Institutional Money, Ausgabe 4 | 2021

Low Volatility. Insgesamt schätzen die For- scher, dass ETF-Anleger im Untersuchungs- zeitraum gegenüber der theoretisch opti- malen Umsetzung jedes Jahr 47 Basispunk- te einbüßten. Hinzu kommen laut Vitali Kalesnik schätzungsweise zehn Basis- punkte, die Arbitrageure bereits vor dem Ankündigungstag zum Nachteil der Anleger verursachen. Außerplanmäßiger Effekt Betrachtet man die Performance der Lazy-Strategie sowie des replizierten S&P 500 mit Umsetzung der Anpassun- gen zum Ankündigungstag genauer, fällt jedoch auf, dass beide Varianten in der letz- ten Dekade per Saldo kaum noch einen Vorteil brachten. Das weist darauf hin, dass der Indexeffekt einem strukturellen Verfall unterliegt, was durch weitere Studien unter- mauert wird. So zeigten die Untersuchungen von Anthony Renshaw in „The Curious Disappearance of the Index Effect“, dass sich der Effekt seit dem Jahr 2013 insbeson- dere für Large- und Mid-Cap-Indizes erheb- lich abgeschwächt hat und nur noch bei den meisten Small-Cap-Indizes nachweisbar war. Beim S&P 500 ist er dagegen praktisch vollständig verschwunden, so Renshaw. Eine Ausnahme sind jedoch Aktien, die außerplanmäßig aus den Indizes entfernt werden, wie die Studie anhand des FTSE Developed All Cap Index zeigt. Die nicht angekündigten Streichungen erzeugen dem- nach im Durchschnitt ein Übermaß an Angebotsdruck und Illiquidität, das kurzfris- tig nicht vollständig kompensiert werden kann. Überraschend ist dabei, dass dies für außerplanmäßige Aufnahmen nicht gilt. Als Erklärungsansatz für den zunehmend verschwindenden Indexeffekt betrachtet Renshaw, dass Market Maker der ETFs so- fort auf Preisdifferenzen reagieren und damit anhaltende positive oder negative Effekte eliminieren. Das würde zum generellen Kon- sens passen, dass ETFs die Liquidität des Marktes erhöhen, indem sie über die offene Struktur des Creation-Redemption-Prozesses eine weitere Ebene an Liquidität zum Sekun- därmarkt schaffen. Zudem weist er darauf hin, dass bei diesen Transaktionen mit den ETFs drei Handelstage zur effektiven Liefe- rung sowie eine zusätzliche dreitägige Nach- frist zur Verfügung stehen. Dadurch wird der offizielle effektive Anpassungstermin deut- lich unschärfer, während gleichzeitig die Zahl potenziell lukrativer, aber wieder mit- einander konkurrierender Strategien rund um die Indexanpassung zunimmt. Das wäre ein weiteres Argument dafür, dass die Sig- nale des Indexeffekts im Rauschen ver- schwinden könnten. Zudem gibt es an vielen Märkten mehrere Indizes, die ihre Anpas- sungen zu unterschiedlichen Terminen vor- nehmen. Diese zeitlichen Verschiebungen können den Effekt zusätzlich entzerren. Wachsendes Ökosystem Die aktuellste Studie zum Thema wurde im September 2021 von S&P Dow Jones unter dem Titel „What Happened to the Index Effect?“ publiziert. Die Autoren Hamish Preston und Aye Soe analysieren darin die Zu- und Abgänge des S&P 500 von 1995 bis Juni 2021. Zum Ende des Jah- res 2020 waren dem Paper zufolge 13,5 Bil- lionen US-Dollar an den Index gekoppelt oder nutzten ihn als Benchmark. Wenn pas- sive Investments also zum Indexeffekt bei- tragen, so die Vermutung der Autoren, sollte sich das hier zeigen. Zwar hat der S&P 500 keinen festen Zeit- plan für Anpassungen und nimmt diese nach Bedarf vor. In der Regel treten sie aber frühestens drei Börsentage nach Ankündi- gung in Kraft. Dafür betrachten die Autoren den letzten Schlusskurs, bevor die Ände- rung im S&P 500 berücksichtigt wird. Das ist in der Regel auch der Zeitpunkt, an dem ein ETF kaufen beziehungsweise verkaufen muss, um den Tracking Error zu vermeiden. Im Untersuchungszeitraum gab es mehr als 700 Aufnahmen und Abgänge, durch- schnittlich 27 pro Jahr, wobei sich deren Anzahl im Lauf der Zeit verringerte. Die Untersuchungen zeigen deutlich, dass der Indexeffekt strukturell rückläufig war. So fiel der Median der Überrendite bei Auf- nahmen von 8,32 Prozent (1995 bis 1999) auf –0,04 Prozent (2011 bis 2021) und stieg bei Streichungen von –9,58 Prozent auf 0,06 Prozent (Abbildung „Indexeffekt scheinbar verschwunden“) . Anschließend betrachten die Forscher diejenigen Aufnahmen separat, die aus dem S&P Mid Cap 400 beziehungsweise S&P Small Cap 600 (Gruppe 1) oder von außer- Träge Umsetzung war besser Um zwölf Monate verzögerte Anpassungen schlagen den Indexeffekt Die Outperformance des theoretischen Trade-on-Announcements S&P 500 gegenüber dem replizierten S&P 500 verdeutlicht, dass der Indexeffekt im dargestellten Zeitraum existierte. Noch etwas besser war die besonders träge Umsetzung mit einer Verzögerung von zwölf Monaten. In den letzten zehn Jahren verliefen jedoch beide Performance- kurven relativ flach und zeigten damit kaum noch Überrenditen. Quelle: Arnott, R./Kalesnik, V./Wu, L. (2018), Buy High and Sell Low with Index Funds!, Research Affiliates, S. 19 -1 % 1 % 3 % 5 % 7 % 0 % Lazy Replicated S&P, verzögert um 12 Monate Replizierter S&P 500 mit Umsetzung der Anpassungen zum Ankündigungstag Lazy Replicated S&P, verzögert um 3 Monate replizierter S&P Kumulative Performance relativ zum replizierten S&P 500 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 » Scheinbar hat die verbesserte Liquidität zur Abschwächung des Indexeffekts beigetragen. « Aye M. Soe, Global Head Core and Multi-Asset Product Management, S&P DJ Indices 152 N o. 4/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | I NDEXE F F EKT E FOTO: © RICK SCHWAB

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