Institutional Money, Ausgabe 4 | 2021

zen, sind auf dem Vormarsch. Momentan erfolgt das im Bereich Alternativer Invest- mentfonds allerdings vielfach noch ma- nuell“, so Boxberger. Neue Risikoklasse Wenn bereits durch die CRR II die Er- mittlung des regulatorischen Kapitalbedarfs komplexer geworden ist, so droht durch deren Novelle der Kapitalbedarf weiter zu steigen. „Der Entwurf der CRR-III-Verord- nung vom 27. 10. 2021 sieht vor, eine neue Forderungsklasse für nichtbörsennotierte Eigenkapitalbeteiligungen im Anlagebuch zu etablieren“, so Boxberger. Für sie soll das Risikogewicht statt bisher 100 dann 250 Prozent betragen. Für spekulative nicht bör- sennotierte Eigenkapitalbeteiligungen (Risi- kokapitalbeteiligungen) soll das Risikoge- wicht sogar von 150 auf 400 Prozent stei- gen. „Die Auswirkungen auf den Kapital- bedarf unter CRR II bleiben verkraftbar und heben die Vorteile von Fondsinvestitionen nicht auf. Der CRR-III-Entwurf könnte allerdings aus Return-on-Regulatory-Capi- tal-Gesichtspunkten eine Verteuerung dieser Assets bedeuten“, meint Boxberger. Zukünftig wird also zu unterscheiden sein zwischen „langfristigen“ und „spekulativen“ PE-Investments, denn daraus ergibt sich ein Preisschild von 250 oder von 400 Prozent Risikogewicht. „Spekulativ ist eine Beteili- gung, wenn sie zum Zweck des kurzfristi- gen Wiederverkaufs erworben wird oder wenn es sich um klassische Venture-Capital- Investments handelt. Bei einer beabsichtig- ten Haltedauer von drei Jahren oder länger gilt eine Beteiligung als Long-term-Eigen- kapitalinvestment und hat ein Risikoge- wicht von nur 250 Prozent“, sagt Boxber- ger. „Unsere Dachfonds enthalten zehn bis 15 Zielfonds. Jeder PE-Zielfonds hat auch wieder zehn bis 15 Portfoliounternehmen. Regelmäßig ist dort die beabsichtigte und gewichtete Haltedauer drei Jahre oder län- ger, sodass langfristige nichtbörsennotierte Eigenkapitalbeteiligungen im Sinne der Novelle vorliegen sollten.“ Er lässt durch- blicken, dass er mit dieser Regelung immer noch nicht gut leben kann. Zwar war in früheren Versionen auch schon angedacht, allen PE-Investments ein Risikogewicht von 400 Prozent zu verpassen, allerdings blen- det der Verordnungsgeber den Aspekt der Diversifikation durch mittelbare Investitio- nen über Fonds aus. „Wir arbeiten bereits auf europäischer Ebene zusammen mit den Branchenverbänden daran, dass der Verord- nungsgeber den Aspekt der Diversifikation stärker im Rahmen des CRR-Regelungs- werks berücksichtigt. Es ist aus Risikoge- sichtspunkten nicht nachvollziehbar, warum eine mittelbar über einen Dach- beziehungs- weise Direktfonds gehaltene nicht börsen- notierte Beteiligung mit einer direkt gehal- tenen in puncto Eigenkapitalunterlegung eines Instituts gleichgesetzt wird.“ Letztlich fließen aber die CRR-III-Vor- schläge bereits heute in Investmententschei- dungen von Instituten ein, insbesondere auch vor der Abgabe von Kapitalzusagen für geschlossene Alternative Investment- fonds, doch Boxberger bleibt optimistisch: „Der Return on Regulatory Capital von alternativen Investments ist nach wie vor sehr attraktiv. Allerdings hätte ich mir vom Verordnungsgeber bereits Regelungen für ein reduziertes Risikogewicht für ESG-kon- forme Investments im Sinne eines ESG- Unterstützungsfaktors gewünscht.“ Aber nicht nur für Non-Listeds wird der Kapitalbedarf steigen. „Auch börsengehan- delte Aktien werden teurer. Aktien im Eigen- handel betrifft das weniger, aber Nicht-Han- delsbuch-Institute müssen Aktien als Betei- ligungspositionen ausweisen, und damit steigt deren Risikogewicht. Viele Depot-A- Manager werden sich also fragen müssen: Sind Aktien dann noch interessant?