Institutional Money, Ausgabe 4 | 2021

fluss auf die Gestaltung des wirtschaftlichen Umfelds durch ihre Steuer-, Subventions-, Haushalts-, Lohn- und Arbeitspolitik. Das durch diese Politik gestaltete wirtschaftliche Umfeld wirkt sich wiederum auf Unterneh- men und Haushalte aus. Im Vergleich zu Präsidentschaftswahlen haben Gouverneurswahlen mehrere Vortei- le. Erstens führen Präsidentschaftswahlen zu gesamtstaatlicher Unsicherheit, während Gouverneurswahlen lediglich eine bun- desstaatsweite politische Unsicherheit auslösen, die stärkere lokale Auswir- kungen hat. Zweitens: Im Gegensatz zu den Präsidentschaftswahlen sind die Gouverneurswahlen in den einzelnen Bundesstaaten gestaffelt und finden in unterschiedlichen Jahren statt. Drittens haben die Gouverneure der Bundesstaa- ten im Gegensatz zu den Präsidenten unterschiedlich lange Amtszeiten und Amtszeitbeschränkungen. Diese Vorteile führen zu Querschnitts- und Zeitreihen- variationen, die helfen können, die Aus- wirkungen politischer Unsicherheit auf die Aktienmarktbeteiligung der privaten Haus- halte besser zu erkennen. Gouverneurswahlen Bei den Gouverneurswahlen verwenden die Autoren einen Differenz-von-Differen- zen-(DvD)-Ansatz, um die Auswirkungen politischer Unsicherheit auf die Aktien- marktbeteiligung der Haushalte zu isolieren. Der DvD-Ansatz ist in der Ökonometrie gebräuchlich, um einen kausalen Effekt festzustellen und dessen Stärke zu beschrei- ben. Da Gouverneurswahlen im Voraus geplant sind und von den Haushalten nicht kontrolliert oder beeinflusst werden, be- trachtet man sie als weitgehend exogen. Im Gegensatz zu den Präsidentschafts- wahlen finden die Gouverneurswahlen in den verschiedenen Staaten in unterschied- lichen Jahren statt, was zu erheblichen Un- terschieden zwischen den Staaten führt. Derzeit finden in den meisten Staaten alle vier Jahre Gouverneurswahlen statt. Fünf Staaten wählen ihre Gouverneure in unge- raden Jahren, während die anderen ihre Gouverneurswahlen in geraden Jahren ab- halten werden. In 36 Staaten gibt es Amts- zeitbeschränkungen für Gouverneure, in den übrigen 14 nicht. Aufgrund der unter- schiedlichen Wahltermine, Amtszeiten und Amtszeitbeschränkungen eignen sich Gou- verneurswahlen besser als Präsidentschafts- wahlen, um die Auswirkungen politischer Unsicherheit auf die Aktienmarktbeteili- gung zu untersuchen. Die Daten zu Gouverneurswahlen stam- men primär aus dem Correlates of State Policy Project, das vom Institute for Public Policy and Social Research (IPPSR) initiiert wurde. Die Autoren ergänzen diese Daten mit Inputs zu Wahlbeteiligung und Parteizu- gehörigkeit. Die SIPP-Daten verdecken die Identifikation von vier kleinen Staaten, um die Vertraulichkeit der Befragten zu schüt- zen, sodass 90 Gouverneurswahlen in der IPPSR-Stichprobe zwischen 1996 und 2011 zur Verfügung stehen. Dabei stufen die Autoren eine Wahl als unsicherer ein, wenn sie ein knappes Resultat liefert. Dies ist dann gegeben, wenn die Siegspanne, defi- niert als die Differenz zwischen dem pro- zentualen Anteil der Stimmen, die die bei- den erstplatzierten Kandidaten erhalten haben, im untersten Terzil der Stichprobe liegt. Die Kapitalmarktforscher unterschei- den auch zwischen Wahlen, bei denen Amtsinhaber wiedergewählt werden kön- nen, und solchen, bei denen die Amtszeit der Amtsinhaber begrenzt ist – Lame Duck Last Term genannt. Insgesamt sind 63 von 190 Gouverneurswahlen als knappe Wahlen zu definieren, und der durchschnittliche Stimmenunterschied zwischen dem erst- und dem zweitplatzierten Kandidaten be- trägt 3,84 Prozent. Bei 27,8 Prozent der Wahlen traten die amtierenden Gouverneure aufgrund von Amtszeitbeschränkungen nicht mehr an. In diesen Fällen wissen die Haushalte zwar nicht, wer der nächste Gouverneur sein wird, aber sie wissen mit Sicherheit, dass es nicht ihr derzeitiger Gouverneur sein wird. Diese Situation stellt daher ein hohes Maß an Unsicherheit hin- sichtlich der künftigen Politik dar. Die Datenauswertung zeigt, dass der Aktienbesitz der Haushalte in Bundesstaa- ten mit bevorstehenden Gouverneurswahlen um 2,7 Prozent und der Prozentsatz der in den Aktienmarkt investierten liquiden Mittel um 3,8 Prozent abnimmt, verglichen mit Haushalten in Bundesstaaten ohne bevorste- hende Wahlen. Darüber hinaus sind die von Vikas Agarwal, Hadiye Aslan, Lixin Huang und Honglin Ren dokumentierten Effekte robust gegenüber der Kontrolle im Hinblick auf eine Vielzahl anderer Faktoren auf Haushalts- und Staatsebene, die die Teilha- be am Aktienmarkt beeinflussen können. Das Quartett stellte außerdem fest, dass der dämpfende Effekt der politischen Unsicher- heit auf die Aktienteilhabe von Haushalten bei knappen Wahlen, die sowohl anhand der Siegspanne als auch anhand der Umfrage- daten vor der Wahl gemessen werden (Ex- post- beziehungsweise Ex-ante-Messun- gen), sowie bei Wahlen mit ausscheidenden amtierenden Gouverneuren aufgrund von Amtszeitbeschränkungen stärker wird. Des Weiteren kommen die Autoren zum Schluss, dass die Haushalte bei erhöhter politischer Unsicherheit ihr Kapital vom Aktienmarkt in sicherere Anlagen wie Spar- konten und Anleihen umschichten. Das verwendete theoretische Modell prognostiziert, dass die Risikoaversion und die Notwendigkeit, das Risiko bezüglich des Arbeitseinkommens abzusichern, die Haushalte dazu veranlassen können, ihre Aktieninvestitionen zu verringern, wenn sie vor Gouverneurswahlen mit größerer politi- scher Unsicherheit stehen. Diese Prognose basiert auf der Annahme, dass Wahlen mit einem erhöhten Vermögens- und Arbeitsein- kommensrisiko einhergehen. Das Autoren- quartett testet diese Prämisse und zeigt, dass sowohl das Vermögensrisiko (dargestellt durch die historische Volatilität der Aktien- renditen und die implizite Volatilität) als auch das Arbeitseinkommensrisiko (darge- stellt durch die Volatilität des Arbeitsein- kommens und die Volatilität der Arbeits- stunden) vor Wahlen zunehmen und danach wieder abnehmen. Da die Gouverneurswah- » Ein Fernbleiben vom Aktienmarkt kann dem Vermögensaufbau der Haushalte langfristig schaden. « Dr. Hadiye Aslan, Associate Prof. of Finance, Georgia State University, Atlanta  114 N o. 4/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | AKT I EN-GOUVERNEURE FOTO: © GEORGIA STATE UNIVERSITY

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