Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

übergreifende. Die gibt es aber in gro- ßen Teilen noch nicht. Wir unterhalten uns mit einigen Ka- pitalmarktteilnehmern, wie sie ihre nichtfinanziellen Ziele formulieren, wie sie das Thema angehen und welche Daten sie einsetzen – und wie sie am Ende überprüfen, ob die gesetzten Ziele auch erreicht wurden. Viele Treiber des Trends „Die Treiber des Nachhaltigkeits- trends sind zum einen der eigene An- spruch des Unternehmens, aber natür- lich auch die Wettbewerber und die Re- gulierung“, erklärt Dr. Uwe Siegmund. Er ist Chief Investment Strategist der R+V Versicherung und Nachhaltigkeits- manager Kapitalanlagen. Was die Regu- lierung betrifft, hat zuletzt die Europäi- sche Offenlegungsverordnung (Sustai- nable Finance Disclosure Regulation, SFDR) dem Thema innerhalb der R+V einen deutlichen Schub verliehen, wobei der Versicherer auch schon vor- her daran gearbeitet hat. Die SFDR ist seit 10. März 2021 in Kraft und fordert, dass Anbieter von Finanzprodukten offenlegen müssen, • wie und in welchem Ausmaß sie die Taxonomie nutzen, um die dem In- vestment zugrunde liegende Nachhaltig- keit zu bestimmen • zu welchem Umweltziel das Investment beiträgt und • wie hoch der taxonomiekompatible Anteil der Investments ist (Prozentzahl). Unterschieden wird nun in Artikel-6-, Artikel-8- und Artikel-9-Fonds, was grob beschrieben Nicht-ESG, Light-Green- und Dark-Green-Produkte sind. „Obwohl wir als Versicherer auch unter die SFDR fallen, passen die Regelungen zu uns weniger gut als beispielsweise zu Fonds oder ETFs“, meint Siegmund und erklärt, warum: „Eine Investmentgesellschaft kann viele verschiedene Fonds auflegen und mit jedem ein anderes Impact- oder Nachhaltig- keitsziel verfolgen. Das Sicherungsvermö- gen einer Versicherung ist quasi wie ein rie- siger, ewig laufender Mischfonds, und dafür müssen wir uns jetzt auf mindestens ein Umwelt- oder Sozialziel festlegen, um uns nach Artikel 8 zu qualifizieren.“ Nicht nur die Ziele sind genau anzugeben, sondern auch, wie man diese über Ausschlüsse oder andere Verfahren erreichen will. Der Prozess ist angestoßen, aber die Re- gulatorik fordert bislang nur zwei Schritte: Festlegung der Ziele und Erklärung, wie man sie erreichen will. Die Zielerreichungs- messung ist bislang nicht Pflicht, sondern Kür. Auch ist noch nicht festgelegt, dass ein bestimmter Prozentsatz der Kapitalanlagen nachhaltig anzulegen ist. Viele Marktteil- nehmer gehen davon aus, dass die Regula- toren nach einer gewissen Eingewöhnungs- phase beides künftig zur Pflicht machen. Doch geht man ins Detail, haben es schon die ersten beiden Schritte in sich. „Auch wir als R+V-Versicherung wollen natürlich nachhaltiger werden. Aber wir möchten uns nicht nur auf ein oder zwei ESG-Ziele festlegen. Daher haben wir bei uns einen ESG-Scoring-Prozess implemen- tiert, der zu einem Gesamtscoring führt“, so Siegmund. Wie die einzelnen E-, S- und G- Faktoren gewichtet werden, das bestimmt die R+V. Für ein solches Scoring werden Daten benötigt – viele Daten. „Hier arbeiten wir mit nichtfinanziellen Daten, und der Umgang damit ist für den Finanzsektor bi- slang noch weitgehend ungewohnt. Wir alle müssen noch das vertiefte Verständnis dafür erwerben“, erklärt Siegmund. Die meisten Anbieter von Finanzprodukten kaufen die nichtfinanziellen Daten von spezialisierten Datenhäusern, die R+V beispielsweise nutzt zwei Anbieter. „Einige Fondsgesellschaften nutzen noch mehr Datenanbieter, weil sie zum einen Fonds mit unterschiedlichen Nachhaltigkeitsschwerpunkten anbieten und zum anderen ihren Kunden die jeweils ge- wünschten Daten liefern wollen“, beobach- tet Siegmund. Bei der Gewichtung des Scorings orien- tiert sich die R+V an den Methodiken der ESG-Datenanbieter, regulatorischen Vorga- ben, Selbstverpflichtungen und eigenen An- sprüchen. Um die Auswirkungen der Inves- titionstätigkeit auf E-, S- und G-Ziele sicht- barer zu machen, misst die R+V zusätzlich ihren Beitrag zu den 17 Nachhaltigkeitszie- len der UN, den sogenannten SDGs. Sieg- mund verweist darauf, dass die 17 SDGs Die Methodik zur Erhebung nichtfinanzieller Kennzahlen steckt noch in den Kinderschuhen. Hier stehen auch kaum anerkannte Benchmarks zur Verfügung. Finanzkennzahlen wurden hingegen schon über Jahrzehnte entwickelt und gelten mittlerweile weltweit. N o. 3/2021 | www.institutional-money.com 191 P R O D U K T E & S T R A T E G I E N | IMPAC T I NVE S T I NG

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