Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

Karoline Edtstadler: Nein, ganz im Gegenteil. Die Pandemie hat gezeigt, dass es auch nationale Zuständigkeiten braucht – genau- so brauchen wir aber eben bilaterale Lösun- gen, wenn sehr konkrete Probleme nur zwei Staaten betreffen, etwa beim Pendlerverkehr in der Krise. Dann muss schnell reagiert werden. Das ist oft nicht einfach. Das ist harte Arbeit. Aus meiner Sicht ist es aber wichtiger denn je, zusammenzuarbeiten und dabei einzelstaatliche Interessen zu berück- sichtigen. Eines der Ergebnisse dieser Zusammen- arbeit ist ein gewaltiges Budget zur Ankur- belung der Wirtschaft. Manche sprechen bereits von einer Schuldenunion – ein Kon- zept, dem Sie etwas abgewinnen können? Karoline Edtstadler: Nein, überhaupt nicht! Bei den budgetären Stimuli handelt es sich um wichtige Maßnahmen, um gröbere, langfristige Verwerfungen zu vermeiden. Hinzu kommen langfristige Ziele wie die digitale und grüne Wende in Europa oder das Ziel einer wissensbasierten Gesellschaft. Es ist aber klar festgehalten, dass diese Mittel eine einmalige und zweckgebundene Angelegenheit bleiben. Gelder könnte man in Europa auch über eine Fiskalunion lenken? Karoline Edtstadler: Finanzpolitik ist wohl der Ausdruck nationaler Souveränität schlecht- hin und soll nicht aus der Hand gegeben werden. Das liefe auf eine Art Vereinigte Staaten von Europa hinaus. Für dieses Konzept bin ich definitiv nicht zu haben. Natürlich muss man sich aber innerhalb der Eurozone an gewisse fiskalische Rahmen- bedingungen wie den Europäischen Stabili- tätsmechanismus halten, damit die Stabilität sowohl der Union als auch des Euro erhal- ten bleibt. Der Euro gehört für Sie dazu? Karoline Edtstadler: Auf jeden Fall. Der ist für mich nicht mehr wegzudenken. Zum EU-Budget hat Österreich eine Allianz mit einigen nördlichen Mitgliedsstaaten ge- schmiedet. Das hat – auch Ihnen – das Adjektiv „frugal“ eingebracht. Stört Sie das? Karoline Edtstadler: Nein, es stimmt schon, dass manche „frugal“ als „geizig“ über- setzen. Das ist aber falsch, denn es muss im Interesse jeder Regierung liegen, sparsam mit Steuergeld umzugehen. Mit unseren Forderungen, die ja schlussendlich auch übernommen wurden, wollten wir nicht bremsen, sondern im Gegenteil Impulse auslösen. Und das ist uns gelungen. Die Gelder sollten effektiv und zielgerichtet eingesetzt werden. Zuerst muss festgelegt werden, was mit dem Geld passiert. Dann erst kann es verwendet werden. Insofern war es wichtig, dass sich Österreich mit an- deren mittelgroßen Staaten in wesentlichen Punkten durchgesetzt hat. In vielen Fällen wurden diese Investitionspläne auch schon erstellt. Früher war Österreich in seiner Verhand- lungsführung vorhersehbarer. Man ist im Prinzip Deutschland gefolgt. Jetzt scheint man da recht elastisch zu sein. Wie wird das von den europäischen Partnern aufge- nommen? Karoline Edtstadler: Man muss ganz klar sagen, dass sich mit dem Austritt Großbri- tanniens die Machtverhältnisse verschoben » Es ist klar festgehalten, dass diese Mittel eine einmalige und zweckgebundene Angelegenheit bleiben. « Karoline Edtstadler zu den EU-weiten Covid-19-Sonderbudgets 72 N o. 3/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | KAROL I NE EDT S TADL E R | BUNDE SMI N I S T E R I N FÜR EU FOTO: © ELKE MAYR

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