Institutional Money, Ausgabe 4 | 2021

mis IM. „Gerade Bangladesch ist ein beson- ders eindrückliches Beispiel für die positive Macht dieser Systeme, sorgen sie doch ins- gesamt für mehr Risikobewusstsein und in Zweitrundeneffekten für die Implementie- rung weiterer Maßnahmen – schlicht weil ein erster wichtiger Schritt gesetzt wurde“, wie Smith erzählt. So konnte die Zahl der Todesopfer, die Zyklone in Bangladesch noch in den 70er-Jahren forderten, von 300.000 auf gerade einmal 26 reduziert werden. Auch ökonomisch gesehen sorgen derartige Investitionen für enorme Effekte: Laut einem Report der Global Commission on Adaptation lag „das Kosten-Nutzen-Ver- hältnis bei Investitionen in Frühwarnsyste- me bei 10:1“, schildert White. „Das bedeu- tet, dass jeder investierte Euro zehn Euro an ökonomischem Nutzen kreiert.“ Ermutigender Fortschritt Angesichts des engen Zeitfensters, das zur Verhinderung allzu gefährlicher Tempe- raturanstiege zur Verfügung steht, ist die Zeitspanne, in der die Zahl der Toten de facto gegen null gedrückt werden konnte, ermutigend. So konnte die Opferzahl in den ersten 20 Jahren mehr als halbiert und dann in den nächsten 20 Jahren auf nahe null ge- senkt werden. Klarerweise hinkt der Ver- gleich, wenn es um die Reduktion des CO 2 - Ausstoßes geht, er zeigt aber, dass innerhalb von nur 20 Jahren Lösungen für scheinbar unmögliche Herausforderungen nicht nur gefunden werden können, sondern auch substanzielle Resultate liefern. Weitläufig gültig Das Gegenargument zu Chens Pessimis- mus liegt nicht zuletzt in der Rolle, die pri- vate Investitionen bei der Abwendung des Klimawandels spielen können. Auch hier spielt die von ihm angeführte Transzendenz eine Rolle. Denn der Artemis-Manager argumentiert nicht einmal in einem Halbsatz mit der monetären Entwicklung seines In- vestments – und das obwohl sich der Wert der Everbridge-Aktie in den vergangenen fünf Jahren, also in zeitlicher Koinzidenz zum Paris Agreement, verzehnfacht hat. Er liefert ausschließlich ethische Argumente. Pessimisten könnten jetzt ins Feld führen, dass es sich bei dieser Art von Impact um einen Einzelfall handelt – dem widerspricht aber nicht zuletzt eine brandneue Studie mit dem Titel „Pricing Climate Change Expo- sure“, die Anfang des Jahres von einem vierköpfigen Autorenteam rund um Zacha- rias Sautner von der Frankfurt School of Finance and Management herausgegeben wurde. Dynamisches Risikoprofil Das Team untersucht Risikoprämien im S&P 500 anhand linguistischer Auswertun- gen von Konversationen zwischen Manage- ment und Analysten. Ausgewertet werden Begriffe und Phrasen, die von 2002 bis 2019 mit dem Klimawandel zusammenhän- gen. Errechnet wird auf diese Weise das Climate Change Exposure (CCE), „mit des- sen Hilfe wir nicht nur Risiken, sondern auch Opportunitäten identifizieren können“, wie Sautner erklärt. Und tatsächlich ändert sich das Risikoprofil bezogen auf das CCE:  Während die realisierten Risikoprämien über die Verlaufszeit aufgrund des Ein- bruchs während der großen Finanzkrise ge- gen null tendieren, bleiben die erwarteten Prämien, die die Autoren über entsprechen- de Optionskontrakte errechnen, über den gesamten Zeitraum positiv. Während aber bis 2015 die Entlohnung von erwarten Risi- ken eines CCE die Motivation für ein In- vestment war, waren es ab 2015 aber erwar- tete Opportunitäten, die zu einem Invest- ment veranlassten. „Anscheinend haben sich mit dem Pariser Abkommen die Ein- schätzungen der Investoren angepasst. Die Crashrisiken eines hohen CCE haben sich ab 2015 verringert, während sich das Auf- wärtspotenzial erhöht hat.“ Das liegt laut Sautner „auch am verstärkten Klima-En- gagement der ‚Großen Drei‘; BlackRock, Vanguard und State Street“. Das bedeutet also, dass private Investoren auch ohne allzu große staatliche Vorgaben, Gelder in Richtung Klimarettung kanalisie- ren. Das kann aufgrund der erwarteten finan- ziellen Opportunitäten oder aber wegen der behavioristischen These von der Transzen- denz unter Investoren geschehen. Faktisch ist das Motiv freilich sekundär. Essenziell ist, dass etwas geschieht, und weder Bonds, noch Bullets oder irgendwelche Posaunen die Apokalypse einläuten. HANS WEITMAYR Klima-Prämien tendenziell steigend Die Finanzkrise hat kurzfristig zu einem Einbruch der Prämien auf das „Climate Change Exposure“ von US-Aktien geführt. Die abgebildete Kurve bildet die Prämien ab, die sich aus dem Faktor „Climate Change Exposure“ ergeben. Die zugrunde liegenden Daten schlüsseln auf, dass sich die Quelle der Erträge im Lauf der Zeit verändert. Bis 2015 stand die Abgeltung von Risiken im Vordergrund, während es ab dem Pariser Abkommen 2015 die Opportunitäten waren. Quelle: Studie -4 % -2 % 0 % 2 % 4 % Trend Climate-Change-Exposure-Prämie Risikoprämie in Prozent p.a. 2015 2014 2013 2018 2017 2020 2019 2016 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 » Anscheinend haben sich mit dem Pariser Abkommen die Einschätzungen der Investoren verändert. « Zacharias Sautner, Frankfurt School of Finance and Management N o. 4/2021 | www.institutional-money.com 147 T H E O R I E & P R A X I S | ENDE DER WE LT

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