Institutional Money, Ausgabe 4 | 2021

andere Portfolioteile in den Griff zu bekom- men“, erklärte ein Institutioneller im Inter- view. Bedenklich ist, dass im Umkehr- schluss 55 Prozent der Investoren offenbar keine dieser Neigungsanalysen vornahmen. Danach von Invesco befragt, nannten zwei Drittel als Grund für diese „Unterlassung“, dass sie „keine signifikanten Faktorneigun- gen sehen beziehungsweise darüber nicht besorgt seien“ – oder diese Neigung als Ne- beneffekt im Rahmen einer ESG-Strategie erachten. Studienautor Elsässer moniert: „Das bedeutet, dass sich viele Investoren nicht bewusst sind, wie eine ESG-Einglie- derungen ihre Faktor-Exposures und damit schlussendlich das Ertragsprofil ihrer Port- folios beeinflusst.“ Passende ETFs gesucht Die Fragestellung, manchmal Probleme beim Finden eines den eigenen Ansprüchen genügenden ESG-Faktor-ETFs zu haben, bejahen 49 Prozent aller Investoren. 18 Pro- zent haben dabei niemals Probleme, 33 Pro- zent entschieden sich für die Antwortmög- lichkeit „neutral“. In einer Folgefrage er- klärten zwar 46 Prozent, im Grunde lieber in Faktor-ETFs mit ESG-Strategie statt in klas- sische Faktor-ETFs investieren zu wollen (12 % waren anderer Meinung, 42 % „neu- tral“) – in der Praxis ist das aber vielfach eine Herausforderung: So bemängelten In- vestoren Schwierigkeiten beim Finden ge- eigneter ESG-ETFs, mit denen man bei- spielsweise auch den Faktor Value kombinieren kann. Das erklärt sich mit der oftmalig zu beobachtenden hohen Gewichtung der CO 2 -intensi- ven „Old Economy“ wie Schwerin- dustrie oder Rohstoffförderer in vie- len Value-Indizes. In der Studie wur- de unter den Faktoranlegern nicht nur der Stellenwert von Nachhaltig- keit, sondern auch jener von Fixed- Income-Strategien erhoben. Deutlicher Zuwachs Der Anteil jener institutionellen Investoren, die Faktorstrategien für ihre Anleihenallokationen nutzen, hat sich angesichts rekordverdächtig niedriger Zinsen im Vergleich zur Vorjahresumfrage von damals 37 auf nunmehr 57 Prozent deutlich erhöht. Befragt, auf welche Art von Fakto- ren Investoren bei ihrer Rententangente set- zen und wie sie diese miteinander kombi- nieren, gaben 57 Prozent der Institutionellen an, sowohl klassische Investmentstilfakto- ren (also beispielsweise Value oder Quality) als auch „Makrofaktoren“ (wie zum Bei- spiel Duration und Inflation) gemeinsam zu nutzen. 16 Prozent der Befragten verwen- den demgegenüber ausschließlich klassische Investmentstilfaktoren, und 27 Prozent ver- lassen sich einzig auf „Makrofaktoren“ wie Duration, Inflation etc. Faktoranleger nannten für ihre Renten- investments als den wichtigsten „Makrofak- tor“ das Paar „Duration & Zinssatz“ (78 %, Mehrfachnennungen möglich), knapp ge- folgt vom Faktor „Liquidität“ (76 %). Vor dem Hintergrund der üppigen Geldver- sorgung seitens der Zentralbanken und ausufernder Staatsschulden aufgrund der Coronakrise rückt verständlicherweise auch „Inflation“ (74 %) bei rentenaffinen Faktor- anlegern in den Fokus der Aufmerksamkeit und damit auf Platz drei dieses Rankings. Interessantes Detail: Nach Faktoren wie „Kreditrisiko“ (69 %) und „Wirtschafts- wachstum (57 %) liegen „Politische und Regierungskrisen“ mit 39 Prozent am letz- ten Platz. Dass inzwischen 57 Prozent aller von Invesco befragten institutionellen Investoren bei ihren Anleihenengagements auf Faktor- ansätze setzen, ist bei näherer Betrachtung keineswegs selbstverständlich. Abgesehen davon, dass Anleger gerade im Rentenbe- reich aktiven Managern eine größere Reak- tionsgeschwindigkeit auf neue Marktent- wicklungen zutrauen als den langsamer rea- gierenden Faktorstrategien, müssen institu- tionelle Faktoranleger im Bereich Fixed In- come weitere Herausforderungen meistern: So nennen Profianleger in der Umfrage am öftesten „Probleme bei der Beschaffung der notwendigen Daten sowie technologische Hürden“ (61 %, Mehrfachnennungen mög- lich). Welche Hürden Rentenanleger noch überwinden müssen, können Sie der Grafik „Herausforderungen“ entnehmen. Auch wenn all diese für faktor- basierte Rentenanlagen genannten Herausforderungen grosso modo bei Aktien ebenfalls existieren, zeigt sich, dass Investoren auf der Aktien- seite ETFs – und dabei insbesondere Faktor-ETFs – stärker vertrauen als auf der Rentenseite. „Investoren set- zen bei faktorbasierten Aktienport- folios öfter auf ETFs als bei allge- meinen Aktienportfolios. Allerdings gilt dies spiegelbildlich auch bei Rentenportfolios“, ergänzt Elsässer und verweist dabei auf die Studien- ergebnisse (siehe Grafik „ETF-Ge- wichtung im Vergleich“) . Multi-Faktor-Ansätze Elsässer beobachtet seit der ersten Umfrage vor sechs Jahren einen ra- piden Fortschritt beim Investoren- » Im postpandemischen Umfeld werden einige Annahmen zu faktorbasierten Ansätzen auf die Probe gestellt. « Georg Elsässer, Senior Portfolio Manager Quantitative Strategies bei Invesco ETF-Gewichtung im Vergleich Verwendung von ETFs bei Aktien und Anleihen Beim Einsatz von ETFs zeigen sich Unterschiede hinsichtlich der Aktien- und der Rententangente und ob es sich dabei um das allgemeine oder um ein faktorbasiertes Portfolio handelt. So setzen auf der Aktienseite Investoren bei Faktorstrategien lieber auf ETFs (26 % ETF-Gewichtung), als wenn es um allgemeines Aktien-Exposure (20 % ETF-Gewichtung) geht. Bei den Anleihen ist es umgekehrt: Bei klassischen Anleihenstrategien erreichen ETFs – zumin- dest bei den von Invesco befragten Investoren – eine Gewichtung von 18 Prozent. Bei Anleihen-Faktorstrategien sind entsprechende Renten-ETFs nur mit elf Prozent gewichtet, was sich unter anderem mit der im Vergleich zu Aktien noch jungen Historie von Renten-ETFs, insbesondere bei Renten-Faktor- ETFs, erklären lässt. Quelle: Invesco-Studie Aktien Allgemeines Portfolio Faktorallokation Anleihen Allgemeines Portfolio Faktorallokation 20 % 26 % 18 % 11 % 164 N o. 4/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | FAC TOR I NVE S T I NG

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