Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

S eit 1. Juli 2020 unterliegen grenzüberschreitende Steuerge- staltungen einer Pflicht zur Mel- dung an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), sofern bestimmte Tat- bestände erfüllt sind. Grundlage ist die Umsetzung der EU-Amtshilferichtlinie (Directive on Administrative Coopera- tion 6, DAC6) in deutsches Recht. „Die Meldepflicht soll dazu dienen, die natio- nalen Steuerbehörden in die Lage zu versetzen, zeitnah gegen schädliche Steuerpraktiken vorzugehen, mögliche bestehende Schlupflöcher zu schließen sowie gezielter zu prüfen“, erklärt Martin Wolff, Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Kanzlei Curtis, Mallet-Prevost, Colt & Mosle LLP in Frankfurt. Relevant für Investoren ist die DAC 6, weil zu klären ist, ob genutzte Transaktions- strukturen der Meldepflicht unterliegen oder nicht. Vorzunehmen ist die Meldung von den „Intermediären“, also von denjenigen, die die Steuergestaltung vermarktet, für Dritte konzipiert, organisiert oder zur Nut- zung bereitgestellt haben. Die Frist für die Meldung ist relativ knapp: Sie hat innerhalb von 30 Tagen ab Bereitstellung beziehungs- weise Umsetzung der jeweiligen grenzüber- schreitenden Steuergestaltung zu erfolgen. Hohe Bußgelder drohen Institutional Money berichtete bereits in Ausgabe 2/2020 über die Meldepflicht und betrachtet nun, wie in der Praxis damit um- gegangen wird. „Innerhalb der rechtlichen und steuerlichen Beratungspraxis, insbeson- dere bei Due-Diligence-Prüfungen z. B. im Rahmen von grenzüberschreitenden M&A- oder Immobilientransaktionen, ist DAC 6 inzwischen ein ganz klarer Prüfungspunkt“, beobachtet Wolff. Mittlerweile wird bei allen Transaktionen, die möglicherweise betroffen sein könnten, untersucht, ob eine grenzüberschreitende Gestaltung gemäß der gesetzlichen Vorgaben gegeben ist und, wenn ja, wer in welchem EU-Mitgliedsstaat meldepflichtig ist. Auch bei konzerninter- nen Umstrukturierungen mit grenzüber- schreitendem Bezug hat DAC6 eine große Bedeutung. „Hier ergibt sich häufig ein erhöhter Schwierigkeitsgrad, da die DAC-6- Richtlinie in die nationalen Gesetze der ein- zelnen EU-Mitgliedsstaaten implementiert wurde und die nationale Umsetzung nicht in jedem EU-Mitgliedsstaat in gleicher Weise erfolgt ist“, meint Wolff. Ein Unterschied bestehe beispielsweise bei der Höhe der Bußgelder, die bei Verstößen fällig sind. „Während sie in Deutschland bis zu 25.000 Euro betragen, können in den Niederlanden bis zu 870.000 Euro fällig werden“, so Wolff. Die Umsetzung der DAC-6-Meldungen erfolgt bei den Marktteilnehmern unter- schiedlich. „Einige nehmen die Meldung selbst vor“, beobachtet der Jurist. Das ge- schehe entweder händisch oder mit Unter- stützung selbst entwickelter Software. „Andere haben DAC-6-Softwaretools als Rundum-sorglos-Paket von Beratungsunter- nehmen erworben, und wieder andere be- auftragen Berater mit der Durchführung von DAC-6-Prüfungen.“ Die Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen nach der DAC-6-Richtlinie spielt in der Praxis auch bei Immobilientransaktionen eine Rolle. DAC 6 – Leitfragen So lässt sich grundsätzlich prüfen, ob eine Meldepflicht besteht oder nicht. Das BMF fasst in seinem Schreiben vom 29. März 2021 den Begriff der Steuergestaltung , der gesetzlich nicht definiert ist, sehr weit. Daraus ergibt sich ein großer Anwendungsbereich. Ob eine Steuergestaltung „grenzüberschreitend“ ist, soll sich grundsätzlich nach der Ansässigkeit oder der Tätigkeit der beteiligten Parteien richten. Quelle: Curtis, Mallet-Prevost, Colt & Mosle LLP Grenzüberschreitende Steuergestaltung? Mindestens ein EU-Staat und ein weiterer Staat beteiligt? Keine Meldepflicht Gestaltung betrifft nicht ausschließlich Verbrauchsteuer oder Zölle? Prüfung DAC-6- Kennzeichen erforderlich (z.B. standardisierte Struktur) ja nein nein nein ja oder unklar oder unklar ja » Bei Meldeverstößen riskiert man in Deutschland ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro je Meldeverstoß. « Martin Wolff, Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Kanzlei Curtis, Mallet-Prevost, Colt & Mosle LLP in Frankfurt DAC-6 -Meldepflicht wird umgesetzt 270 N o. 3/2021 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | DAC 6 FOTO: © CURTIS, MALLET-PREVOST, COLT & MOSLE LLP, CRAZYCLOUD | STOCK.ADOBE.COM

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