Institutional Money, Sonderausgabe 2 | 2021

BR I E F DER HERAUSGEBER D ie anhaltende Klimadebatte hat das Thema „Nach- haltige Investments“ in den letzten Jahren massiv vorangetrieben. Immer mehr private, vor allem aber institutionelle Investoren fordern von ihren Vermögensverwaltern „Nachhaltigkeit“ im Umgang mit dem ihnen anvertrauten Kapital, weil sie selbst aufgefordert sind, ihr Geld so einzusetzen, dass der benötigte Umbau unseres Wirtschaftssystems unterstützt und nicht konterkariert wird. Diese Forderung ist allerdings schneller erhoben als umgesetzt. Die Investmenthäuser behelfen sich in der Mehrzahl der Fälle damit, dass sie in ihre Portfolios Unternehmen aufnehmen, die gewissen Ansprüchen genügen – vom Verzicht auf den Einsatz fossiler Brennstoffe bis zur Gleichbehandlung aller Mitarbeiter. Im Ergebnis findet man daher in einer Vielzahl der als „nachhaltig“ eingestuften Aktienfonds Titel wie Microsoft, Allianz oder Nestlé. Nun besteht kein Zweifel daran, dass Softwarehäuser und Versi- cherungsgesellschaften weder besonders viel Kohlendioxid emit- tieren noch ihre Mitarbeiter ausbeuten, allerdings kann man davon ausgehen, dass viele Unternehmen, die es nie und nimmer in einen nachhaltigen Fonds schaffen würden, Windows, Excel und Word einsetzen und eine Vielzahl betrieblicher Versicherungen abschlie- ßen. Wie sinnvoll ist es also wirklich, als Investor jenen Teil des „Wirtschaftsnetzwerks“ zu meiden, der unmittelbar die CO 2 -Belas- tung verursacht, und stattdessen in dessen „saubere“ Abnehmer und Zulieferer zu investieren? Wir können und wollen diese Frage an dieser Stelle nicht beantworten, und es kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass jede Maßnahme, die das globale Bewusstsein hinsichtlich eines nachhaltigeren Wirtschaftens fördert, zu begrüßen ist. Dennoch ist es für institutionelle Anleger, deren zeitlicher Horizont Jahrzehnte umfasst, sinnvoll, beim Thema Nachhaltigkeit weiter zu denken und tiefer zu graben. Und dabei dürfte man bald zu der Erkenntnis gelangen, dass im Kern der nachhalti- gen Geldanlage das Impact Investing steht. Statt das The- ma Nachhaltigkeit auf der Produktebene abzubilden, wird hier eher in Projekten gedacht. Und in einer solchen klarer umrissenen Situation ändert sich die Ausgangslage: Statt „Schäden“ zu vermei- den, wird konkreter „Nutzen“ gestiftet. Abgesehen davon, dass das eine konstruktivere Heran- gehensweise an das Thema ist, schützt es Investoren auch davor, in späteren Jahren dem Vorwurf ausgesetzt zu sein, einem „grün- gewaschenen“ Konzept auf den Leim gegangen zu sein. Aber so wie überall sonst im Leben gilt auch für Impact Investing, dass hier kein „kostenloses Mittagessen“ serviert wird. Wie bei jedem anderen Investment steht auch vor jeder Investition am Anfang viel Recherchearbeit auf dem Programm. Und weil das Thema verhältnismäßig jung ist, fällt die Suche nach verfügbaren Informationen und ihrer richtigen Einordnung keineswegs leicht. In der Untersuchung „Impact Investing in Deutschland 2020“ die von einem Team der Universität Heidelberg um Volker Then und Tobias Schmidt verfasst wurde, liest man den Satz: „Als größtes Hemmnis nennen mehr als 50 Prozent der Anleger und fast 50 Prozent der Intermediäre an erster Stelle die Intransparenz des Marktes.“ Dass die Akteure die Situation so erleben, ist nicht überraschend. Hier entstehen mit hoher Geschwindigkeit neue Marktsegmente, die sich auch noch rasch weiterentwickeln. In einem solchen Umfeld den Überblick zu behalten kann nicht einfach sein. Weil parallel dazu aber der Druck auf Großanleger von Seiten der Regu- latoren, der Anleger und der Gesellschaft insgesamt steigt, an der Lösung der Probleme mitzuwirken, können leicht Fehlentscheidun- gen getroffen werden. Kaum ein institutioneller Anleger wird in Zukunft an dem Thema vorbeikommen, nach dem Einholen grundsätzlicher Informationen wird man eine Reihe von Alloka- tionsentscheidungen treffen müssen, wobei dies bei Investitionen mit Impact-Charakter fast immer schwieriger sein wird als etwa bei der Frage, ob man europäische Aktien anders gewichten oder mehr Wohn- als Büroimmobilien halten sollte. Dieses Sonderheft soll vor allem all jenen Anlegern Einblicke und Ideen liefern, die nicht schon seit Jahren mit der Materie vertraut sind. Manche werden sich vielleicht wun- dern, wie differenziert die Produkt- und Lösungsland- schaft für Impact-Anleger bereits ist. Wir hoffen, dass dies einen guten Einstieg in die Thema- tik darstellt, und versprechen, Sie auch in weiterer Folge über all unsere Kanäle auf dem Laufenden zu halten. Mitwirken statt nachzustolpern Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi N o. 2/2021 | institutional-money.com 3

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