Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

haben. Es gibt jetzt nicht mehr drei große Player, die sich untereinander den Kurs Europas ausmachen, und die anderen ziehen mit. Auch andere mittelgroße Staaten schmieden Allianzen und tun sich bei bestimmen Themen zusammen. Das war für manche in der Europäischen Union am Anfang wahrscheinlich eine Überraschung, hat sich aber als ein Modell herauskristalli- siert, das funktioniert. Und ich halte es für gut, dass das kein starres System ist, son- dern dass man sich je nach Thema Verbün- dete sucht. Das habe ich auch als Abgeord- nete im Europaparlament so gemacht. Da steht die Sachpolitik im Vordergrund, nicht die Parteizugehörigkeit. Abgesehen von der Verschiebung der Machtverhältnisse – war der Austritt Groß- britanniens eine gute oder eine schlechte Entwicklung? Karoline Edtstadler: Aus Sicht der Finanz- märkte ganz sicher eine schlechte. Und der Umstand, dass so ein Szenario wahr gewor- den ist, ist mehr als bedauerlich und hat lange viele Ressourcen beansprucht. Ich habe auch bis zum Schluss gehofft, dass der Brexit noch irgendwie abzuwenden ist. Das war aber nicht der Fall und ist somit sicher- lich eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte der Europäischen Union. Wenn man trotzdem etwas Positives sehen will, dann vielleicht, dass die EU-27 in den Ver- handlungen eng zusammengerückt sind und sich nicht auseinanderdividieren ließen. Das ist ein wichtiges und vielversprechendes Signal für die Zukunft. Wir danken für das Gespräch. HANS WEITMAYR Zur Person Karoline Edtstadler wurde am 28. März 1981 in Salzburg geboren. Von 1999 bis 2004 absolvierte sie das Studium der Rechtswissenschaf- ten an der Paris-Lodron-Universität Salzburg. Von 2008 bis 2011 war sie als Rich- terin am Landesgericht Salzburg und von 2011 bis 2014 als Richterin mit Dienstzuteilung zum Bundes- ministerium für Justiz tätig. Anschließend arbeitete Karoline Edtstadler bis 2016 als Referentin im Kabinett des Bundesministers für Justiz, Wolfgang Brandstetter. 2016 wurde sie zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg als Expertin entsandt (2016 bis 2017). Von 2017 bis Mai 2019 war sie während der Bundesregierung Kurz I Staatssekretärin im Bundes- ministerium für Inneres. Danach war Edtstadler von Juli 2019 bis Jänner 2020 Mitglied des Europäischen Parlaments und Dele- gationsleiterin der Österreichischen Volkspartei. Am 7. Jänner 2020 wurde Karoline Edtstadler zunächst als Kanzler- amtsministerin ohne Portefeuille angelobt. Seit 29. Jänner 2020 ist sie Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt. » Wenn man etwas Positives im Brexit sehen will, dann vielleicht, dass die EU-27 in den Verhand- lungen eng zusammen- gerückt sind und sich nicht auseinanderdividieren ließen. Das ist ein wichtiges und vielversprechendes Signal für die Zukunft. « Karoline Edtstadler zu den Auswirkungen des Brexit 74 N o. 3/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | KAROL I NE EDT S TADL E R | BUNDE SMI N I S T E R I N FÜR EU FOTO: © ELKE MAYR

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