Institutional Money, Ausgabe 4 | 2021

Venture Capital ist der Renditebringer für US-Stiftungen und Pension Funds Führende US-Universitätsstiftungen fühlen sich mit dem hohen Alternatives-Anteil wohl. D ie Erfolgsmeldungen häufen sich, wie man dem Newsletter „The Weekend Pitch“ Anfang Oktober entnehmen kann: Einige der größten amerikanischen Universitäts- stiftungen haben Ende September 2021 tatsächlich atemberaubende Jahresge- winne bekanntgegeben. Die Duke Uni- versity beispielsweise meldete für das am 30. Juni abgeschlossene Geschäfts- jahr 2020/21 eine Rendite von 56 Pro- zent, die Washington University in St. Louis erzielte sogar einen Gewinn von 65 Prozent. Diese Spitzenreiter unter den Stiftun- gen verdanken ihr erfolgreiches Jahr, das als das beste seit 1986 gilt, alternativen Anlagen, insbesondere Venture Capital als der Risikokapitalanlage mit dem schärfsten Risiko-Rendite-Profil schlechthin. Dieser kurzfristige Erfolg könnte sich jedoch als zweischneidiges Schwert erweisen. Nach Angaben des Wilshire Trust Universe Comparison Service erzielten Stiftungen in diesem Zeitraum im Durchschnitt eine Rendite von 27 Prozent. Fonds, die mehr als 500 Millionen US-Dollar verwalten, schnitten mit einem durchschnittlichen Gewinn von 34 Prozent dank Privatmarkt- investments wesentlich besser ab. Die Ven- ture-Capital-Bestände des fast zehn Milli- arden US-Dollar schweren Stiftungsver- mögens der Universität von North Caro- lina erzielten im Geschäftsjahr eine Ren- dite von 142 Prozent, berichtete Pensions & Investments. Die Stiftung erzielte insge- samt einen Zuwachs von 42,3 Prozent, und ihre Private-Equity-Beteiligungen kamen auf 44 Prozent. Zweischneidiges Schwert Einerseits untermauern diese Erfolgs- nachrichten die Argumente, die für das Stiftungsmodell sprechen, das alternativen Anlagen Priorität einräumt. Außerdem ist dies ein passender Abschluss für das Ver- mächtnis von David Swensen, dem sehr einflussreichen ehemaligen Leiter der Yale-Stiftung, der Anfang des Jahres ver- starb. Doch die Renditen könnten den Ver- mögensverwaltern der Stiftungen Kopfzer- brechen bereiten: Das Wachstum könnte eher eine Fata Morgana als eine Oase dar- stellen, und die wahrscheinliche Nichtwie- derholbarkeit der sensationellen Ergebnisse liefert den verschiedenen Kritikern der Anlage von Stiftungsgeldern in ihrer der- zeitigen Form Munition. Stiftungen interessieren sich nicht allzu sehr für einzelne Jahresrenditen, denn ihre Aufgabe ist die dauerhafte Finanzierung des Universitätsbetriebs, zu dem sie konti- nuierlich nennenswerte Zuschüsse – Yale etwa in der Höhe eines Drittels des Uni- Budgets – liefern. Venture-Capital- und Private-Equity-Fonds erzielten im vergan- genen Geschäftsjahr historisch hohe Aus- schüttungen, wobei aber ein Gutteil der ge- meldeten Gewinne wahrscheinlich nur auf steigende Bewertungen der Privatmarkt- Engagements zurückzuführen ist. Buchgewinne können schwinden Die Preise für die Bewertungen von Start-ups, die in luftige Höhen entschwan- den, werden in den kommenden Jahren – spätestens bei einem IPO – einer strengen Prüfung durch den öffentlichen Markt un- terzogen. Zuletzt gab es ja schon Warnhin- weise in diese Richtung, etwa wenn man an das deutsche Flugtaxi-Start-up Lilium denkt, das bei seiner Fusion mit der SPAC (Special Purpose Acquisition Company) Qell deutlich niedriger gepreist wurde, als die Eigentümer erhofft hatten. Hier ist es durchaus möglich, dass bei einer Verschlechterung des monetären und/ oder konjunkturellen Umfelds durch den Beginn des Taperings oder steigende In- flationsraten, womöglich noch verbun- den mit einer schwächeren Wirtschafts- entwicklung – Schlagwort Stagflation – die teilweise astronomischen Bewertun- gen nicht standhalten und geerdet wer- den. Eine auch nur relativ leichte Um- kehr des Zinstrends würde den durch die Diskontierung künftiger Gewinne erziel- baren NPV (Net Present Value, Barwert) gerade bei aggressiv wachsenden Firmen deutlich zurückführen. Darüber hinaus werden die jährlichen Momentaufnahmen des Stiftungsvermögens durch eine künst- lich niedrige Ausgangsbasis vom 30. Juni 2020 für das abgelaufene Geschäftsjahr verzerrt, da den Privatmärkten hier noch der Corona-Schock in den Knochen steckte. Steigende Begehrlichkeiten Selbst wenn sich die Gewinne als dau- erhaft erweisen, geben die Zahlen denjeni- gen, die Stiftungen am kritischsten gegen- überstehen, Rückenwind. Denn viele Stu- denten und andere Campus-Aktivisten, die dem Zeitgeist huldigen, wollen, dass ihre Stiftungen sich etwa von fossilen Brenn- stoffen trennen oder die zuletzt stark ge- stiegenen Studiengebühren abzusenken helfen. Die Politik entscheidet derzeit über das Schicksal einer von Trump eingeführ- ten Steuer auf die reichsten Universitäts- fonds. Die Wertpapier- und Börsenauf- sichtsbehörde hat diese Woche vorgeschla- gen, mehr Informationen über die Vergü- tung von Führungskräften in Stiftungen zu verlangen. Jede dieser Gruppen mit ihren Eigeninteressen könnte den jährlichen Geldsegen als Beweis dafür heranziehen, dass Stiftungen transparenter, großzügiger oder stärker rechenschaftspflichtig ihren Stakeholdern gegenüber sein sollten. Matt Mendelsohn, neuer CIO des Yale Investments Office: „Trotz neuer Herausforderungen können wir auf einem starken Fundament im Asset Management aufbauen.“ 194 N o. 4/2021 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | YAL E - UN I UND CO . FOTO: © DAN RENZETTI, YALE UNIVERSITY

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