Institutional Money, Ausgabe 4 | 2021

Ein Forschungsteam der Frankfurt School of Finance & Management, bestehend aus Emirhand Ilhan, Zacharias Sautner und Gri- gory Vilkovin, kam in der Arbeit „Carbon Tail Risk“ von 2019 zu dem Ergebnis, dass die Finanzmärkte damit begonnen haben, die Unsicherheit über klimabedingte Ab- wärtsrisiken einzupreisen. Regulatorische Maßnahmen zur Begrenzung von Kohlen- stoffemissionen, beispielsweise in Form einer CO 2 -Steuer oder von Emissionsbe- grenzungen, werden erhebliche finanzielle Auswirkungen auf Unternehmen haben, die einen großen CO 2 -Ausstoß zeigen. Vor allem für diese Art von Unternehmen kann eine Regulierung, die die Kohlenstoffemissionen begrenzt, zu einem erheblichen Anstieg der Geschäftskosten führen. Wenn Banken die Finanzierung kohlenstoffintensiver Unter- nehmen etwa aufgrund höherer Kapitalan- forderungen bei klimaschädlichen Krediten einschränken, bedeutet dies für diese Unter- nehmen auch Einschränkungen bei der Finan- zierung künftiger Investitionen. Gleichzeitig ist es höchst ungewiss, wann und in wel- chem Ausmaß kohlenstoffintensive Unter- nehmen von künftigen Vorschriften betrof- fen sein werden. Diese klimapolitische Ungewissheit stellt die Investoren vor die Herausforderung, beurteilen zu müssen, wie und wann sich die Klimaregulierung für die Unternehmen auswirken wird. Das For- schungsteam ging diese Fragen empirisch an, indem man untersucht, ob der Options- markt klimapolitische Unsicherheiten ein- preist. Für eine Stichprobe, bestehend aus allen Firmen des S&P 500 Index, wurde geprüft, ob der Schutz gegen Downside- Tail-Risiken durch Put-Optionen für Firmen, die mehr CO 2 emittieren, teurer ist. Der Vorteil der Untersuchung von gehandelten Optionen besteht darin, dass optionsbasierte Messgrößen die Risikoerwartungen der Marktteilnehmer widerspiegeln. Ihr primäres Maß zur Erfassung des Abwärtsrisikos – „SlopeD“ – spiegelt die Steilheit der impli- ziten Volatilität wider; höhere Werte zeigen an, dass tiefer aus dem Geld liegende Ver- kaufsoptionen teurer sind, und dies spiegelt relativ höhere Kosten für den Optionsschutz gegen Left-Tail-Risiken wider. Die Daten belegen, dass klimapolitische Unsicherheit auf dem Optionsmarkt einge- preist wird. Wissender Optionsmarkt Die Regressionsschätzungen zeigen, dass ein Anstieg der Kohlenstoffintensität eines Unternehmens um eine Standardabwei- chung die abhängige Variable „SlopeD“ um 0,014 erhöht. Dieser Anstieg ist bedeutsam, da er etwa zehn Prozent der Standardabwei- chung von „SlopeD“ entspricht. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Ver- kaufsoptionen von kohlenstoffintensiven Unternehmen relativ teurer sind. Die Analy- se zeigt auch, dass die Auswirkung der CO 2 - Intensität auf das Abwärtsrisiko verstärkt wird, wenn die Öffentlichkeit dem Thema Klimawandel relativ viel Aufmerksamkeit schenkt. Der Grund dafür ist, dass die öffentliche Aufmerksamkeit für Themen des Klimawandels die Wahrscheinlichkeit er- höht, dass in weiterer Folge eine klima- freundliche Politik umgesetzt wird. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Wahl von Donald Trump 2016 ein Ereignis darstellte, das die kurzfristige klimapoliti- sche Unsicherheit verringerte. Während Trump in seinem Wahlkampf signalisierte, dass seine Klimapolitik nicht strenger wer- den würde, kündigte Hillary Clinton stren- gere Regeln an. In den Trump-Jahren wurde die US-Klimaregulierung nicht geändert, da- her, so die Forscher, hätten die Kosten für die Versicherung gegen Abwärtsrisiken für kohlenstoffintensive Unternehmen im Zu- sammenhang mit klimapolitischer Unsicher- heit in dieser Zeit sinken müssen. Die Daten (siehe Tabelle) unterstützen diese Hypo- these. Sie belegen, dass „SlopeD“ für sehr kohlenstoffintensive Unternehmen nach der Wahl von Präsident Trump tatsächlich um 0,025 im Vergleich zu weniger kohlenstoff- intensiven Unternehmen gesunken ist. Auswirkungen der Trump-Wahl auf klimabezogene Abwärtsrisiken Verkaufsoptionen wurden eindeutig billiger. Wirkung der Trump-Wahl 2016 auf das klimabezogene Downside-Risiko Abh. Variable (Steilheit der impl. Volatilität) SlopeD SlopeD SlopeD SlopeD Zeitfenster des Events [-250; +250] [-250; +250] [-250; +250] [-250; +250] (1) (2) (3) (4) Nach der Wahl von Trump x Branchen mit -0,025** -0,029** -0,025*** -0,020** hohen Scope-1-Emissionen (CO 2 ) (-2,18) (-2,43) (-2,88) (-2,20) Nach der Wahl von Trump x Branchen mit 0,041* 0,043* geringeren Scope-1-Emissionen (CO 2 ) (1,67) (1,77) Nach der Wahl von Trump -0,025*** -0,022*** (-4,63) (-4,33) Differenz-von-Differenzen-Modell (DvD) DvD DvD DvD DvD Kontrollvariable ja ja ja ja Tagesfixe Effekte nein ja ja nein Unternehmensfixe Effekte nein nein ja nein Branchenfixe Effekte nein nein nein ja Level Firma Firma Firma Firma Frequenz täglich täglich täglich täglich Anzahl der Beobachtungen 200.897 200.897 200.897 200.897 Adj. R² (Bestimmtheitsmaß) 0,062 0,091 0,294 0,184 SlopeD spiegelt die Steilheit der impliziten Volatilität von S&P-500-Aktienoptionen wider und ist die abhängige Variable der Regressionen (1) bis (4). (1) zeigt, dass für CO 2 -intensive Firmen nach Trumps Wahl SlopeD um 0,025 (Spalte 1) im Vergleich zu weniger kohlenstoffintensiven Unternehmen statistisch signifikant gesunken ist. Die implizite Volatilität der Puts ging zurück, die Absicherung wurde billiger. Scope-1-Emissionen sind die direkt durch die SPX-Firma selbst verursachten CO 2 - Emissionen. Signifikanzniveaus von 90/95/99 Prozent sind mit */**/*** markiert. Quelle: Studie Absicherungskosten von Klimarisiken Put-Optionen auf besonders viel CO 2 emittierende S&P-500-Unternehmen wurden in der Ära Trump billiger. 106 N o. 4/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | E SG- DOWNS I DE - R I S I KO

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