“, meint Cluse. Insgesamt möchte der Regulator weg vom HGB-Denken, nach dem Assets zum Einstandswert bewertet werden, wodurch sich stille Reserven aufbauen lassen. „Die Assets sollen mehr zum Marktwert ausge- wiesen werden, da wird die Reise hinge- hen“, glaubt Cluse. Das könnte die Attrak- tivität des Instruments Spezialfonds ein- schränken, denn dann können die Institute die Aktien auch direkt halten. Auch für bestimmte Projektfinanzierun- gen steigt eventuell der Eigenkapitalbedarf. „Insbesondere dann, wenn das Objekt sei- nen eigenen Cashflow erwirtschaften muss und noch nicht in Betrieb ist. Das ist ge- rechtfertigt, denn dann ist auch tatsächlich das Risiko höher. Denken Sie an den Flug- hafen BER! Der kann ja erst mit Inbetrieb- nahme Geld erwirtschaften“, gibt Cluse ein Beispiel. „Da wird es künftig einen Katalog an Kriterien geben.“ Und auch für Immobilien werden sich die Risikogewichte ändern. „Künftig wird es hier stärker darauf ankommen, wie das Ver- hältnis des Kreditvolumens zum Wert der Immobilie ist (Loan to Value)“, erklärt Cluse. Je niedriger der Wert ist, desto geringer das Risikogewicht. „Wenn Banken Immobilien finanziert haben, die im Wert gestiegen sind, kann es sein, dass da attraktivere Gewichte rauskommen.“ Nachhaltigkeit Auch das Thema Nachhaltigkeit stand auf der Tagesordnung der Regulatoren. Aller- dings sind saubere oder schmutzige Finan- zierungen nicht per se stärker oder weniger ausfallgefährdet. „Basel wollte nachhaltige Finanzierungen daher nicht durch niedrigere Risikogewichte belohnen. Aber über einen längerfristigen Risikohorizont in der internen Risikosteuerung wurde das Thema dann doch berücksichtigt“, sagt Cluse. „Es soll beispielsweise berücksichtigt werden, ob die Produkte, die ein Kreditnehmer herstellt, in zehn Jahren noch in die Zeit passen. Das- selbe gilt für soziale Fragestellungen: Hier ist zu berücksichtigen, ob Aspekte wie Kin- derarbeit oder Ungleichbehandlung später vielleicht anders gewertet werden könnten und daher die Unternehmen stärker an den Pranger gestellt werden als heute. Das soll- ten die Banken im Blick haben“, meint Cluse. „Dann steigen die Kapitalanforde- rungen nicht, weil die Unternehmen braune Produkte herstellen oder bei anderen ESG- Faktoren schlecht dastehen, sondern weil sie ein höheres Risiko haben. In diese Rich- tung geht die Aufsicht.“ Aktuell gelten allerdings noch die Regeln der CRR II. „Die Banken haben ihre Port- folios so optimiert, dass sie gut zur aktuel- len Regelung passen. Mit den neuen Regeln aus der CRR III werden sie ihre Geschäfte entsprechend anpassen müssen. Das wird dazu führen, dass sich einige Banken aus einzelnen Bereichen zurückziehen werden“, so Cluse. Er macht klar, was das bedeutet: „Wenn eine Bank in einem Bereich nicht stark ist, wird es unter der CRR III unter Umständen teuer, weil die Implementie- rungskosten auf wenig Geschäft umgelegt werden müssen. Das könnte dazu führen, dass bestimmte Projektfinanzierungen von einigen Häusern nicht mehr angeboten wer- den.“ Insgesamt wird das zu mehr Spezia- lisierung bei Europas Banken führen. „Künftig wird nicht mehr jedes Haus alles anbieten, sondern die Spezialisierung wird zunehmen“, meint Cluse. ANKE DEMBOWSKI N o. 4/2021 | www.institutional-money.com 281 S T E U E R & R E C H T | BANKENREGUL I ERUNG

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