Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

Zahlungsströmen wird ein großer Teil dieses Risikos durch eine länderspezifische oder makroökonomische Komponente – die Ren- ditekurve – und eine unternehmensspezifi- sche, aber systematische Komponente be- stimmt, die sich aus der Kombination der Risikofaktoren und dem Marktpreis für diese Risiken ergibt. Trotz der Ansicht, dass Infrastrukturen risikoarm sind, und der kurz- sichtigen Wahrnehmung einer sehr geringen Renditevolatilität, die durch Bewertungen hervorgerufen wird, sind Eigenkapitalinvest- ments in Infrastrukturen risikoreich und weisen ein nicht zu vernachlässigendes Maß an Volatilität auf, wenn auch mit einem attraktiven risikobereinigten Ren- diteprofil. Diese Erkenntnisse sind für ein gutes Management und die Überwa- chung von nicht börsennotierten Infra- struktur-Assets von wesentlicher Bedeu- tung. Mit adäquaten und glaubwürdigen Volatilitätsmaßen können Infrastruktur- investments aus einer Gesamtportfolio- perspektive (strategische Allokation) und aus einer aufsichtsrechtlichen Perspektive (z. B. Solvency II) einer Methodik unterworfen werden, wie sie für alle Anlageklassen gel- ten. Dies ist die Voraussetzung für die Ent- wicklung nicht börsennotierter Infrastruktur zu einer vollwertigen Assetklasse. Highlights Die vorliegende EDHECinfra- Studie zeigt, dass die Volatilität von Investments in nicht börsennotiertes Infrastruktureigenkapital viel höher ist, als es die gemeldeten Bewertun- gen vermuten lassen. Das Fehlen von Markttests und einer Kalibrie- rung der Abzinsungssätze bei der Bewertung bedeutet, dass die Be- wertungen, selbst wenn sie im Lauf der Zeit angepasst werden, dazu neigen, nie mit den aktuellen Marktpreisen gleichzuziehen. Bei derart kalibrierten Diskontierungs- sätzen kann die Veränderung des Nettoinventarwerts von nicht bör- sennotierten Vermögenswerten nicht das tatsächliche Risiko dieser Vermögenswerte widerspiegeln und führt stattdessen zu einer unrealis- tisch niedrigen Volatilität und einem unglaubwürdigen Risiko-Rendite- Profil. EDHECinfras Ansatz schafft hier die dringend nötige Abhilfe durch Volatili- täten, die das Risiko der Assetklasse erfas- sen. Dieses Risiko ergibt sich aus den Ver- änderungen der erwarteten Dividenden, der Laufzeitstruktur der risikofreien Zinssätze und einer Infrastruktureigenkapital-Risiko- prämie, die für jedes Unternehmen spezi- fisch ist, aber auf dem Markt als Kombina- tion systematischer Risikofaktorprämien vorkommt. Mithilfe eines Multi-Faktor-An- satzes zeigt EDHECinfra, dass diese Risi- koprämie zerlegt und im Zeitverlauf gemes- sen werden kann, indem Daten des Sekun- därmarktes für nicht börsennotierte Infra- strukturinvestments verwendet und zur Bewertung herangezogen werden. Somit ermöglicht ein Blick auf künftige Cash- flows und die Entwicklung der Zinssätze, die beide den Asset-Eigentümern zur Ver- fügung stehen, in Kombination mit einer unternehmensspezifischen Risikoprämie, die durch die Exponiertheit der Investments gegenüber wichtigen Risikofaktoren wie Größe, Verschuldung oder Rentabilität defi- niert ist, die kontinuierliche Bewertung von nicht börsennotierten und illiquiden Infra- struktureigenkapitalanlagen. Schlussbemerkungen Eine Glättung von Volatilitäten haben Infrastruktureigenkapitalinvestments eigent- lich gar nicht nötig. Denn eine Sharpe Ratio von um die eins aufgrund einer realistischen Volatilitätsschätzung von sieben bis zehn Prozent ist gut genug, um sich im Wettbe- werb mit anderen Assetklassen im Rahmen einer diversifizierten Asset Allocation zu behaupten. Zudem erhöht eine realistischere Schätzung der Volatilität die Glaubwürdig- keit und damit die Attraktivität der Asset- klasse per se. Jetzt braucht es nur noch eine steigende Anzahl von Deals, um die für Infrastrukturinvestments gewid- meten Gelder auch platzieren zu können. Dank „Green Deal“ und Zukunftsinvestitionen, die nicht mit staatlichen Geldern allein zu stem- men sind, aber von der Euro- päischen Kommission angestoßen werden, ist in Zukunft mit einer prall gefüllten Deal-Pipeline zu rechnen. Von einer professionellen Due Diligence ist man dadurch aber nicht entbunden. Schließlich kön- nen politisch favorisierte Projekte dabei sein, die aus anderen Erwä- gungen als rein wirtschaftlichen – etwa aufgrund eines Interessensaus- gleichs zwischen den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten – angeschoben werden, die dann auch privat kofi- nanziert werden sollen. Tröstlich dabei ist, dass die Bewertungsfrage dank des EDHECinfra-Ansatzes leichter zu schultern sein wird. DR. KURT BECKER » Wir bieten Abzinsungsfaktoren, Risiko- prämien und Bewertungskenngrößen für verschiedene Infrastruktursegmente. « Amanda Wee, Analystin im EDHECinfra-Datenteam Annäherung Konvergenz zweier UK-Baskets von börsennotierter und nichtnotierter Infrastruktur Verglichen wird der rollierende Durchschnitt über acht Quartale dreier Dis- kontierungssätze von Infrastruktur: der, der sich implizit aus den Marktpreisen bei gelisteter Infrastruktur (14 Fonds) ergibt (blau), dann der auf Basis dieser gelisteten Fonds aus dem Reporting abgeleitete geschätzte Diskontierungssatz (orange) sowie der von EDHECinfra als Proxy (rot) für die nicht börsennotierten britischen Projekte für erneuerbare Energien und soziale Infrastruktur. Die Sät- ze sinken im Zeitablauf wegen der hohen Nachfrage nach Infrastruktur und gleichen sich ab 2018 an. Quelle: Datastream, Jahres- und Quartalsberichte, EDHECinfra 6 % 7 % 8 % 9 % 10 % 11 % der von EDHECinfra stellvertretend verwendete Diskontierungssatz aus Reporting abgeleiteter, geschätzter Diskontierungssatz implizit aus den Marktpreisen bei gelisteter Infrastruktur abgeleiteter Diskontierungssatz Diskontierungs- satz Q1 2013 Q1 2011 Q1 2015 Q1 2019 Q1 2017 Q1 2021 128 N o. 3/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | I NF RA S T RUK TUR FOTO: © EDHEC INFRASTRUCTURE

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