Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

geschätzten Anstieg der aggregierten Marktbewertung um durchschnittlich das Fünffache. Je nach Spezifikation liegt die Spanne des Multiplikators dabei beim Drei- bis Achtfachen. Das Modell ist symmetrisch, sodass die Aussage umge- kehrt auch für Abflüsse gilt, die einen entsprechenden Rückgang der gesamten Marktbewertung verursachen. Der Multiplikator ist das Spiegelbild der geringen Preiselastizität der Nach- frage: Steigt der Preis des Aktienport- folios um fünf Prozent, sinkt die Nach- frage nur um ein Prozent, was eine Preiselastizität von 0,2 ergibt. Die Auto- ren schreiben, dass die meisten Modelle eine hundertmal höhere Preiselastizität beziehungsweise einen hundertmal ge- ringeren Multiplikator erwarten lassen. Das ist auch der Grund, weshalb die nun geschätzte sehr viel höhere Emp- findlichkeit der Kurse gegenüber Flows weitreichende Konsequenzen hat. Makro vs. Mikro Der Ausgangspunkt des Papers ist die Frage, wie sich die Bewertung des Ge- samtmarktes verändert, wenn Anleger einen Dollar von Anleihen in Aktien umschichten. Damit zielen die Autoren auf die Makroelastizität des Marktes ab. Diese ist von der Mikroelastizität zu unterscheiden, die sich auf die Frage der relativen Preisänderungen bei Um- schichtungen innerhalb des Aktien- universums richtet. Grundsätzlich sollte die Makroelastizität niedriger sein als die Mikroelastizität, wenn man bedenkt, dass ähnliche Aktien wie General Motors und Ford bes- sere Substitute sind als Aktien und Anleihen. Vor Veröffentlichung ihrer Studie führten die Autoren eine interessante Umfrage durch: „Wenn ein Fonds Aktien im Wert von einer Milliarde Dollar kauft (dauerhaft; es werden Anleihen verkauft, um diese Position zu finanzieren), und zwar langsam über ein Quartal hinweg, wie verän- dert sich dann der gesamte Markt- wert der Aktien?“ Der Median der insgesamt 294 Antworten lag bei einem Multiplikator von null und der Median der Antworten mit positivem Wert bei 0,01. Das verdeutlicht, wie sehr sich die meisten Marktteilneh- mer auf das Effizienzmarktmodell stützen, in dem die Kurse nicht durch Kapitalflüsse beeinflusst wer- den – und wie weit die Ergebnisse von Gabaix und Koijen davon ent- fernt liegen. Es wurde auch noch eine zweite Frage gestellt, und zwar nach dem Segment, das dem Markt die vermutete Preiselastizität ver- leiht. Die häufigsten Antworten wa- ren Hedgefonds und Broker-Dealer – mehr dazu später. Methodisch arbeiten die Forscher mit einem granularen Instrumental- variablen-Ansatz, den sie im vergan- genen Jahr in einem eigenständigen Paper vorstellten. Die Kernidee be- steht dabei darin, durch große Insti- tutionen oder Sektoren ausgelöste Nachfrageschocks zu untersuchen. Um diese Schocks zu extrahieren, Aktienquoten Großanleger Die Aktienquoten großer Anlegergruppen sind im Zeitablauf stabil. Dargestellt ist der durchschnittliche wertgewichtete Aktienanteil einzelner Anlegergruppen im Zeitablauf. Die Mandate sind insgesamt recht rigide und werden im Modell durch eine niedrige Elastizität abgebildet, die aus den hohen Aktienquoten resultiert. Quelle: Gabaix, X. / Koijen, R. S. J. (2021), In Search of the Origins of Financial Fluctuations: The Inelastic Markets Hypothesis, S. 8 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % ETFs Target Date Pensionsfonds Klassische Fonds Klassische Pensionsfonds Q1 1993 Q3 1997 Q1 2002 Q3 2006 Q1 2011 Q3 2015 Q1 2020 Aktienquote Wie stark beeinflusst das Marktgeschehen selbst die Preisentwicklung von Aktienkursen? Anhänger der Markteffizienztheorie würden annehmen, dass das gar nicht der Fall ist – allem Anschein nach liegen sie damit aber falsch. N o. 3/2021 | www.institutional-money.com 153 T H E O R I E & P R A X I S | UNE L A S T I S CHE MÄRK T E

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