Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

Unternehmenspolitik. Ein Unternehmen, das sich nicht ständig mit der Erstellung von Quartalszahlen auseinandersetzen muss oder mit der Kommunikation mit Analys- ten, kann sich stärker auf das eigentliche Geschäft konzentrieren. Auch das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil von Pri- vate Equity. Was genau meinen Sie? Rolf Wickenkamp: Es gibt eine Reihe sehr in- teressanter Untersuchungen beispielsweise von zwei Harvard-Ökonomen, die sich spe- ziell mit dem Thema Private Equity und Venture Capital auseinandergesetzt haben. Darin zeigt sich, dass sich viele Unterneh- men, die als Spin-offs eines Konzerns in Private-Equity-Hand gekommen sind, mehr oder weniger schlagartig besser entwickelt haben. Nicht nur weil das Management anders incentiviert wurde, sondern auch weil mit einem Mal keine Konzernabteilung mehr auf die Ablieferung von Quartalszah- len oder Planungs- und Controlling-Doku- menten gedrängt hat. Das Management konnte sich viel stärker auf sein Kernge- schäft, seine Kunden und seine Produktent- wicklung konzentrieren, statt seine Zeit mit konzerninterner Bürokratie und Administra- tion zu verbringen. Wird aber nicht dem Private-Equity-Inves- tor aufgrund der nicht täglichen Bewertung seines Investments ein schönes Bild vorge- gaukelt, das eigentlich gar nicht die reale Entwicklung wiedergibt? Man denke nur an den Börsencrash im vergangenen Jahr, der im Private-Equity-Bereich im Grunde gar nicht sichtbar geworden ist. Rolf Wickenkamp: Aber Private Equity bedeu- tet doch nicht, dass die für ein Investment relevanten Zahlen nicht zur Kenntnis ge- nommen würden. Der Unterschied ist ledig- lich, dass sie nicht veröffentlicht werden. Der General Partner sieht natürlich perma- nent, wie sich seine Beteiligungsfirmen ent- wickeln, und kann entsprechend agieren, der Investor, was in seinem Fonds passiert, mindestens auf Quartalsbasis. Falls etwas aus dem Ruder laufen sollte, gibt es ent- sprechende Warnhinweise zur Liquiditäts-, Kosten- oder Umsatzentwicklung, wie wir dies im ersten Covid-19-Jahr vor allem in stark tangierten Branchen erlebten: Reisever- anstalter, Restaurantketten, Messedienstleis- ter etc. Nach dem sogenannten Niederst- wertprinzip werden dann die entsprechen- den Bewertungen dieser Unternehmen kor- rigiert. Diese Daten sind nicht öffentlich und folgen allenfalls eingeschränkt und zeit- lich versetzt denen von Public Equity, ver- setzen Investoren aber sehr wohl in die Lage zu sehen, wie sich ihr Private-Equity- Investment entwickelt. Eine dem Crash der Börsen 2020 vergleichbare dramatische Bewertungskorrektur hat bei Private Equity – wie in vielen vergleichbaren Situationen der letzten Jahrzehnte – nicht stattgefunden. Zum Abschluss bitte noch ein Wort zum Thema Nachhaltigkeit, das aus der Branche inzwischen nicht mehr wegzudenken ist. Wie ist Ihr Unternehmen aufgestellt? Rolf Wickenkamp: Auch unsere Kunden, ins- besondere Family Offices, kirchliche Ein- richtungen und Stiftungen, aber auch mehr und mehr Versicherungen und Versorgungs- werke wollen natürlich wissen, wie wir mit dem ESG-Thema umgehen. Wir arbeiten sowohl mit Ausschlusskriterien in Bezug auf bestimmte Branchen und Themen als auch mit Positivkriterien, was mit Blick auf das Thema Impact Investing immer mehr an Bedeutung gewinnt. Wir haben ein eige- nes ESG-Komitee, das unsere entsprechen- de Strategie definiert hat und ständig wei- terentwickelt. Unser ESG-Officer nimmt an Sitzungen unserer Investment Committees teil, ist also tief in unsere Investmentent- scheidungen involviert. Auch für unser eigenes Unternehmen haben wir ambitio- nierte ESG-Ziele. Insofern sehen wir uns in jeder Hinsicht gut aufgestellt. Wir danken für das Gespräch. HANS HEUSER » Private Equity bedeutet doch nicht, dass die für ein Investment relevanten Zahlen nicht zur Kenntnis genommen würden. « Rolf Wickenkamp, Co-CEO CAM Alternatives 262 N o. 3/2021 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N | DR . ROL F WI CK ENKAMP | CAM A LT E RNAT I VE S FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT

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