Institutional Money, Ausgabe 3 | 2021

C ovid-19 hat dazu geführt, dass die heutigen Ungleichheiten in Schlüsselbereichen wie Ge- sundheit, Arbeitsplatzsicher- heit und Rassendiskriminierung nicht mehr ignoriert werden können. Sie untergraben die wirtschaftlichen Grundlagen einer nachhaltigen Gesellschaft. Weltweit tre- ten aktuell viele Twens in einem Zeit- alter der Arbeitsplatzknappheit, der digi- talen Apartheid und zunehmender Des- illusionierung ins Berufsleben ein. Viele von ihnen erleben eine große globale Krise, die sich auf ihren Bildungsstand, ihre Berufsaussichten und ihre psychi- sche Gesundheit auswirkt. Ohne ange- messene Wege in eine bessere Zukunft steht der Gesellschaftsvertrag zwischen dem kapitalistischen System und den Bürgern vor seiner härtesten Prüfung, meinen Sozio- logen und Psychologen vielerorts. Lange vernachlässigte Übel wie stagnierende Ein- kommen, unsichere Arbeitsplätze, unter- finanzierte öffentliche Gesundheitssysteme und Umweltschäden sind zu Blitzableitern für politische Gegenreaktionen geworden, wodurch der Aufstieg linker und rechter Populisten begünstigt wurde. Tatsächlich ist die Lohnquote seit Jahrzehnten rückläufig, während die Einkommen der Unternehmer kräftig wuchsen. Seit März 2020 haben die großen Zentralbanken und Regierungen rund 25 Billionen US-Dollar in den Geldkreislauf gepumpt, um weitreichende wirtschaftliche Schäden als Folge der Pandemie abzufe- dern und möglichst zu verhin- dern. Ungewöhnlich dabei ist, dass erstmals großflächig mit Helikoptergeld gearbeitet wur- de, also am Finanzsystem vor- bei Unternehmen und Bürger direkte staatliche Zuschüsse erhielten. So schwerwiegend war die Katastrophe von den Entschei- dungsträgern eingeschätzt worden, dass man zu solchen unerprobten theoretischen Konzepten griff und diese im Rekordtempo in die Tat umsetzte. Die Regierungen haben damit in dem Klima der Unsicherheit und Prekarität die Rahmenbedingungen für die Wirtschaftssubjekte neu geschrieben, wenn man an Urlaubsprogramme, branchenweite Rettungsaktionen – etwa bei Fluggesell- schaften – und anderen fiskalische Unter- stützungsmaßnahmen wie Firmensubventio- nen denkt. Diese Maßnahmen waren offen- bar notwendig, um Reaktionen wie in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu verhindern, doch wurden damit nur Symptome, nicht die Ursachen der zu- grunde liegenden strukturellen Malaise be- kämpft, meint etwa Amin Rajan, Projektlei- ter von CREATE-Research: „Der Aufstieg des Populismus war ein Weckruf für die of- fensichtlichen Mängel des vorherrschenden Kapitalismusmodells, das den Profit über den Menschen und die Finanzwirtschaft über die Realwirtschaft stellt. Diese Einsicht kam spät, doch sie dürfte sich nun durchge- setzt haben.“ Radikale Umkehr Dies wurde im August 2019 deutlich, als „Business Roundtable“, eine mächtige Lob- bying-Organisation der US- Unternehmen, eine historische Kehrtwende vollzog. Sie gab ihre marktliberale Erklärung auf, dass „Unternehmen beste- hen, um grundsätzlich ihren Aktionären zu dienen“, zug- unsten von „Wir haben eine grundlegende Verpflichtung ge- genüber all unseren Stakehol- dern – den Kunden, Mitarbei- tern, Lieferanten, Gemeinden und Aktionären“. Die Eigen- tümer der Firmen und deren Interessen werden hier nur mehr an fünfter Stelle genannt, das soziale Element wird ein- deutig in den Vordergrund ge- rückt. Wäre Milton Friedman noch am Leben, sähe er seine Neben Unternehmensführung und Umwelt gehört auch Soziales ins Nachhaltigkeitstriumvirat. Institutionelle erkennen nicht zuletzt durch die Coronakrise, dass beim S-Faktor mehr getan werden muss. Dickschiffe im Interview Zusammensetzung der befragten Pensionsfonds nach Sektor und Art Während 66 Prozent der befragten Pensionsfonds private Firmen betreffen, sind 34 Prozent für öffentliche Arbeitgeber tätig. 55 Prozent sind sogenannte „Defined Contribution“-(DC)- Pensionspläne, also beitragsorientierte Lösungen, während auf „Defined Benefit“-(DB)-Pläne (Leistungszusagen) 29 Prozent entfallen. Daneben existieren noch Mischlösungen. Quelle: CREATE-Research Survey 2021 Private Pensionsfonds 66 % Öffentliche Pensionsfonds 34 % Sektoren Reine Defined- Benefit-(DB)- Pensionspläne 55 % Reine Defined- Contribution-(DC)- Pensionspläne 29 % Arten Hybride 12 % Mix vonDC undDBPlänen 4 % » Soziale Verwerfungen aufgrund von Ungleichheit stellen langfristige systemische Risiken dar. « Hiro Mizuno, ehemaliger CIO von Japans 1,5 Billionen US-Dollar schwerem Government Pension Investment Fund (GPIF) Das „S“ aus Nachhaltig 104 N o. 3/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | E SG – SOZ I A L E A S P E K T E FOTO: © GOVERNMENT PENSION INVESTMENT FUND, VEGEFOX.COM | STOCK.ADOBE.COM

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