Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

toren abzuklären, wenn das Management unsere Unterstützung benötigt.“ Geduld und Support Unternehmen, in die Baillie Gifford in- vestiert, wissen, dass man es nicht eilig hat, sie zu einem Börsengang zu drängen. Man unterstützt Firmen in vielen Fällen durch mehrere private Finanzierungsrunden, bevor diese eine Börsennotiz anstreben. Und wenn es dann zum Going Public kommt, hat Baillie Gifford die nötige Feuerkraft, sie zu unterstützen und ihnen weiterhin zur Seite zu stehen. Ende 2020 haben die Kun- den von Baillie Gifford fast fünf Milliarden US-Dollar in private Unternehmen weltweit investiert – und weitere 40 Milliarden US- Dollar in gelistete Unternehmen, in die Baillie Gifford zuerst investiert hatte, als sie noch privat waren. Dieses Verhalten festigt den Ruf bei Vorstandsmitgliedern und Managementteams und verhilft zu weiter- führenden Kontakten. Ein weiteres Spezifikum von Baillie Gifford ist die Art und Weise, wie man die nicht gelisteten Firmen unterstützt. Da gibt es nicht die bekannten sieben- oder zehn- jährigen Fonds, die für Venture-Capital-In- vestments typisch sind. Die große Mehrheit von Baillie Giffords Privatmarktinvestments werden von auf Dauer angelegten Rechts- personen – geschlossene Investmentgesell- schaften, deren Anteile an der Börse gehan- delt werden können – getätigt. Kunden kön- nen dann Anteile an diesen Vehikeln kaufen und verkaufen, ohne dass die Unternehmen unter Druck gesetzt werden können, eine unternehmerische Entscheidung zu treffen, nur um den Anlegern Liquidität zu ver- schaffen. Diese Vehikel sind auch in der Lage, Unternehmen an die Börse zu brin- gen. Baillie Gifford begleitet dann diese Firmen auf ihrem Weg an die Börse über viele Jahre hinweg mit demselben Team und Vehikel, das zuerst investiert hat. Kontinuität Bei Baillie Gifford gibt es keine Firewall zwischen Spezialisten für privat geführte Unternehmen und den Teams für die an Börsen gelisteten. Tatsächlich wird das Kernteam von sieben Spezialisten für pri- vate Investments durch mehr als 30 weitere Baillie-Gifford-Investment-Manager ergänzt, die ihre Zeit zwischen privaten und geliste- ten Investments aufteilen. Jeder dieser 30 hat individuell ein Privatmarktinvestment innerhalb von Baillie Gifford geleitet. Das Research, das diese Gruppe erstellt, wird dann im zentralen Research Hub zur Ver- fügung gestellt, und zwar für alle über 120 Baillie-Gifford-Investoren. Das Ergebnis ist, dass Baillie Gifford eine ununterbrochene Beziehung mit dem Management privater Beteiligungen unterhält, wenn die Unter- nehmen schließlich an die Börse gehen. Dies ermöglicht den Aufbau tiefer Bezie- hungen und somit ein Verständnis für jedes spezifische Unternehmen. Das gibt den Gründern die Gewissheit, dass sie mit Bail- lie Gifford einen potenziellen Investor für den Börsengang zur Seite haben, der sie wirklich kennt. Fazit Die Kapitalbeschaffung für Unternehmen hat sich in den letzten Jahren wesentlich verändert. Wachstumsinvestments finden nun vor dem eigentlichen Börsengang in ausgedehnten privaten Finanzierungsrunden von Late-Stage-Unternehmen statt. Börsen- gänge verschieben sich nach hinten und werden von immer größeren Unternehmen durchgeführt. Nur wer versteht, wie die heutige Unternehmerschaft tickt, hat eine Chance, als Investor überhaupt akzeptiert zu werden. Ein langer Anlagehorizont ist dabei vonnöten. Für Asset Manager wird es immer wichtiger, sich bereits lang vor dem IPO an Unternehmen zu beteiligen und Geduld mitzubringen. Unterstützung dort anzubieten, wo sie gesucht wird, ist auch ein Schlüssel zum Erfolg, ohne sich auf- drängen zu wollen oder pushy im Hinblick auf ein mögliches IPO zu wirken. Häuser wie Baillie Gifford, die selbst nicht börsen- notiert sind und daher keinen Drang von- seiten ihrer Investoren verspüren, Quartals- leistungsausweise zu liefern, sind hier im Vorteil. Das Mitnehmen von ausgesuchten institutionellen Kunden auf diese Reise ist dank der Trust-Konstruktionen im angel- sächsischen Raum leichter, doch auch am Kontinent sollten sich Mittel und Wege fin- den, Investoren mit ruhiger Hand bereits vor dem IPO partizipieren zu lassen, wo die Ertragschancen noch höher sind. DR. KURT BECKER Baillie Giffords Investments in Europa Rolle als Wachstumsbeschleuniger auch in Deutschland wahrgenommen Z u den Engagements gehören der britische Online-Geldtransfer-Service Wise (früher: TransferWise) aus Lon- don, in den auch Peter Thiels Wagniska- pitalgesellschaft Valar Ventures investiert hat, und der schwedische Hersteller von Lithium-Batterien für Elektroautos, North- volt, der zum europäischen Champion für „grüne“ Batterien werden könnte. Ste- phen Paice, Head of European Equity Team bei Baillie Gifford in London, sagt: „Beide Unternehmen wachsen stark und haben das Potenzial, ihren Markt eines Tages zu dominieren.“ Auch in Deutschland hat Baillie Gifford das Engagement in Unternehmen an der Börse und außerhalb der Börse in den vergangenen Jahren deutlich hochgefah- ren. Zu den jüngeren nicht börsennotier- ten Investments der Schotten zählen der Fernbusbetreiber Flixmobility, der sich gerade 650 Millionen US-Dollar zusätzli- che Finanzierung von Wagniskapitalge- bern gesichert hat und als Börsenkandi- dat gilt, sowie das Logistik-Start-up Senn- der. Der Spezialist für digitale Logistik um Lkw-Komplettladungen gilt ebenfalls als IPO-Kandidat und könnte mit Baillie Gif- ford als Beschleuniger und Finanzier für weitere Zukäufe schon 2022 an die Börse kommen. Paice dazu: „Sennder kann als Konsolidierer des noch sehr kleinteiligen, aber insgesamt riesigen Marktes für die Preisbildung und Vermittlung von Last- wagentransporten auftreten.“ Weitere deutsche Unternehmen, die Baillie Gifford in den Europa-Portfolios hält, sind der Online-Modehändler Zalando, der Online-Essenslieferant Deli- very Hero, der Medizintechnikkonzern Carl Zeiss Meditech, das IT-Systemhaus Bechtle, der Großküchenausstatter Ratio- nal, der Kochboxenversender HelloFresh, der Online-Gebrauchtwagenhändler Au- to1 sowie das Biotech-Unternehmen Mor- phosys. 244 N o. 3/2021 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N | PR E - I PO - I NVE S TMENT S

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