Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

A m 16. Dezember 2020 hat das Bundeskabinett den Ent- wurf eines Gesetzes zur Ein- führung von elektronischen Wertpapieren (eWpG) beschlossen und damit das deutsche Recht für elektro- nische Wertpapiere geöffnet. Der Bun- destag hat das Gesetz am 3. Juni 2021 verabschiedet, und am 10. Juni ist es in Kraft getreten. Mit dem neuen Gesetz will die Bun- desregierung den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken und Transparenz, Marktintegrität und Anlegerschutz erhö- hen. „Die vielen Zentralverwahrer und Intermediäre, die heute den Prozess der Sammelverwahrung administrieren, könn- ten auf lange Sicht obsolet werden. Das sollte sich dann auch in niedrigeren Kosten ausdrücken“, hofft David Eckner, Manager und Rechtsanwalt bei der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Erst nur Schuldverschreibungen Erst einmal gilt das Gesetz nur für Inha- berschuldverschreibungen. „Das war der Weg des geringsten Widerstandes, um über- haupt eine Öffnung hin zur Digitalisierung von Wertpapieren mit der Bundesregierung, der BaFin und der Bundesbank umzuset- zen“, meint Eckner und ergänzt: „Es gab durchaus Bedenken, als man die Aktie digi- talisieren wollte. Hier sieht das Bundes- ministerium der Justiz und für Verbrau- cherschutz wohl noch zahlreiche ungeklärte Fragen zu gesellschaftsrechtlichen Themen, die von der Gesellschaftsgründung über die Ausgabe von Aktien bis hin zur Aktionärs- kommunikation reichen.“ Allerdings ist eine Erweiterung der Rahmenbedingungen des eWpG um Aktien und andere Wertpapiere sehr leicht möglich. Seit 10. Juni gilt nun die urkundliche Ver- körperung von Wertpapieren in Papierform nicht mehr zwingend, sondern Wertpapiere können auch rein elektronisch begeben wer- den. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: entweder durch Eintragung in ein bei einem Zentralverwahrer (Wertpapiersammelbank) beziehungsweise einer Depotbank geführtes Register (Zentralregisterwertpapier) oder in dezentrale, auf der Distributed-Ledger-Tech- nologie (DLT) basierende sogenannte Kryp- towertpapierregister (Kryptowertpapier). Hier ist vorgeschrieben, dass die Zeitfolge mittels Zeitstempel protokolliert wird und die Daten gegen unbefugte Löschung und nachträgliche Veränderungen geschützt sind. „De facto rankt sich also alles um die Registerpflichtigkeit. Beim Zentralregister für elektronische Wertpapiere handelt es sich im Prinzip um eine digitale Version des Effekten-Giroverkehrs, es ist also sehr ähn- lich der klassischen urkundlichen Verbrie- fung z. B. bei Clearstream“, meint Eckner. Auch beim Kryptowertpapier wird eine registerführende Stelle benötigt, was dieser Technologie eigentlich wesensfremd ist. „Das kann der Emittent selbst oder eine vom Emittenten gegenüber dem Inhaber be- nannte Stelle sein, etwa ein Kryptoverwah- rer. Das Gesetz verlangt also auch bei Kryp- towertpapieren ein Register, das heißt ein fälschungssicheres Aufzeichnungssystem, in dem Daten protokolliert und bestandsge- schützt gespeichert werden“, so Eckner. Das eWpG ist nur ein Baustein des Digital Finance Package der Europäischen Union. Nun müssen verschiedene Gesetze und Ver- ordnungen nachjustiert werden, um die Investition in elektronische Wertpapiere auch in der Praxis zu ermöglichen. Zum Teil hat das der deutsche Gesetz- geber bereits getan. Beispielsweise sieht Paragraf 95 KAGB vor, dass auf den Inha- ber lautende Fondsanteilsscheine auch in elektronischer Form begeben werden kön- nen; die grundsätzliche Möglichkeit ist hier also schon vorgesehen. Oder das KWG, in das jetzt auch Krypto- werte als zulässige Finanzinstrumente sowie Kryptoverwahrstellen aufgenommen wur- den. Coinbase Germany war das erste Un- ternehmen, dem von der BaFin die Erlaub- nis zum Erbringen des Kryptoverwahrge- schäfts in Deutschland erteilt wurde. „Für institutionelle Investoren ist auch die neue Fassung des Paragrafen 284 KAGB wichtig, der die Öffnung des Anlageuniver- sums für Spezial-AIFs für Kryptowerte vor- sieht. Diese dürfen nun bis zu 20 Prozent ihres Vermögens in Kryptowerte investie- ren“, erklärt Eckner. Nicht nur die Investoren, sondern auch deren Prüfer müssen sich erst an die Digi- talisierung im Wertpapiergeschäft gewöh- nen. „Meine Einschätzung ist, dass Institu- tionelle zwar interessiert sind, aber erst mal abwarten, wie sich die Dinge entwickeln. Dies gelte insbesondere für Anlageverord- nungs-Investoren wie Versorgungswerke“, meint Eckner. Beispielsweise sei noch nicht klar, wie Krypto-Assets nach Solvency II mit Solvenzkapital zu hinterlegen seien. Auch bei den Service- und Master- KVGen arbeitet man daran, elektronische Wertpapiere und Kryptowerte in das Ser- viceangebot zu integrieren. Universal Invest- ment, HSBC Inka und Union Investment arbeiten bereits intensiv an Lösungen, und auch Hauck & Aufhäuser hat mit seinem Spezial-AIF HAIC Digital Assets Fund einen Kryptofonds ins Schaufenster gestellt, mit dem Investoren eins zu eins an der Ent- wicklung von Krypto-Assets partizipieren können. ANKE DEMBOWSKI » Spezial-AIFs dürfen nun bis zu 20 Prozent ihres Vermögens in Kryptowerte investieren. « David Eckner, Manager und Rechtsanwalt bei der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Elektronische Wertpapiere Das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (eWpG) gilt zunächst nur für Inhaberschuldverschreibungen, kann aber leicht auch auf andere Wertpapiere ausgedehnt werden. S T E U E R & R E C H T | E L E K T RON I S CHE WE R T PAP I E R E FOTO: © KPMG LAW RECHTSANWALTSGESELLSCHAFT MBH 272 N o. 3/2021 | www.institutional-money.com

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