Institutional Money, Ausgabe 4 | 2021

D ie Turbulenzen rund um den chinesischen Immobilienkon- zern Evergrande und die Fol- gen für den chinesischen Ak- tienmarkt werfen einmal mehr eine Frage auf, die man flapsig folgendermaßen stellen könnten: „Was ist da eigentlich los?“ Die Antwort ist offenbar nicht so simpel wie die Frage und hat selbst hartgesottene Manager wie DWS-Legende Klaus Kaldemorgen zu einem drastischen Schritt geführt:  „Ich habe alle chinesischen Aktien in meinem Fonds verkauft“, erklärte der Manager des nach ihm benannten Fonds Anfang Oktober dieses Jahres. Kaldemorgen und andere Marktteilneh- mer wie Tilmann Galler, Kapitalmarkt- stratege bei J.P. Morgan Asset Manage- ment, gehen zwar davon aus, dass das Unternehmen nicht fallengelassen, son- dern in letzter Konsequenz vom chinesi- schen Staat gerettet wird, insgesamt seien aber „die Risiken in China nur noch schwer abzuschätzen, weswegen ich dort zurzeit nicht investiere“, so Kaldemorgen. Erklärungsbedarf Tatsächlich kann man den chinesischen Markt nicht erst seit Evergrande und einer gewissen Antipathie der Politik gegenüber den eigenen Großkonzernen vor allem im Bereich sozialer Plattformen als „schwierig“ bezeichnen (siehe auch Chart „China: Ein schwieriger Markt“) . Sieht man sich die Performance von Chinas A-Aktien seit der Finanzkrise an, gab es zwar 2015 einen Goldrausch, seither war die Entwicklung im Vergleich zu generellen Emerging-Markets- und Weltindizes aber eher enttäuschend. Das hat nicht nur mit den erwähnten politischen Unsicherheiten, sondern auch mit den Marktteilnehmern zu tun, die sich viel stärker aus risikofreudigen Privatanle- gern rekrutieren, als das im Westen der Fall ist, was wiederum zu entsprechend höheren Volatilitäten und Übertreibungen führt. Nichtsdestotrotz wird man es sich auf lange Sicht nicht leisten können, den Aktienmarkt der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt einfach links liegen zu lassen – weshalb gerade angesichts der jüngsten Schwierig- keiten jeder Zugewinn an Information will- kommen ist. Zu einem solchen Zugewinn hat ein vier- köpfiges Forscherteam von Robeco Interna- tional mit seiner Studie „Factor models for Chinese A-shares“ beigetragen. Matthias Hanauer und Laurens Swinkels, die zudem an der Technischen Universität München respektive der Erasmus-Universität Rotter- dam wirken, haben gemeinsam mit den Robeco-Spezialisten Maarten Jansen und Weili Zhou einen objektiv-mathematischen Blick auf diesen schwierigen Markt gewor- fen. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht de facto die Frage, ob China für westliche Investoren vielleicht nicht auch deshalb so schwierig ist, weil man das Land aus einer zu westlichen Perspektive betrachtet. Denn neben den erwähnten Unterschieden bei den Marktteilnehmern „neigen chinesische Un- ternehmen selbst dazu, andere Corporate- Wenn es um China geht, haben zuletzt selbst Starmanager enerviert das Handtuch geworfen. Ein Robeco-Forscherteam hat sich nun mit den Eigenheiten des Marktes auseinandergesetzt. Das Resultat ist ein hochspezifisches Faktormodell, das dem wohltuenden Prinzip „Weniger ist mehr“ folgt. China: Ein schwieriger Markt Performance des A-Share Index seit der Finanzkrise gegenüber MSCI World und Emerging Markets Index Im ersten Quartal 2018 wurden chinesische A-Shares in den MSCI Emerging Markets Index aufgenommen. Die Korre- lation zwischen China und Emerging Markets ist seither evident. Im Vergleich zum MSCI World Index (ACWI) hinken beide Indizes aber inzwischen relativ deutlich nach – obwohl die Pandemie-Rückschläge für China marginal waren. Quelle: MSCI 100 200 300 400 500 2021 I 2020 I 2019 I 2018 I 2017 I 2016 I 2015 I 2014 I 2013 I 2012 I 2011 I 2010 I 2009 I 2008 MSCI China A MSCI ACWI MSCI Emerging Markets Gross Rreturns in USD » Ich habe alle chinesischen Aktien in meinem Fonds verkauft. « Klaus Kaldemorgen, DWS Concept Kaldemorgen Die glorreichen Drei 214 N o. 4/2021 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | CH I NA - AKT I EN FOTO: © ELKE MAYR, LUKAS HLAVAC | STOCK.ADOBE.COM

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