werden. Und hohe Löhne werden uns eher in Richtung einer höheren Infla- tionsrate bringen. Aber Sie haben auch von operativen Trends gesprochen, die Ihr Geschäft verändern. Was ist damit gemeint? Jean-Jacques Barbéris: Das betrifft zum Bei- spiel die inzwischen merklich ausgeprägte Entwicklung, dass sich Investoren mehr und mehr die Frage stellen, ob sie einen Teil ihrer Vermögenswerte weiterhin selbst ver- walten oder diese nicht besser komplett an einen Dienstleister auslagern sollen. Wir sind sicher noch nicht der größte Anbieter in diesem Geschäft, aber auch wir haben in der jüngeren Vergangenheit eine zunehmen- » Letzten Endes sind wir meines Erachtens in gewisser Weise bereits heute ein Technologieunternehmen. « Jean-Jacques Barbéris, Aufsichtsratsvorsitzender, Amundi Deutschland 68 N o. 4/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | J EAN- JACQUE S BARB ÉR I S | AMUND I FOTO: © FRANÇOIS DABURON

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