Institutional Money, Ausgabe 4 | 2021

len gestaffelt sind, variiert das Arbeitsein- kommens- und das Vermögensrisiko in Ab- hängigkeit von den Bundesstaaten, in denen Haushalte und Unternehmen ansässig sind. Da die SIPP-Daten keine Informationen über Investitionen auf Aktienebene enthal- ten, verwenden die Autoren Daten über den Aktienbesitz der Haushalte von einer gro- ßen Discount-Brokerfirma, um die Stand- orte der Portfoliofirmen zu bestimmen. Dies wiederum ermöglicht es, die Haushalte und ihre Aktienanlagen in die Katego- rien „innerhalb des Staates mit Wahlen“ und „außerhalb des Staates mit Wahlen“ einzuteilen, je nachdem, ob die Wahlen in den Staaten abgehalten werden, in denen die Haushaltsmitglieder wohnen und in denen die Wertpapierfirmen ihren Sitz haben. Die empirischen Re- sultate bestätigen die Modellannahmen: Ein höheres Arbeitseinkommensrisiko und ein höheres Vermögensrisiko sind mit einem stärkeren Rückgang der Aktien- marktbeteiligung der Haushalte vor den Wahlen verbunden. Wahlen nur Störfeuer? Wenn Wahlen mit einem erhöhten Maß an politischer Unsicherheit verbunden sind, würde man erwarten, dass zumindest ein Teil der Unsicherheit nach den Wahlen aus- geräumt ist und folglich die Aktienmarkt- teilhabe wieder ansteigt. Die vorliegenden Ergebnisse stimmen mit dieser Erwartung überein. Für die Gesamtstichprobe ist der Anstieg der Aktienmarktteilhabe nach den Wahlen fast genauso hoch wie der Rück- gang vor den Wahlen, was auf eine vollstän- dige Umkehr hindeutet. Für die Teilstich- probe der Wahlen, bei denen der gewählte Gouverneur der anderen politischen Partei angehört als der Partei des scheidenden Gouverneurs, wird jedoch eine nicht ganz so vollständige Umkehrung beobachtet. Dies deutet auch wieder darauf hin, dass sich die politische Unsicherheit auf die Teil- habe am Aktienmarkt auswirkt, da in dieser Teilstichprobe die erhöhte Unsicherheit nach den Wahlen wahrscheinlich länger an- dauert. Dies wiederum bedeutet, dass poli- tische Unsicherheit einen lang anhaltenden störenden Einfluss auf die Aktienmarktteil- habe der privaten Haushalte hat. Die Autoren verwenden einen Standard- Differenz-von-Differenzen-Ansatz, bei dem Haushalte in Bundesstaaten ohne anstehen- de Wahlen als Kontrollgruppe und Haushal- te in Bundesstaaten mit anstehenden Wah- len im selben Jahr als Untersuchungsgruppe dienen. Auf diese Weise kann man die Aus- wirkungen der politischen Unsicherheit im Zusammenhang mit den Gouverneurswah- len von den Auswirkungen gesamtstaatli- cher wirtschaftlicher Einflüsse trennen, die für die Untersuchungs- und Kontrollstaaten zu jedem beliebigen Zeitpunkt gleich sind und alle bereits bestehenden Unterschiede zwischen den Staaten und zwischen den Haushalten ausgleichen. Ein weiteres mögliches Problem bei den Ergebnissen ist, dass die Beteiligung an den Aktienmärkten mit der allgemeinen wirt- schaftlichen Unsicherheit korreliert ist. Es ist daher wichtig, explizit die Resultate be- züglich anderer Quellen der Unsicherheit zu kontrollieren, die die Aktieninvestimentent- scheidungen der Haushalte zur gleichen Zeit wie die politische Unsicherheit beein- flussen könnten. Um dieses Problem zu ent- schärfen, kontrollieren die Autoren im Hinblick auf mehrere makroökonomische Unsicherheitsfaktoren. Zu diesen makro- ökonomischen Faktoren gehören der Volati- litätsindex VIX, der makroökonomische Unsicherheitsindex von Jurado, Ludvigson und Ng, die Anlegerstimmung und die Aktienmarktrendite des Standard & Poor’s 500 Index. Hier findet sich weiterhin ein signifikant negativer Zusammenhang zwi- schen Aktienmarktteilhabe und politischer Unsicherheit. Insgesamt zeigen die Ergeb- nisse, dass eine erhöhte politische Unsicher- heit im Zusammenhang mit Gouverneurs- wahlen zu einer geringeren Teilhabe am Aktienmarkt führt, was sich sowohl in einer niedrigeren Vermögensanteilsquote als auch in einem geringeren Anteil des in Aktien und Investmentfonds investierten liquiden Vermögens widerspiegelt. Es gelingt den Autoren zu zeigen, dass politische Unsicherheit, festgemacht an Gouverneurswahlen, zu einem Rückgang der Aktienmarktteilhabe der Haushalte führt. Drei wichtige Ergebnisse werden vorge- stellt: Erstens reduzieren die Haushalte an- gesichts erhöhter politischer Unsicherheit ihre Aktienmarktteilhabe und schichten Kapital in sicherere Anlagen um. Zweitens steigen sowohl das Vermögensrisiko als auch das Arbeitseinkommensrisiko vor Gouverneurswahlen. Darüber hinaus tragen die Veränderungen in der Exponiertheit ge- genüber diesen Risiken dazu bei, die Hete- rogenität in der Reaktion der Haushalte auf politische Unsicherheit zu erklären. Drittens stellen die Autoren fest, dass sich der Rück- gang der Aktienmarktteilhabe umkehrt, wenn die politische Unsicherheit nach den Wahlen abnimmt. Bei der Teilstichprobe mit Wahlen, bei denen es zu einem Wechsel der regierenden Partei kommt, wird der Rückgang der Aktienmarktteilhabe aller- dings nur teilweise kompensiert, was zu einer anhaltenden Verwerfung der Aktien- investments der Haushalte führt. Zu beachten ist, dass diese Zusammen- hänge Auswirkungen auf Haushalte, Unter- nehmen und die Wirtschaft im Allgemeinen haben. So gibt es konkrete Folgen für den Wohlstand der Haushalte, wenn sie sich nach Zeiten politischer Unsicherheit dafür ent- scheiden, dem Aktienmarkt fernzubleiben. Eine mangelnde Beteiligung am Aktien- markt kann die Vermögensbildung erheblich verringern und zu höherer Einkommensun- gleichheit beitragen. Darüber hinaus haben die Erkenntnisse Auswirkungen auf die Fähigkeit der Unternehmen, sich an den Aktienmärkten Kapital zu beschaffen. Dies wiederum kann die Erholung von wirtschaft- lichen Rezessionen verschlechtern oder ver- langsamen, da Phasen hoher politischer Un- sicherheit und wirtschaftliche Abschwünge meist zeitlich zusammenfallen. Diese Impli- kationen gehen über den Rahmen dieser Studie hinaus, bieten aber interessante An- satzpunkte für künftige Kapitalmarktfor- schungsprojekte. DR. KURT BECKER » In den meisten Fällen löst sich die Unsicherheit nach den Gouverneurswahlen wieder auf. « Dr. Lixin Huang, Assistant Professor of Finance, Georgia State University, Atlanta  116 N o. 4/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | AKT I EN-GOUVERNEURE FOTO: © GEORGIA STATE UNIVERSITY

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=