Institutional Money, Ausgabe 4 | 2021

und Ländern aufmerksam gemacht werden, die nicht mit der Anlagepolitik der Investo- ren vereinbar sind und zu Reputationsrisi- ken führen können. Kontroversitätsgrad Zu den potenziell größten Risiken zählen solche, die aus Kontroversen entstehen. Diese Kontroversen können aus dem Be- reich von Faktor E in ESG (z. B. Emissio- nen, Giftmüll und Umweltkatastrophen) oder von Faktor „S“ (etwa Menschenrechte, Arbeitsrechte, Kundendatenschutz und Pro- duktsicherheit) oder von Faktor „G“ (z. B. Bestechung, Betrug) stammen. Zwei Fälle aus jüngster Zeit, in denen ESG-bezogene Abwärtsrisiken zum Tragen kamen, sind die Verwicklung des Versorgers PG&E in die kalifornischen Waldbrände, die in erster Linie ein Umweltrisiko darstellte, aber auch soziale und Governance-Risiken beinhalte- te, und die Serie von Skandalen bei der US- Großbank Wells Fargo, die in den Auswir- kungen auf die Kunden in erster Linie so- ziale Risiken darstellten, aber auch Gover- nance-Risiken umfassten. In beiden Fällen ging es um mehr als ein einzelnes Ereignis, und die Ex-post-Analysen zeigen, dass die- se Ereignisse große negative Auswirkungen auf die Aktienkurse der beiden Unterneh- men unabhängig von den Ereignissen am Aktienmarkt hatten. Diese beiden Ereignis- se sind Beispiele für die ESG-bezogenen Abwärtsrisiken, die auftreten können. In beiden Fällen verloren Pensionsfonds er- hebliche Anlagegelder. Für einige Ratingagenturen ist der Kon- troversitätsgrad eines Unternehmens we- sentlicher Bestandteil des Gesamt-ESG- Scores; bei anderen wird er als separater Score ausgewiesen. Bei einer Agentur, Rep- Risk, dreht sich der gesamte Score aus- schließlich um Kontroversen. Die Studie der EU-Kommission weist darauf hin, dass Anbieter von Nachhaltigkeitsratings zuneh- mend Kontroversen, Anschuldigungen und negative Nachrichten in ihre Bewertungen von Unternehmen einfließen lassen, um auf tiefer liegende Risiken und potenziell schlechtes Management hinzuweisen. Diese Kontroversitäts-Ratings stimmen mit dem Argument überein, dass die Betrachtung eines Unternehmens aus der ESG-Perspek- tive Investoren ermöglicht, über traditio- nelle, rein finanzielle Bewertungsmodelle hinauszugehen, um auch jene Risiken zu Philipp Krüger (Universität Genf), Zacha- rias Sautner (Frankfurt School of Finance & Management) und Laura T. Starks (Univer- sity of Texas) wollten von 439 institutionel- len Anlegern wissen, wie sie die Klimarisi- ken für ihre Portfolios bewerten und ob sie diese in ihrem Investmentprozess berück- sichtigen. Dabei stellt sich heraus, dass 93 Prozent irgendeinen Ansatz für die Ein- beziehung des Klimarisikomanagements in ihren Anlageprozess verfolgen. Die von den institutionellen Anlegern am häufigsten ge- wählte Methode (38 %) ist die Analyse des CO 2 -Fußabdrucks ihrer Portfoliounterneh- men. Darüber hinaus versuchen 29 Prozent der Befragten, den CO 2 -Fußabdruck ihrer Portfolios zu verringern. Ein weiterer gängi- ger Ansatz, dem 35 Prozent der Anleger folgen, ist die Analyse der Risiken betref- fend Stranded Assets in ihren Portfolios. Hier geht es um das Risiko, dass ein Asset aufgrund der Auswirkungen des Klimawan- dels früher als erwartet an wirtschaftlichem Wert verliert. Auch hier gehen einige der Befragten (23 %) einen Schritt weiter, in- dem sie nicht nur die Stranded-Asset-Risi- ken ihrer Portfolios analysieren, sondern auch versuchen, diese Risiken zu verringern. Mehr als ein Drittel der Anleger (34 %) verfolgt einen indirekten Ansatz, weil sie glauben, dass Portfoliodiversifikation eine Methode zur Einbeziehung von Klimarisi- ken in ihren Portfolioprozess darstellt. Im Gegensatz dazu verfolgt ein gutes Viertel der Investoren (26 %) einen direkten An- satz, indem es Bewertungsmodelle verwen- det, die speziell Klimarisiken einbeziehen. Andere direkte Ansätze bestehen darin, Aktionärsanträge bei Portfoliounternehmen einzubringen – 25 Prozent betreiben dieses Engagement –, sich gegen Klimarisiken ab- zusichern (25 %) oder ein negatives Scree- ning anzuwenden (24 %). Auffallend ist, dass von zwölf möglichen Ansätzen, die den Befragten vorgeschlagen wurden, die am wenigsten genutzte Methode die Desinves- tition darstellt, die von 20 Prozent genutzt wird. Die Befragten konnten im Übrigen mehr als einen Ansatz auswählen, und in weiteren Analysen stellten die Autoren fest, dass diejenigen, die mehr Ansätze anwen- den, auch diejenigen sind, die sich besorgter über die finanziellen Kosten des Klima- wandels zeigen. Diese Gruppe hat einen längeren Zeithorizont und verwaltet einen größeren Teil ihrer Portfolios mithilfe von ESG-Analysen. In Anbetracht der großen Vielfalt an Ansätzen, die verwendet werden, scheint es so, dass die Investmentbranche immer noch versucht herauszufinden, wie man Klimarisiken am effektivsten managen kann; dies gilt wahrscheinlich auch für Pen- sionsfonds, vermuten die Autoren. Die Umfrageteilnehmer verfolgen keinen einheitlichen Ansatz für ihre Engagement- Strategie, sondern wenden eine Reihe unter- schiedlicher Methoden an. Im Allgemeinen zeigen sie ein hohes Maß an Engagement, nur 16 Prozent verzichteten darauf. Die am häufigsten genutzte Form ist die Diskussion mit den Unternehmensführungen über die finanziellen Folgen von Klimarisiken für das Unternehmen. 43 Prozent der Befragten gehen diesen Weg. 32 Prozent der Befragten schlagen der Geschäftsleitung proaktiv spe- zifische Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimarisiken vor. Andere Investoren wiede- rum entscheiden sich gegen einen Ansatz hinter den Kulissen und befragen das Ma- nagement in einer Telefonkonferenz zu Kli- marisiken (30 %), kritisieren öffentlich das Management in Bezug auf Klimarisiken (20 %) oder reichen einen Aktionärsantrag zu Klimafragen ein (30 %). Ein Teil der An- leger (30 %) stimmt auf der Jahreshauptver- sammlung gegen die Vorschläge des Ma- nagements zu Klimafragen. Ein kleinerer Teil stimmt gegen die Wiederwahl einzelner Verwaltungsratsmitglieder aufgrund von Klimarisiken oder ergreift rechtliche Schritte gegen das Management wegen klimabezo- gener Fragen. Die Investoren berichteten, dass sie in der Regel eine Antwort auf ihr Engagement erhielten, obwohl die Antwort auch einfach nur die Bestätigung der Ent- gegennahme des Engagement Papers sein konnte und keine Maßnahmen seitens des Unternehmens beinhaltete, um auf die Bedenken des Investors zu reagieren. Wer abgewiesen wurde, versuchte zumeist, sich zu hedgen oder von Aktien dieser Firma zu trennen. Es erscheint den Autoren bemer- kenswert, dass nach einem gescheiterten Engagement nur selten ein Divestment zu Risikomanagementzwecken vorgenommen wird. Umfrage: Der Umgang institutioneller Anleger mit Klimarisiken Bisher ist kein „Industriestandard“ für den Umgang mit Klimarisiken feststellbar. 104 N o. 4/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | E SG- DOWNS I DE - R I S I KO 

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