Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

Risk – waren es 92,3 Prozent der beobach- teten Abschnitte. „Multi-Faktor-Bonds hat- ten eine Erfolgsrate von 89 Prozent“, erklärt Martens. „Betrachtet man nun die kumulier- te Performance der Multi-Faktor-Strategie an, sehen wir, dass abgesehen von einem schwachen Start zu Beginn des 19. Jahr- hunderts eine durchgehend stabile Per- formance erzielt wurde“ (siehe Chart „Der Vergleich macht Sie sicher“). Schlag ins Wasser? Interessant ist natürlich, ob eine Multi-Faktor-Strategie nicht nur stabil, sondern auch überdurchschnittlich er- tragreich ist – also den Markt schlägt. Ansonsten wäre der gesamte Aufwand die Mühe nicht wert. Und hier tauchen zunächst Zweifel auf. Denn zieht man die eben erwähnte Erfolgsquote zu Rate, dann erzielt der Markt in 91,9 Prozent der beob- achteten Jahrzehnte ein positives Ergebnis, schlägt also die Multi-Faktor-Strategie um 2,9 Prozentpunkte. Auch wenn man die reinen kumulierten Erträge miteinander vergleicht, hinkt die Kombinationsstrategie einer reinen Indexabbildung hinterher. Die ganze Übung also ein Schlag ins Wasser? Mitnichten. Das Bild wandelt sich nämlich, wenn man das Risiko, an das sich die Autoren über die Standardabweichung annähern, miteinbezieht. „Das Ertrags-Risi- ko-Verhältnis wird von 0,52 im Markt auf 0,56 bei Anwendung eines Multi-Faktor- Portfolios verbessert.“ Die Standardabwei- chung ist mit 6,25 nicht nur deutlich nied- riger als die 7,88, die der Markt ausweist, sondern auch markant niedriger als bei jedem einzelnen Faktor (siehe Tabelle „Trends halten bis in die Gegenwart“) . „Die niedrigere Standardabweichung ist ein Resultat der Diversifikationseffekte bezie- hungsweise der niedrigen Korrelation der einzelnen Faktoren untereinander und der niedrigen Korrelation gegenüber dem Markt“, wie Penninga erklärt. Diese Markt- unabhängigkeit drückt sich auch in der Performance des Multi-Faktor-Ansatzes über die verschiedenen Makro-Szenarien aus (siehe Tabelle „Situationsunabhängige Erträge“) – konkret: Rezessionen, Wachs- tumsphasen, politische Krisen, Stabilität, Inflation, steigende und fallende Renditen oder Aktienmärkte. Die Erträge in allen Phasen sind im Durchschnitt positiv und reichen von 1,9 Prozent in rezessiven Um- feldern zu 4,9 Prozent bei inflationären Rahmenbedingungen. Genau aus dieser umfassenden Resilienz leiten die Autoren die bereits berichteten positiven Erträge – über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg – ab. Doch bei aller Krisensicher- heit: Letztendlich muss die Performance stimmen. Und hier finden die Autoren einen Weg, indem sie die Vorzüge eines reinen Marktportfolios mit denen eines Multi- Faktor-Portfolios kombinieren. Sie schlagen dabei zwei Verhältnisse vor: zum ersten eine Mischstrategie, in der dem Marktport- folio ein Multi-Faktor-Portfolio hinzugefügt wird, das halb so groß ist wie das Markt- portfolio. Im zweiten Fall beträgt das Ver- hältnis eins zu eins. Performance überzeugt Die Performance, die sich aus diesem Ansatz ergibt, präsentiert sich – vor allem risikoadjustiert – durchaus überzeugend (siehe Tabelle „Vielversprechende Multi- Faktor-Strategie“) . Demnach steigt die Rendite mit dem Prozentsatz des Multi-Fak- tor-Anteils sprunghaft an. Liegt dieser bei 50 Prozent des „Marktes“, dann nimmt die Rendite von den 4,08 Prozent eines reinen Marktansatzes um 1,67 Prozentpunkte auf 5,75 Prozent zu. Sind die beiden Strategien gleich stark vertreten, steigt die Perfor- mance sogar auf 7,49 Prozent. Gleichzeitig steigt aber auch das Risiko, gemessen an der Standardabweichung. Das geschieht aber in einem sehr vertretbaren Ausmaß, was man daran erkennen kann, dass die Sharpe Ratio ebenso steigt. Sowohl risiko- adjustiert als auch von einer reinen Per- formancebetrachtung her wird die Strategie also umso mächtiger je höher der Anteil der Multi-Faktor-Strategie ist. Institutionelles Instrument Für langfristig orientierte institutionelle Investoren, deren Hauptaugenmerk bei den Assetklassen ja bekanntlich auf den Anlei- hen liegt, stellt die vorliegende Arbeit eine ausnahmslos gute Nachricht dar: Sie gibt Hinweise darauf, wie Anleiheninvestments effizienter und diversifizierter als üblich vorgenommen werden können. Die Hauptkritikpunkte, die inzwischen an Faktoren im Aktiensegment laut werden – zu viele, zu teuer oder möglicherweise (wie im Fall von „Small“) nie existent – ver- fangen hier nicht. Schließlich steckt das Factor Investing im festverzinslichen Bereich noch in den Kinderschuhen, kann sich also noch gar nicht zu sehr verteuert haben. Die Faktoren sind außerdem auch anders konstruiert als im Aktienbereich. Und schlussendlich begrenzen die Autoren ihre Untersuchungen auf drei oder – je nach Zählweise – vier Faktoren. Das ist relativ weit von einem Zoo entfernt. HANS WEITMAYR Situationsunabhängige Erträge Wie sich Multi-Faktor-Strategien während 220 Jahren in unterschiedlichen Makro-Szenarien schlugen. BIP-Entwicklung Krise Renditen Inflation Aktien Rezession Wachstum ja nein steig. fall. hoch tief negativ positiv Jahre 55 166 75 146 103 118 74 78 44 177 Perf. 1,9 % 3,9 % 4,1 % 3,1 % 3,9 % 3,0 % 4,1 % 4,9 % 3,1 % 3,5 % Die Erträge von Multi-Faktor-Bond-Strategien waren durchschnittlich in jedem Makro-Szenario positiv. Rezessionen bremsten die Performance am stärksten. Niedrige Inflationsraten waren besonders zuträglich. *Daten ab 1869 | Quelle: Studie » Die niedrigere Standardabweichung der Multi-Faktor-Strategie ist ein Resultat der Diversifikationseffekte. « Olaf Penninga, Robeco Institutional AM 80 N o. 3/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | FAC TOR I NVE S T I NG BONDS FOTO: © ROBECO

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