Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

E s ist keine neue Idee, Kurs- rücksetzer am Markt für Käufe zu nutzen. Doch seit dem Corona-Crash im Frühjahr 2020 scheint das Kaufen jedes noch so kleinen Dips ganz besonders in Mode gekommen zu sein. In dieser Zeit wurde die einfache Heuristik vor allem über Social-Media-Plattformen und in der Generation der Millennials populär. Wie Thomas Shohfi und Majeed Simaan in ihrem Paper „Buy the Dip“ schreiben, stieg die Google-Suchaktivität für den Begriff im März 2020, dem Monat des Crash-Tiefs, um mehr als 1.500 Prozent. Implizites Timing Die grundsätzliche Idee von „Buy the Dip“ (BTD) besteht darin, einen Timing- vorteil am Markt zu erzielen, indem für den (erneuten) Einstieg in den Aktienmarkt auf Kurskorrekturen gewartet wird. Allerdings ist das mit Opportunitätskosten verbunden: Anlegern können bei Ausbleiben eines ent- sprechenden Rücksetzers hohe Renditen entgehen, während sie weiter Cash halten. Umgekehrt ist auch denkbar, dass ein Aus- verkauf keine Einstiegschance ist, sondern sich als Anfang einer Reihe anhaltend schlechter Nachrichten innerhalb eines län- geren Bärenmarktes herausstellt, in dem der Verkauf von Erholungsbewegungen (Sell the Rip) die attraktivere Strategie darstellt. Aus der Behavioral-Finance-Forschung ist aber bekannt, dass schlechte Nachrichten eine stärkere Wirkung haben als gute. Soll- ten die Marktteilnehmer also in einem nega- tiven Umfeld überreagieren, könnte das systematische Kaufen großer Rücksetzer durchaus vorteilhaft sein. Anhand dieser Überlegungen lässt sich bereits erkennen, dass die Höhe des erfor- derlichen Rücksetzers wohl eine entschei- dende Rolle dabei spielt, ob es sich um eine gute oder eine schlechte Idee handelt. Außerdem haben Anleger unterschiedliche subjektive Markterfahrungen und Überzeu- gungen, ab welchem Umfang von Kursver- lusten eine Kaufgelegenheit als attraktiv einzuschätzen ist beziehungsweise wann die Wahrnehmung von einer Chance in eine Gefahr umschlägt, zum Beispiel in einem Crash. In der Studie werden verschiedene Spe- zifikationen einer BTD-Strategie im Ver- gleich zur passiven Benchmark untersucht. „Passiv“ bedeutet dabei, dass jegliches Cash Der zunehmende Einfluss sozialer Medien auf die Finanzmärkte hat Anleger ermutigt, Kursrücksetzer systematisch zu kaufen (Buy the Dip) . Eine aktuelle Studie untersucht, ob diese einfache Heuristik tatsächlich vorteilhaft sein kann. Einmaliger Betrag Buy the Dip: langfristig kaum Vorteile, aber potenziell hohe Opportunitätskosten Die beiden Subgrafiken zeigen das Endvermögen (ausgehend von einem Startwert von 1) bei Investition eines einmaligen Betrags in Abhängigkeit verschiedener Werte für die Höhe des Rücksetzers (x) sowie die Anzahl an Tranchen (k). Zeitraum: 1994 bis 2020 (links) bzw. 2008 bis 2020 (rechts). Intensive rote (blaue) Farben zeigen hohe (niedrige) Werte. Ganz außen ist in beiden Subgrafiken jeweils die passive Benchmark als Referenz abgebildet (k = 0). Links: Das Kaufen in Tranchen bei kleinsten Rücksetzern bot im Gesamtzeitraum nur minimale Vorteile, während das Warten auf größere Rücksetzer zu erheblich schlechteren Ergebnissen führte. Rechts: Nur wer glücklicherweise im Jahr eines beginnenden Bärenmarktes startete, erzielte auch mit höheren erforderlichen Rücksetzern und über mehrere Tranchen systematisch bessere Ergebnisse als beim sofortigen Einstieg. Quelle: Shohfi, T. / Simaan, M. (2021), Buy the Dip, S. 11 0 2 4 6 8 10 0 2 4 6 8 10 -4 % -2 % 0 % -4 % -2 % 0 % 4 5 6 7 Endvermögen Anzahl an Tranchen 2,75 3,00 3,25 3,50 3,75 Endvermögen Anzahl an Tranchen Seit 1994 Seit 2008 Dip Dip » Es ist fraglich, ob komplizierte Ansätze einfache Heuristiken wie Buy the Dip übertreffen. « Majeed Simaan, Assistant Professor of Finance, School of Business, Stevens Institute of Technology Buy the Dip 148 N o. 3/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | BUY THE D I P FOTO: © STEVENS INSTITUTE OF TECHNOLOGY, SHANE | STOCK.ADOBE.COM

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