Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

E ine Utopie des 20. Jahrhun- derts, die im 21. Jahrhundert Realität geworden ist – so se- hen Befürworter die Errungen- schaften rund um das Forschungsgebiet der künstlichen Intelligenz. Eine hochgejubelte Fantasie, deren Durchbruch seit 70 Jahren regelmäßig aufs Neue gefeiert wird, um letzten Endes immer wieder aufs Neue zu enttäuschen – so sehen es die Kriti- ker mit Verweis auf die viel beschwore- ne „KI-Eiszeit“ in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, als die Forschung in diesem Bereich de facto stillstand. Steigende Produktivität Vor etwas mehr als einem halben Jahrzehnt aber setzte eine KI-Renaissance ein, die sich in vielen – vor allem digitalen – Bereichen bereits festgesetzt hat. Sprach- und Gesichtserkennung, automatisiertes Übersetzen, juristische Schriftsätze, die in großem Stil von KI-Zentren in Großbritannien aufgesetzt werden, und natürlich die ersten Versuche des autonomen Fahrens sind einer relativ breiten Öffentlichkeit ein Begriff. Entsprechende makroökonomische Effekte sind zu erwarten, wobei es laut einer Einschätzung von Colum- bia Threadneedle vor allem um den Anstieg der Arbeitsproduktivität geht. Und einmal mehr bilden die Skandinavier eine Speerspitze. So soll die KI-bedingte Arbeitsprodukti- vität in Schweden bis 2035 um 37 Prozent zulegen. In Österreich und Deutschland sind es immerhin 30 respektive 29 Prozent (siehe Grafik „Anstieg der Arbeitsproduktivität“) . Wo die anfängliche Euphorie zu- nächst jedoch schnell verpufft ist, ist das Asset Management. Anekdotisch wurde zwar vor allem aus Asien immer wieder von sagenhaften Gewinnen in Kri- sensituationen berichtet – Quant-Päpste wie David Harding, Gründer von Winton Capi- tal, schimpften aber auf künstliche Intelli- genz im Asset Management als eine von vielen Blasen, die er sich aufblähen und wieder platzen gesehen habe. Tatsächlich hat man in letzter Zeit wenig über künstliche Intelligenz im Bereich Asset Management gehört – dürften Kritiker wie Harding also recht behalten? Nicht unbe- dingt. Hendrik Leber, Gründer und CEO von Acatis Investment, gehört mit dem im Jahr 2017 lancierten Acatis AI Global Equi- ties zu den deutschen Pionieren in Sachen KI und Asset Management. Er spricht von einer Art Marktbereinigung und von den Blendern, die letzten Endes nicht bestehen konnten. Weniger Outperformance Doch wie sieht es insgesamt mit dem KI- Universum aus? Wie haben von KI gelenkte Fonds in den vergangenen Jahren nun tatsächlich performt? Diese Frage stellt sich Günter Jäger, Gründer und CEO des Finanzdienst- leisters Plexus Investments. Er gibt den AI Outperformance Index her- aus. Dieser besteht aus Fonds, „die in ihrem Anlageprozess künstliche Intelligenz oder maschinelles Lernen einsetzen. Die Berechnungen basie- ren auf der monatlichen Outperfor- mance jedes Fonds gegenüber der jeweiligen Benchmark“, wie Jäger erklärt. Hier scheint sich aber die Be- fürchtung, wonach es sich bei KI nur um ein Strohfeuer gehandelt hat, zu bestätigen, hat doch die Outper- formance von Fonds, die durch künstliche Intelligenz gesteuert wer- den, in jüngster Zeit kontinuierlich Während die Nachrichtenlage rund um künstliche Intelligenz im Asset Management eher dünn geworden ist, hat hinter den Kulissen ein Reifeprozess eingesetzt, der sich nicht zuletzt im Markteintritt des Fondsgiganten DWS widerspiegelt. Anstieg der Arbeitsproduktivität Welche Effekte die KI bis 2035 haben wird Das Research von Columbia Threadneedle ortet durch den Einsatz von KI teils gewaltige Fortschritte in der Arbeitsproduktivität. Den größten Sprung dürfe man in Teilen Skandinaviens erleben. Quelle: Columbia Threadneedle +37 % +36 % +35 % +34 % +30 % +29 % +27 % +25 % +20 % +17 % +12 % +11 % Schweden Finnland USA Japan Österreich Deutschland Niederlande VK Frankreich Belgien Italien Spanien » Vor zwei Jahren hatte unser AI Outperformance Index zwölf Mitglieder, mittlerweile sind es 16. « Günter Jäger, Gründer und CEO Plexus Investments Mit breiter Brust 226 N o. 3/2021 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N | KÜNS T L I CHE I NT E L L I GENZ FOTO: © BIRGIT BIELEFELD, DIGILIFE | STOCK.ADOBE.COM

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