Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

Die Grafik „IPO-Entwicklung USA von 1976 bis 2019“ illustriert eine Zunahme der Börsengänge von Mitte der 70er- bis Mitte der 90er-Jahre, wonach dann eine Abnahme der Börsengänge einsetzte. So gab es im Durchschnitt pro Jahr von 1976 bis 2000 282 IPOs jährlich, von 2001 bis 2019 waren es nur mehr 114 IPOs jährlich im Schnitt. Direct Listing Dieses hat in der letzten Zeit an Be- liebtheit gewonnen, wobei die Firmen direkt, ohne neue Aktien auszugeben, die alten Aktien an der Börse zum Han- del einführen. Man erspart sich die Kos- ten des Underwritings, kommt in den Genuss der Vorteile einer Börseneinfüh- rung und hat auch keine Lock-ups, also Perioden, zu beobachten, in denen man keine Aktien anbieten darf. So zeigt sich zum Beispiel, dass IPOs von Firmen, die von Venture-Capital-Fonds unterstützt wer- den, zwischen Mitte 2009 und Mitte 2019 einen durchschnittlichen Preisanstieg am ersten Handelstag von 21 Prozent aufwie- sen, woraus man schließen kann, dass die Verkäufer einen substanziellen Gewinn- anteil nicht realisierten. Trotzdem erfolgt nur ein kleiner Teil der neuen Listings über den direkten Weg. Was das Delisting anbelangt, so zeigt die Statistik ein klares Bild: Eine freiwillige Zu- rücklegung der Notiz, also ein klassisches „Going Private“, findet nur in den seltensten Fällen statt. Das geschieht etwa dann, wenn die Kosten der Aufrechterhaltung der Notiz höher sind als der Nutzen, und ist konsistent mit der Hypothese, dass die Größenschwelle für ein Listing seit vielen Jahren im Steigen begrif- fen ist. Dann gibt es Fälle, wo die Börse die Notiz widerruft, da die Firma bankrott ist oder bestimmte Anforderungen in puncto Berichts- wesen an die SEC nicht erfüllt oder ein bestimmter Mindestaktienkurs oder eine Mindestmarktkapitalisie- rung nicht mehr erreicht werden. Aber M&A ist mit Abstand die Hauptursache für ein Delisting. Zu unterscheiden ist dabei zwischen strategischen und Finanzdeals. Bei Ersteren übernimmt eine gelistete Firma eine andere gelistete, während beim Finanzdeal eine Buy-out-Ge- sellschaft ein Unternehmen von der Börse nimmt. Strategische Übernahmen machen den Hauptanteil der Deals aus. Die Grafik „Delistings als Folge von Buy-outs“ zeigt, dass seit Mitte der 90er-Jahre ein hö- heres Niveau an Buy-out-Deals stattfindet, die zu Delistings führen. Seit der Jahrtau- sendwende sind es ungefähr zehn Prozent aller Delistings, die auf M&A-Aktivitäten zurückgehen. Der Aufschwung, den strate- gische und Finanzdeals seit Mitte der 90er- Jahre nehmen, ist der Hauptgrund für die schrumpfende Anzahl an börsennotierten US-Firmen. Public Equity in der Defensive Die Buy-out-Tätigkeit hat in den letzten Jahren zugenommen, befindet sich aber noch immer unterhalb des Spitzenwerts von 2007. Im Schnitt sind die Deals heute größer und teurer als in der Vergangenheit. Dazu kommt, dass Exits aus den Buy-outs heute hauptsächlich in Form von Verkäufen an strategische Käufer und nicht über einen Börsengang geschehen. Zuletzt war ein starkes Wachstum der Verkäufe an andere Private-Equity-Gesellschaften zu beobach- ten. Das mag an dem vielen Dry Powder der Private-Equity-Gesellschaften liegen, die dann schon einmal mit ihresgleichen den einen oder anderen Deal abschließen. Es gibt eine starke negative Korrelation zwischen dem durchschnittlichen Preis, der für Firmen bei der Übernahme bezahlt wird, und den darauffolgenden Public Market Equivalents (PMEs) im Buy-out-Geschäft. Die Multiples waren 2019 auf dem Höhe- punkt, was in Zukunft für Private-Equity- Investoren schlechtere Renditen erwarten lässt. Dieser eigentlich besorgniserregende Umstand wird dadurch teilweise gemildert, dass die Zinsen extrem tief sind. Trotzdem dürften hier dank der teuren Einstiegskurse die Bäume in den nächsten Jahren nicht in den Himmel wachsen. Venture Capital weist eine höhere Zykli- zität auf als Aktienmärkte oder Buy-outs, die letzten Investmentniveaus sind zudem hoch. Exits im Venture-Capital-Sektor erfolgten früher hauptsächlich in Form von IPOs, heutzutage dominieren hingegen Verkäufe an andere Gesellschaften. Das Durchschnittsalter der Firmen, die ein IPO vollziehen, ist dabei heute höher als früher, und Venture Capi- tal-Firmen warten heute länger mit dem Börsengang. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass trotz der relativ hohen Bewertungen am Markt das Umfeld für ein baldiges Ansteigen der klas- sischen IPOs und damit für eine Zunahme gelisteter Aktien in den USA nicht positiv ist. Viel Bewe- gung erfolgte zuletzt durch den Hype um SPACs (Special Purpose Acquisition Companies). Es wird sich zeigen, ob dieses Segment ge- eignet ist, den langfristigen Trend zu schrumpfenden Zahlen bei gelisteten Firmen in den USA dauerhaft um- zukehren. DR. KURT BECKER Delistings als Folge von Buy-outs Steigende Fallzahlen seit Mitte der 90er-Jahre Der Analysezeitraum für diese Finanzdeals, mit denen Firmen nach dem Erwerb von Private-Equity-Gesellschaften von der Börse genommen werden, reicht von 1976 bis 2019 und zeigt ein höheres Niveau ab Mitte der 90er- Jahre. Quelle: Alexander Ljungqvist, Lars Persson, Joacim Tag 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Aufgehobene Börsenzulassungen als Folge von Buy-out-Deals Anzahl 2015 2010 2005 2000 2020 1995 1990 1985 1980 1975 » Die Konkurrenz zwischen Private- Equity-Häusern sollte Druck auf die Gebührenstrukturen ausüben. « Michael Mauboussin, Head of Consilient Research, Counterpoint Global, Morgan Stanley Investment Management, New York 92 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | PR I VAT E EQU I T Y V S . PUB L I C EQU I T Y FOTO : © MORGAN S TAN L E Y I NV E S TMENT MANAGEMENT

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