Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

Politische Ideen zur Altersvorsorge Die Ideen der Parteien und Fraktionen zum Thema Altersvorsorge sind vielschichtig. Peter Weiß, CDU/CSU: Das Rentensystem muss generationengerecht weiterentwickelt werden. Eine Reform der Beamtenpension wird oft diskutiert, bedarf aber einer Änderung der Verfassung und ist kompliziert in der Umsetzung. Ralf Kapschack, SPD: Wir wollen vor allem die gesetzliche Rente als zentrale Säule stärken: durch ordentliche Löhne und Beiträge, aber auch durch den Umbau in eine Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen. Markus Kurth, Bündnis 90/Die Grünen: Die gesetzliche Rente muss als Einkommensver- sicherung auch künftig mehr leisten als Armutsvermeidung. Wie das Rentenniveau langfristig stabil gehalten werden kann, ist deshalb die rentenpolitisch entscheidende Frage. Johannes Vogel, FDP: Kurzfristig müssen wir vor allem die gesetzliche Rente reformieren. Der Druck auf das umlagefinanzierte System steigt durch die Demo- grafie enorm – ohne Reformen werden die Kosten absehbar explodieren. Matthias W. Birkwald, DIE LINKE: Wir LINKEN sehen den größten Reformbedarf bei der gesetzlichen Rente, die den Lebensstandard wieder sichern und zuverlässig vor Armut im Alter und bei Erwerbsminderung schützen möge. Ulrike Schielke-Ziesing, AfD: Die umlage- finanzierte gesetzliche Rentenversicherung ist nach wie vor für die Mehrheit der Deutschen die Basis der Altersversor- gung. Auch vom Finanzvolumen ist der Reformdruck hier sicherlich am größten. Strukturell sieht es allerdings in den anderen Syste- men nicht viel besser aus. Das heißt, langfristig gehören auch die Beamtenpensionen und Versorgungswerke auf den Prüfstand. FRAGE 1: Wo sehen Sie den größten Reformbedarf? Bei der gesetzlichen Rentenversicherung, der privaten oder der betrieblichen Altersvorsorge? Oder beim Pensionssystem für Beamte (kurz: warum)? Peter Weiß, CDU/CSU: Man sollte erst mal die Erfahrungen mit der Rente ab 67 Jahren auswerten, die gerade schrittweise bis 2030 eingeführt wird. Danach ist die Entwicklung zu evaluieren (Lebenserwartung, Erwerbsbeteiligung). Ralf Kapschack, SPD: Eine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters wäre ungerecht, weil die Lebenserwartung je nach sozialem Status sehr unter- schiedlich ist. Freiwillig kann jeder so lange arbeiten, wie er will. Markus Kurth, Bündnis 90/Die Grünen: Bereits für die Akzeptanz der Rente mit 67 brauchen wir bessere Rahmenbedingungen, um ein gesünderes und längeres Arbeiten zu ermöglichen. Das gilt besonders für diejenigen, die in besonders belastenden Berufen arbeiten. Johannes Vogel, FDP: Ich werbe für ein flexibles Renteneintrittsalter. Die Lebensläufe sind heute so vielfältig. Schweden macht das seit Jahren mit einer einfachen Formel vor: Wer eher geht, bekommt weniger, wer später geht, erhält mehr Rente. Matthias W. Birkwald, DIE LINKE: Für DIE LINKE ist ein abschlagsfreier Renteneintritt ab 65 Jahren realistisch. Durchschnittsverdienende und ihre Chefs kostete das aktuell jeweils nur 8,65 Euro mehr pro Monat. Fast 20 Prozent der Menschen sterben vor ihrem 69. Geburtstag. Und arme Men- schen sterben sehr viel früher als besser verdienende Menschen. Ulrike Schielke-Ziesing, AfD: Grundsätzlich ist die AfD gegen ein festgeschriebenes