Institutional Money, Sonderausgabe 2 | 2021

ESG-Debatte und im Grunde der gesamte Aktionsplan der EU derzeit noch leiden. Bestimmte Kernthemen und Kernbegriffe sind einfach noch nicht abschließend defi- niert. Hier besteht noch ein riesiges Gefälle innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, eine wirklich harmonisierte Wahrnehmung ist einfach noch nicht etabliert. Das betrifft auch die Wahrnehmung des bereits ange- sprochenen Bereichs Engagement, die in Südeuropa eine ganz andere ist als etwa in Skandinavien. Deshalb sollte im Zuge der künftigen Regulierung dringend ein Level Playing Field etabliert werden. Aber solan- ge wir das nicht haben, müssen wir auch das Thema Impact Investing etwas breiter definieren, um auch wirklich alle Investo- rengruppen abzuholen und dafür gewinnen zu können. Das führt mich zur Frage, warum Impact Investing im Retailgeschäft offenbar sehr viel schneller in Fahrt gekommen ist als auf institutioneller Seite. Haben die großen Investoren in gewisser Weise die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt? Hanna Hornberg: Ich glaube, damit würde man es sich zu einfach machen. Der Ein- druck, dass Privatanleger sich dem Nach- haltigkeitsthema schneller geöffnet haben, dürfte damit zusammenhängen, dass der Zugang für sie einfacher ist. Einem Retail- kunden reicht es für seine Investmentent- scheidung oft aus, wenn ein Fonds als Pro- dukt nach Artikel 8 oder Artikel 9 charak- terisiert ist und über entsprechende Ratings oder Siegel verfügt. Letztere spielen auch beim institutionellen Investor eine Rolle, aber die Entscheidungswege sind viel kom- plexer. Es gilt Due-Diligence-Prozesse zu durchlaufen, Benchmark-Anpassungen vor- zunehmen sowie die Liquiditätsfrage und Risikomanagementüberlegungen einzube- ziehen, um einige Stichworte zu nennen. Wollen Sie sagen, dass auch im institutio- nellen Geschäft schon sehr viel mehr pas- siert, als nach außen hin sichtbar wird? Hanna Hornberg: Durchaus, auch in Bezug auf das Impact-Thema. Bei institutionellen Investoren findet schon seit geraumer Zeit ein immenser Shift weg von traditionellen Renteninvestments hin zu alternativen Investments in Infrastruktur und Immo- bilien oder auch Private Equity und Alter- native Credit statt. Dabei spielen die Mes- sung von und das Reporting über Wir- kungskriterien schon heute eine bedeutende Rolle. Aus diesem Grund würde ich nicht sagen, dass institutionelle Investoren in die- ser Hinsicht etwas verpassen. Das Interesse ist auf jeden Fall da. Matthias Narr: Aus Schweizer Sicht kann ich sagen, dass die konkrete Berücksichtigung von Impact-Investments über alternative Anlageformen bisher noch relativ gering ist. Das gilt zumindest für Stiftungen und erst recht für Pensionskassen. Aber das Interesse ist vorhanden und in den vergangenen zwei oder drei Jahren sogar extrem stark gestie- gen. Gerade unter den Aspekten Engage- F OTO : © E T HO S S T I F T UNG » Wenn man die Breite oder die Skalierbarkeit von Wirkung erreichen möchte, die man braucht, um zum Beispiel die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, dann sollte man keine Scheuklappen haben. « Matthias Narr, Ethos Stiftung IMPAC T: ROUND TABL E 28 N o. 2/2021 | institutional-money.com

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