Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

I m letzten Vierteljahrhundert gibt es eine markante Entwicklung zu beob- achten: In zunehmendem Maß scheuen US-amerikanische Gesell- schaften den Gang auf das Parkett via einem klassischen IPO und bleiben lieber an den Privatmärkten. Kontrolliert wird die- ses Segment von Private-Equity-Beteili- gungsgesellschaften und Venture-Capital- Unternehmen. Diese Änderung bedeutet nicht nur weniger Auswahl für den klas- sischen aktiven Asset Manager in punc- to gelisteter Aktien, sondern findet auch seinen Widerhall in der Asset-Manage- ment-Industrie per se, bei Investoren, Topmanagern und letztlich auch in der Politik und bei den Regulatoren. Ursachenforschung Tatsächlich gibt es mehrere Treiber für die Abkehr von gelisteten Aktien in Rich- tung Private Equity. So gibt es in den letzten Jahrzehnten eine bedeutsame Entwicklung weg von Sachanlagen in Richtung immate- rieller Anlagen: Waren Mitte der 70er-Jahre die Investitionen in Sachanlagen noch zwei- mal so groß wie die immateriellen Inves- titionen, so waren schon 2010 die imma- teriellen eineinhalbmal größer als die materiellen Investitionen, wie Carol Cor- rado und Charles Hulten in „How Do You Measure a Technological Revolu- tion?“ feststellten. Die Konsequenz die- ses Megatrends ist, dass Unternehmen heute weniger Kapital benötigen, um ih- ren Betrieb zu finanzieren, und dadurch der Bedarf, Kapital über die Börse auf- zunehmen, abgenommen hat. Dazu kommt, dass die institutionellen Investoren inklusive Pensionsfonds und Stiftungen sophistizierter vorgehen, in- dem sie in ihrer Asset Allocation den Anteil von Privatmarktanlagen auf der Suche nach höheren Renditen ausgebaut haben. Wer erinnert sich nicht an den jüngst verstorbenen CIO der Yale University, David Swensen, der als Pionier der Private- Market-Investments exzellente Langfristren- diten für das Stiftungsvermögen der Univer- sität erzielte. Als Swensen deren finanzielle Geschicke Mitte der 80er-Jahre übernahm, waren noch 65 Prozent des Vermögens in US-Aktien angelegt, 15 Prozent in US- Anleihen und nichts in Private Equity. Für 2021 sieht Yales Asset Allokation vor, we- niger als zehn Prozent in US-Aktien und -Anleihen zu investieren (siehe Tabelle „Privatanlagen dominieren“) , wie über- haupt traditionelle Investments nur mehr ungefähr ein Viertel der Vermögensauftei- lung ausmachen. Yale allokierte früh in alternativen Invest- ments und generierte dort hohe Renditen. Viele Universitäts- und andere Stiftungen folgten Swensens Beispiel und wandten sich vom klassischen Aktien-Anleihen-Mix ab in Richtung alternative Anlagen, Venture Capital und Buy-out-Fonds inklusive. Anhand von Daten lässt sich belegen, dass diese Early Movers, wenn sie die Fähigkeit besaßen, Manager mit Skill auszuwählen, substanzielle Gewinne einfuhren. Weiters ist festzuhalten, dass US-Firmen in jedem Jahr seit 2009 mehr Geld in den Privatmärkten aufgenommen haben als in den öffentlichen Märkten. So kamen die amerikanischen Unternehmen beispielswei- se 2017 auf drei Billionen US-Dollar an Mittelzuflüssen aus den Privatmärkten und nur auf 1,5 Billionen US-Dollar aus öffentlichen Märkten, wie Scott Bau- guess, Rachita Gullapalli und Vladimir Ivanov 2018 in „Capital Raising in the U.S.: An Analysis of the Market for Unregistered Securities Offerings, 2009–2017“ festhielten. Diese Verände- rungen im Verhalten von Investoren und Firmen bei der Kapitalaufbringung ha- ben wichtige Auswirkungen auf Halte- zeiträume, Volatilitäten von Renditen und die Liquidität. Genauer hingesehen Regulierung und Gesetzgebung spie- len bei der Entwicklung der Kapital- In den letzten Jahrzehnten ist in den USA ein klarer Trend zu erkennen: weg von gelisteten Aktien, hin zu Private Equity. Wieso es dazu kam und ob sich dieser Trend weiter fortsetzt, beschäftigt kluge Köpfe. » Wir erwarten, dass die relative Bedeutung von Buy-out- und Venture- Capital-Fonds weiter steigen wird. « Dan Callahan, Counterpoint Global, Morgan Stanley Investment Management, New York Börsen flucht Privatanlagen dominieren Asset-Allocation-Ziele der Yale University für 2021 Assetklassen Asset-Allocation-Ziele Absolute Return Venture Capital Leveraged Buy-outs Aktien global ex USA Immobilien Anleihen und Cash Natural Resources Aktien USA Rechnet man Privatmarktanlagen zusammen, kommt man bei Yale auf 78,5 Prozent. Dem gegenüber stehen nur mehr US- und Non-US-Aktien mit zusammen 14 Prozent sowie Bonds und Cash mit 7,5 Prozent. Quelle: Yale University 23,5 % 23,5 % 11,75 % 17,5 % 9,5 % 7,5 % 4,5 % 2,25 % 86 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | PR I VAT E EQU I T Y V S . PUB L I C EQU I T Y FOTO : © MORGAN S TAN L E Y I NV E S TMENT MANAGEMENT, VA S A KNA | S TOCK . ADOB E . COM

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