Rentenein- trittsalter. Wer lang genug gearbeitet hat, sollte selbst entscheiden können, wann er in Rente geht. Was 2040 realistisch ist, hängt davon ab, ob es bis dahin gelungen ist, die gesetzliche Rente wieder auf solide Füße zu stellen. Die Anhebung der Lebensarbeits- zeit kann jedenfalls keine Lösung sein. FRAGE 2: Auf welches Renteneintrittsalter sollten sich die Menschen einstellen? Was ist z. B. für den Renteneintritt im Jahr 2040 realistisch? Peter Weiß, CDU/CSU: Ein solcher Staatsfonds ist eine sehr interessante Idee, allerdings nicht vor- rangig vor der Reform der Privatvorsorge. Denn das Vorbild Schwe- dens und Norwegens lässt sich nicht unbesehen auf Deutschland übertragen und würde hier auch in die bestehenden Vorsorgeformen eingreifen. Allein der Staat ist ja auch nicht unbedingt der bessere Unternehmer. Ralf Kapschack, SPD: Die Rentenausgaben haben sich in den vergangenen 30 Jahren ver- doppelt, der Anteil am BIP ist gleichgeblieben. Es geht also um Beschäftigung und Produktivität. Da ist noch Luft nach oben. Einen Staatsfonds als Puffer für die gesetzliche Rente sehen wir nicht. Allenfalls als Anlage für zusätzliche freiwillige Einzahlungen, die wir erleichtern wollen. Markus Kurth, Bündnis 90/Die Grünen: Dass die Rentenausgaben in einer alternden Gesell- schaft steigen, sollte nicht erstaunen. Entscheidend ist aber ihr Verhältnis zur Wirtschaftsleistung: Der Anteil des Bundeszuschusses am BIP war in den letzten zwanzig Jahren fast immer rückläufig. Ich sehe deshalb keinen Anlass, die langfristige Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung den Stürmen des Kapitalmarktes zu überlassen. Johannes Vogel, FDP: Wir wollen die Gesetz- liche Aktienrente nach schwedischem Vorbild. Jede und jeder Rentenversicherte soll zwei Prozent des eigenen Brutto- einkommens innerhalb der ersten Säule in die Gesetzliche Aktien- rente einzahlen – der Beitrag zur Umlage wird entsprechend gesenkt. Matthias W. Birkwald, DIE LINKE: Nein. Die staatlichen Zuschüsse zur gesetzlichen Rente steigen zwar in absoluten Zahlen an, bleiben aber im Verhältnis zu den Steuereinnahmen des Bundes stabil bei zirka 35 Prozent. Um diese Zuschüsse und eine gute gesetzliche Rente auch künftig finanzieren zu können, setzt DIE LINKE auf höhere Steuern ausschließlich für Wohlhabende, Reiche und Superreiche. Ulrike Schielke-Ziesing, AfD: Zunächst ein- mal fordern wir einen deutlich höheren Bundes- zuschuss zur Rente und die Beseitigung der Nachteile, die sich Jahr für Jahr durch den fehlenden Ausgleich von versicherungsfremden Leistungen für die Rentenkasse ergeben. Das sind derzeit pro Jahr immerhin rund 35 Milliarden Euro. Dass es daneben sinnvoll ist, die Rentenversicherung langfristig auch durch geeignete Anlage- formen zu ergänzen, sehen wir auch so, am besten bereits ab dem Kindesalter. Wir als AfD wollen derartige Spardepots auch staatlich fördern. FRAGE 3: Die Staatszuschüsse in die gesetzliche Rentenversicherung werden laufend höher, und die Generation der Babyboomer wird ja erst noch in Rente gehen. Fordern Sie einen Staatsfonds – ähnlich wie in Norwegen –, um einen Puffer für die künftigen Staatszuschüsse aufzubauen? N o. 3/2021 | www.institutional-money.com 281 S T E U E R & R E C H T | BAV DE R PAR T E I EN  

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