Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

ist der GSI positiv, im gegenteiligen Fall negativ. Die Autoren beobachten von 2010 bis 2020 US-Aktien aus NYSE, NASDAQ und AMEX. Inwieweit eine Aktie beziehungs- weise das dahinter stehende Unternehmen nachhaltig agiert, entnehmen die Autoren dem Nachhaltigkeits-Score (ENV Score) von Sustainalytics. Das ETF-Universum der USA wird von Bloomberg gezogen. Nach diversen Qualitäts- und Kategorisierungsfil- tern bleiben 1.195 nicht gehebelte Aktien- ETFs übrig. Diese werden in zwei Gruppen unterteilt: grüne ETFs und herkömmliche ETFs. Die Kategorisierung erfolgt lexikal. Alle Produkte, die in ihrer Bezeichnung „Carbon“, „sauber“, „erneuerbar“ und an- dere eingängige Schlagworte verwenden, werden der grünen Gruppe zugeordnet. In einem zweiten Schritt werden die restlichen ETFs manuell gescannt und bei Erfüllung diverser ESG-Kriterien ebenfalls der grünen Gruppe zugeordnet. Green Sentiment Index Damit hätten die Autoren alle Daten zu- sammengetragen, um den GSI über die Dif- ferenz der Arbitrage-Tätigkeit zu berechnen. Um die Funktion des Index in einen Kon- text zu setzen, vergleichen sie den Verlauf des GSI mit zwei anderen Indizes, die eben- falls das Sentiment rund um das Thema Nachhaltigkeit messen sollen (siehe Chart „Green Sentiment schlägt während Pande- mie aus“) , nämlich dem Crimson Hexagon Negative Climate News Index und dem Google Climate SVI. Der Crimson- Index läuft von 2008 bis 2018 und wird von den Autoren verwendet, weil er als Referenzindex in anderen einschlägigen Studien zum Einsatz kam. Er ist für die Autoren außer- dem, interessant, weil über ihn lexi- kal Artikel ausgewertet werden, die das Thema Klimawandel behandeln und ein negatives Sentiment aufwei- sen. „Der Index stellt einen Nähe- rungswert an Klimarisiken dar und spiegelt somit fundamentale Risiko- faktoren wider. Dass der GSI negativ mit dem Crimson-Index korreliert, ist ein erster Hinweis darauf, dass unser Index losgelöst von Funda- mentaldaten funktioniert“, wie Ra- melli erklärt. Es erhärtet sich also der Verdacht, wonach der GSI tat- sächlich eine reine Marktbefindlichkeit in Form von ökologischem Interesse abbildet. Der Google-Index gibt hingegen nur die Suchhäufigkeit nach dem Thema „Klima- wandel“ wieder – dass GSI und Google korrelieren, stellt keine Überraschung dar. Covid-19-Spitze Spannend ist jedenfalls die Tatsache, dass der GSI rund um den Ausbruch der Pande- mie einen Ausschlag nach oben aufweist. Dieser fällt ziemlich genau mit den Korrek- turen an den weltweiten Aktienmärkten im Frühjahr 2020 zusammen. Soweit die empirische Beobachtung. Doch welchen Nutzen kann der GSI den Marktteilnehmern bringen? Und vor allem: Handelt es sich bei Green Sentiment tat- sächlich um einen Faktor, der den Markt beeinflusst – losgelöst von fundamentalen Faktoren auf Firmenebene wie beispielswei- se Profitabilität oder Risiko? Denn genau das wäre ja die Ausgangsthese: Grünes Bewusstsein hätte demnach Einfluss auf Aktienkurse, egal welche anderen Funda- mentaldaten sonst noch in die Marktent- wicklung hineinspielen. Um diese anderen Faktoren herauszufiltern, wurde das gesam- te Sample einer Regression unterzogen, die den Zusammenhang zwischen Ertrag und Green Sentiment untersuchen soll – als Kontrollvariablen berücksichtigt werden Hebel, Markt-Beta, Marktkapitalisierung, -verhältnis sowie die Faktoren „Profitabili- tät“ und „Momentum“ (siehe Tabelle „Un- ternehmen mit ökologischem Gewissen pro- fitieren von ‚grünem‘ Bewusstsein – Funda- mentaldaten egal“) . Die Resultate dieser Regression sind durchaus bemerkenswert. Fundamental unbegründbar Sieht man sich nur den Zusammenhang zwischen Green Sentiment und Markt an, so besteht eine negative Korrelation zwi- schen GSI und Ertrag. Steigt der Index um eine Standardabweichung, so sinken die Er- träge des Marktes um 1,2 Punkte. Dieser Effekt ist über sechs Monate hinweg statis- tisch hoch relevant und spiegelt die Beob- achtung wider, wonach der GSI im Frühjahr 2020 in die Höhe geschossen ist, während die Märkte auf Tauchsta- tion gegangen sind. Fundamentale Faktoren wie Buch-zu-Kurs oder Profitabilität spielen hingegen de facto keine Rol- le. Einzig „Leverage“ schafft zum Zeitpunkt null einen Zusammenhang – allerdings spielt sich dieser auf einem schwachen 90-prozentigen Konfidenzniveau ab, um sich später zu verflüchtigen. Eine Rolle spielt hingegen der Marktfaktor Momen- tum – zumindest in den ersten vier Monaten nach einem substanziellen Anstieg des GSI. Nun könnte der Verdacht aufkei- men, wonach ein zunehmendes öko- logisches Bewusstsein generell schlecht für die Märkte wäre. Das Beständiger Sonderertrag Welche Erträge sich nach einem Anstieg im Green Sentiment Index ergeben Im Gegensatz zu vielen anderen von Sentiment getragenen Erträgen scheinen sich jene, die sich aus ESG-Präferenz ergeben, weder aufzulösen noch ins Gegenteil zu verkehren. Quelle: Studie 0,0 % 0,2 % 0,4 % 0,6 % 0,8 % 1,0 % 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Monate nach Veränderung des GSI Ertrag nach GSI-Abweichung um eine Standardabweichung 90 % Konfidenz Effekte in Prozent » Unser Index funktioniert losgelöst von Fundamentaldaten. « Stefano Ramelli, Universität Zürich 200 N o. 3/2021 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N | E SG -ME THOD I K

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