Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

Marktes insgesamt, was nicht nur Auswir- kungen auf die Private-Equity- und Venture- Capital-Szene, sondern noch viel mehr auf die Asset-Management-Industrie in ihrer Gesamtheit hat. Denn weniger Firmen als früher suchen ihr Heil in einem Börsen- gang, und jene, die den kostenintensiven Schritt mit seinen vielen Vorschriften schließlich doch wagen, tun dies im Schnitt signifikant später als in der jüngeren Ver- gangenheit. Das Durchschnittsalter eines amerikanischen Unternehmens, das an die Börse geht, beträgt heute zwölf Jahre, wäh- rend es zum Start des Millenniums 50 Pro- zent weniger waren. Das trägt mit dazu bei, dass diese sogenannten „Late Stage“-Fir- men eine höhere Bewertung als früher auf- weisen. Die aggregierte Bewertung aller Late-Stage-Firmen in den letzten Jahren ist geradezu explodiert. So waren etwa 2006 alle Einhörner – also Unternehmen mit einer Bewertung von mehr als einer Milli- arden US-Dollar – etwas weniger als zehn Milliarden US-Dollar wert, 2019 waren es dann schon 1,8 Billionen an kumulierter Bewertung all dieser Firmen. Wie es scheint, hat die Börse ihren Glamour als Ort der Wachstumsfinanzierung bei vielen der jungen Entrepreneure verloren. Denn auch die x-te Mega-Finanzierungsrunde kann ohne den öffentlichen Marktplatz gestemmt werden, wenn Story und Zahlen stimmen und der Kreis der Beteiligten nicht den schnellen Exit via IPO sucht. Die Taschen der Private-Equity-Fonds sind sehr gut ge- füllt – Stichwort Dry Powder im Überfluss – und sie würden nur zu gern bei den Late- Stage-Firmen einsteigen, doch die Entrepre- neure von heute mögen diese Klasse von Investoren ganz und gar nicht, die ihnen vorschreiben wollen, wie sie ihre Geschäfte zu führen haben. Und die Firmengründer sind auch nicht auf deren tiefe Taschen an- gewiesen, weil sie lieber viel länger allein an den Schalthebeln inmitten eines stabilen und langfristig orientierten Aktionärskreises sitzen, der kurzfristige Gewinnoptimierung nicht auf seiner Agenda hat. Wenn weniger Unternehmen immer später an den öffentlichen Markt kommen, wird es für Fondsgesellschaften immer wichtiger, bereits vor dem Börsengang investiert zu sein. Von engen Beziehungen der Fondsgesellschaft zum Management der privaten Firmen und entsprechenden Netz- werkeffekten im Beteiligungsportfolio pro- fitiert auch der klassische institutionelle und private Fondsanleger, wenn die Unterneh- men schließlich ein Listing erhalten. Bei Baillie Gifford jedenfalls nimmt der Anteil an „Unlisted Equity“ stetig zu. Insgesamt ist man mit zirka fünf Milliarden US-Dollar in ungefähr 90 Private Companies investiert. Die Grafik „Schmuckes Portfolio“ zeigt eine Übersicht, wobei man darunter auch bereits verkaufte oder an die Börse gebrach- te Unternehmen findet wie beispielsweise Auto1, CureVac, Delivery Hero, Hellofresh. Noch nicht in der Aufstellung enthalten sind etwa der deutsche Flugtaxi-Pionier Lilium und Northvolt, ein schwedisches Unterneh- men, das Lithium-Ionen-Batterien für Elek- troautos und zur Energiespeicherung ent- wickelt und produziert. Geänderter Lebenszyklus Robert Natzler, Investment Manager, Pri- vate Companies, Baillie Gifford, fasst die bedeutsamen Änderungen der letzten Jahre zusammen: „Der Lebenszyklus von Unter- nehmen hat sich geändert. Und das hat sich darauf ausgewirkt, wie wir investieren. Bör- sengänge gibt es auf den wichtigsten Märk- Wenn weniger Unternehmen immer später an den öffentlichen Markt kommen, wird es für Fondsgesellschaften immer wichtiger, bereits vor dem Börsengang investiert zu sein. Das schottische Investmenthaus Baillie Gifford genießt den Ruf, hier auffällig oft zu den „frühen Vögeln“ zu zählen. N o. 3/2021 | www.institutional-money.com 241 P R O D U K T E & S T R A T E G I E N | PR E - I PO - I NVE S TMENT S

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=