Institutional Money, Ausgabe 4 | 2021

bühren auf Höhe der Grenzkosten liegen. Unter Annahme der gleichen Indexanbieter der Top-20-ETFs wie zuvor und einer Weitergabe der Kostenersparnis würden die Verwaltungsgebühren entsprechend um etwa 2,8 Basispunkte sinken. Mehr Wettbewerb notwendig Wie so oft steckt der Teufel im Detail. Doch auch diese Details können einen ziemlichen Unterschied machen, wenn es um Assets in Billionenhöhe geht. Dabei ist das Potenzial gerade bei den Kosten, bei denen (scheinbar passive) ETFs als beson- ders vorteilhaft gegenüber aktiven Fonds bekannt sind, noch nicht ausgeschöpft. Ohne die üppigen Gewinnmargen der Indexanbieter wären wohl sogar die Gebüh- ren der günstigsten Produkte noch einmal um einen zweistelligen Prozentsatz nie- driger. Damit die Gewinnmargen dahin- schmelzen können, braucht es vor allem ei- nen stärkeren Wettbewerb, wie ihn beispielsweise der deutsche Indexanbieter Solactive forciert. Dann könnte der Wettbe- werb zwischen den ETF-Sponsoren dazu führen, dass die Einsparungen über niedri- gere Verwaltungsgebühren weitgehend an die Anleger weitergegeben werden. Eine Hürde ist sicherlich die gewisse Intranspa- renz, die daraus erwächst, dass Gebühren für Indexlizenzen auf freiwilliger Basis of- fengelegt werden. Hier wären Vorschriften von Seiten der Regulierungsbehörden denk- bar, wie das Autorentrio der zuletzt be- schriebenen Studie vorschlägt. Mehr Trans- parenz würde außerdem Anlegern sowie Wissenschaftlern helfen, die genauen Ge- bührenstrukturen besser zu verstehen und zu untersuchen. DR. MARKO GRÄNITZ » Stärkerer Wettbewerb zwischen Indexanbietern könnte die Gebühren deutlich senken. « Yu An, Assistant Professor of Finance, Carey Business School, Johns Hopkins University Kurzinterview mit Solactive Einschätzungen des deutschen Indexanbieters zum Wettbewerb und zu aktuellen Trends im Indexgeschäft Wie schätzen Sie die Wettbewerbs- situation im Indexgeschäft ein? Pfeiffer: Die Finanzindustrie ist als gesamtes Ökosystem unter Druck, Kosten zu senken. Das zeigte sich zum Beispiel am Erfolg von Neo- brokern, die Privatanlegern den kommissionsfreien Handel ermög- lichen. Aber ich sehe es auch im ETF-Geschäft, wo etwa Amundi mit einer Reihe sehr kostengünsti- ger Produkte auftritt und damit Druck auf die Konkurrenz ausübt. Das betrifft die Ebene der ETFs. Wird sich das letztlich auch auf das bestehende Oligopol der großen Indexanbieter aus- wirken? Pfeiffer: Ich denke, das ist nur eine Frage der Zeit. Auch die großen Anbieter wer- den sich anpassen müssen. Wir sind ja nicht der einzige Anbieter, der hier poten- ziell disruptiv agiert. Wie schätzen Sie Forderungen nach einer grundsätzlichen Offenlegung der Index- lizenzgebühren ein? Pfeiffer: Das würde wahrscheinlich wenig bringen. Für Anleger entscheidend ist letztlich, was das Paket – in diesem Fall ein ETF – als Ganzes kostet. Bei einem Auto veröffentlicht man auch nicht die Kosten der Einzelteile. Zudem können institutionelle Anleger bei entsprechen- dem Volumen einzelne Bestandteile separat aus- schreiben. Kann Self-Indexing für ETF-Sponsoren eine sinnvolle Alternative sein? Pfeiffer: Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich das als Trend durchsetzen wird. Schon allein aufgrund des naheliegenden Interessenkonflikts sowie der regulatori- schen Anforderungen. Die Welt der Index- anbieter kann heute so effizient und güns- tig Indizes anbieten, dass es sich nicht lohnt, das auf eigene Faust besser machen zu wollen. Abgesehen vielleicht von den allergrößten Anbietern wie BlackRock. Was sind die aktuellsten Trends in der Branche? Pfeiffer: Auf der Produktseite sehe ich drei Entwicklungen: anhaltend hohen Druck bei den Kosten – auch im Hinblick auf die Aktiv/Passiv-Debatte –, starken Fokus auf ESG- und dabei vor allem Klimastrategien sowie eine Zunahme thematischer Invest- ments. Und auf regulatorischer Seite wer- den wir wohl mehr Dokumentations- pflichten und damit einen höheren Auf- wand sehen. Wie ist das Direct Indexing in den USA einzuschätzen? Pfeiffer: Hier sind Indizes wie der S&P 500 nur der Startpunkt, von dem aus das Portfolio anhand verschiedener Kriterien für einzelne Personen individualisiert wird. Es handelt sich dann nicht mehr um Indizes im eigentlichen Sinne, sondern um passive, speziell zugeschnittene Anlage- lösungen, bei denen der dahinterstehende Prozess weitgehend automatisiert ist. Der wichtigste Treiber dafür sind steuerliche Gestaltungsspielräume im Bereich der Verlustverrechnung, die speziell in den USA gelten. Ein weiterer Treiber wird die Individualisierung nach Nachhaltigkeits- kriterien sein. In Europa steckt der Trend noch in den Kinderschuhen, wird aber in naher Zukunft über den Atlantik zu uns schwappen. Timo Pfeiffer, CMO bei Solactive 174 N o. 4/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | B ENCHMARKS FOTO: © SOLACTIVE

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