Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

tretend den holländischen Vermögensver- walter NN Investment Partners, der 2020 schreibt, „man sei überzeugt, dass verant- wortungsvolles Investieren die risikoadjus- tierten Renditen verbessere, und glaube, dass Firmen mit nachhaltigen Geschäftspraktiken und hohen Standards bei der Unternehmens- führung die Erfolgsgeschichten der Zukunft werden“. Ähnlich State Street 2018, wo man bekräftigt, dass die Active Quantitative Equity Group ESG als eine Alphaquelle betrachtet, die längerfristig zu einer po- sitiven Portfolioperformance führen könne. Diese Annahme fuße auf der These, dass die Schaffung – oder Zer- störung – von Werten speziell langfris- tig nicht nur vom finanziellen Kapital allein beeinflusst werde. Investoren müssen sich die Frage stellen, ob diese Outperformancever- sprechen von ESG-Leadern glaubwür- dig sind. Ein einfacher Performancever- gleich rettet hier den Tag nicht. Denn selbst wenn ESG-Strategien höhere Renditen hät- ten, würden die Investoren davon nicht wirklich gewinnen, dass sie diesen Mehrer- trag etwa durch die Übernahme bestimmter Faktorrisiken oder durch spezielle Sektor- Biases erzielt haben. Die relevante Frage, die sich Investoren stellen müssen, ist jene: Ist die nichtfinanzielle Information, die in ESG- Scores enthalten ist, in der Lage, tat- sächlich dem Investor zusätzliche Perfor- mancevorteile zu verschaffen? Scientific Beta befasst sich genau mit dieser Frage- stellung, konstruiert ESG-Strategien, die in populären Studien verwendet werden, und schätzt deren Zusatzwert ab, wenn man Sektor- und Faktor-Exposures, das Downsi- de-Risiko und Veränderungen bei der Auf- merksamkeit in die Kalkulation miteinbe- zieht. Im Besonderen fragen sich die Auto- ren, ob ESG-Strategien Zusatzwert über Sektor- und Faktor-Exposures hinaus schaf- fen. Dazu benutzen sie Standard-Perfor- mance-Evaluierungsmethoden, um das Fak- tor-Exposure in Bezug auf Value und Qua- lity zu errechnen. Mithilfe eines geeigneten Maßstabs zur Messung des Downside-Risi- kos wollen die Autoren herausfinden, ob ESG-Strategien tatsächlich das Verlustrisiko verringern helfen und ob sie höhere risiko- adjustierte Renditen generieren, wenn man dabei auf das Downside-Risiko abstellt. In einem weiteren Schritt analysieren die Au- toren die Auswirkungen der Veränderung der Investorenpräferenzen in Bezug auf ESG anhand der Fondszu- und -abflüsse. Führt etwa eine höhere Präferenz für ESG- Anlagen zu überhöhten ESG-Renditen im Vergleich zu den Langfristrenditen, die In- vestoren von ESG-Strategien erwarten kön- nen? Konstruktion von ESG-Strategien Die Autoren verwenden monatliche Ra- ting-Daten von MSCI, allgemein als IVA – Intangible Value Assessment – bezeichnet, von Januar 2007 bis Juni 2020. ESG-Ra- tings befinden sich in einer Bandbreite von 0.0 bis 10.0, wobei höhere Werte eine hö- here Indikation für eine starke Performance in Bezug auf ESG-Kriterien darstellen. Da- bei benutzen die Autoren die Komponen- ten-Scores für die Kriterien Umwelt (E), so- ziale (S) und Governance (G), die Teile des Gesamt-Ratings-Scores darstellen. Der Da- tenanbieter greift für jede der drei Kompo- nenten auf eine Anzahl Themen zurück, wobei deren Zusammensetzung und Ge- wichtung sich nach Branchen unterscheidet. Beispielsweise war im Januar 2020 für das soziale Rating in der Automobilindustrie die Produktsicherheit das Hauptthema, während bei Haushaltsgüterproduzenten die Arbeits- standards in der Lieferkette das Hauptthema darstellen. Die Autoren verwenden diese Komponenten-Scores, wie sie von MSCI publiziert werden, um Strategien zu ent- wickeln, die sich auf eine der drei ESG- Komponenten fokussieren. Zusätzlich kom- men aggregierte Scores zum Einsatz, wobei das Autorenteam diese aggregierten ESG- Scores als gewichteten Durchschnitt der drei Komponenten-Scores nach Maßgabe der Gewichtung, wie sie MSCI vorschlägt, errechnet. Diese Gewichte hängen von der » Dass es kein signifikantes positives Alpha aus ESG-Strategien gibt, ist keine Überraschung. « Giovanni Bruno, Senior Quantitative Analyst bei Scientific Beta in Nizza Entzaubert CAPM-Alphas durch Sieben-Faktor-Modell ausradiert, und zwar sowohl im US-Universum als auch im Universum „Devloped Markets ex US“ 1/2008 – 6/7020 ESG Faktor E allein Faktor S allein Faktor G allein ESG-Momentum Kombination Universum US Dev ex-US US Dev ex-US US Dev ex-US US Dev ex-US US Dev ex-US US Dev ex-US Annualisierte Rendite 1,29 % 1,63 % 2,89 % 2,43 % -0,23 % 1,07 % 0,45 % -0,85 % 0,15 % -0,26 % 1,92 % 0,48 % t-Werte 0,85 0,90 1,71 1,59 -0,05 0,70 0,40 -0,05 0,19 -0,11 1,23 0,36 CAPM-Alpha 2,57 % 1,63 % 3,99 % 2,43 % 0,54 % 1,08 % 1,30 % -0,52 % 0,06 % -0,14 % 2,84 % 0,53 % t-Werte 1,55 1,05 2,28 1,68 0,35 0,79 0,84 -0,23 0,04 -0,12 1,62 0,37 Sieben-Faktor-Alpha -0,33 % 1,31 % 0,96 % 1,95 % -1,17 % 1,95 % -0,22 % -1,75 % 0,00 % 0,86 % 0,96 % 0,52 % t-Werte -0,24 0,85 0,68 1,43 -0,84 1,43 -0,16 -0,78 0,00 0,73 0,59 0,36 Während etwa nach dem Capital Asset Pricing Model (CAPM) die Alphas für die Strategie, die auf den aggregierten ESG-Ratings aufsetzt, groß ausfallen, sind diese jedoch kaum signifikant (t-Werte < 2). Bei Anwendung des Sieben-Faktor-Modells bleibt von diesem Alpha wenig bis gar nichts übrig, und das Wenige ist zudem nicht statistisch signifikant. Zeitfenster: 1. 1. 2008 bis 30. 6. 2020. Quelle: Scientific Beta 96 N o. 3/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | E SG – K E I N A L PHA FOTO: © SCIENTIFIC BETA (2)

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