Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

Yield Curve Targeting (Anm.: oder Yield Curve Control (YCC)) kann man als Spiel- art des Quantitative Easing (QE) verstehen. Gemein ist beiden Strategien, dass die Notenbank direkt in die Märkte eingreift. Bei QE-Programmen handelt es sich jedoch in der Regel um massive Eingriffe, in deren Fokus die Stützung der Konjunktur steht. Die Volumina „von YCT-Maßnahmen kön- nen jedoch sehr groß, aber auch relativ gering dimensioniert sein, wobei der Schlüssel zum Erfolg die Überzeugungs- kraft der jeweiligen Notenbank ist“, wie Masturzo ausführt. Wenn also der Markt davon überzeugt ist, dass eine Notenbank Anleihen zu einem spezifischen Kurs bezie- hungsweise Renditeniveau kaufen wird, wird dieser Beschluss möglicherweise von den Marktteilnehmern gar nicht auf die Probe gestellt – in einem solchen Fall reicht also die verbale Intervention. Neben den USA steht natürlich auch der EZB das Werkzeug „YCT“ zur Verfügung. Die Frage ist nur, ob Präsidentin Christine Lagarde das erstens will und ob sie zwei- tens über genügend Überzeugungskraft verfügt. Christopher Wood, Autor und Glo- bal Head of Equity Strategies bei Jefferies, meint zwar bezüglich der März-Sitzung, dass die Bank davon gesprochen habe, das Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) „mit einem deutlich höheren Tempo fortzusetzen als in den erste Monaten des Jahres“ – gleichzeitig habe Lagarde die Märkte über den Fokus der Bemühungen aber im Unklaren gelassen. „Lagarde sprach von einem ‚holistischen und facettenreichen Set an Indikatoren‘. Das ist nicht wirklich präzise Sprache“, merkt Wood mit kaum verhohlenem Sarkasmus an. Er weist jedoch auf das italienische Ratsmitglied Fabio Panetta hin, das meintem „indem wir die nominellen Zinsen längere Zeit niedrig hal- ten, können wir eine starke Grundlage für weiterhin stützende Finanzierungsbedingun- gen schaffen“. Das spricht dafür, dass die EZB ebenso wie die Fed eine YCC-Politik anstrebt. Wirkungsmächtig Wie viel Wirkung das Management von Erwartungen auf die Rendite haben kann, zeigt sich, wenn man die Rendite von zehn- jährigen Treasuries in die normale Laufzeit- prämie und die erwartete Kurzfristprämie zerlegt (siehe Chart „Langfristig fallend“) . Hier zeigt Masturzo, dass die Erwartungen des Marktes in den vergangenen 60 Jahren durchschnittlich ein bis zwei Prozentpunkte zur Gesamtrendite beigetragen haben. Eine Kontrolle der Zinsen über YCT könnte also tatsächlich dazu beitragen, dass die Dura- tionsrisiken begraben bleiben. Die Aussichten Insgesamt geht Masturzo davon aus, dass die Fed anstrebt, die zehnjährigen Renditen um 50 Basispunkte auf ein Prozent zu drücken. Folgt man diesem Szenario, liefe laut Masturzo eine angemessene Positionie- rung darauf hinaus, die Risikoprämie zu lukrieren, indem man Aktien über- und Anleihen untergewichtet – eine Ansicht, der gegenüber sich auch das Analyseteam von AllianceBernstein aufgeschlossen zeigt. Dort rechnet man zwar „damit, dass sich die Weltwirtschaft an der Schwelle zu einem neuen inflationäreren Zeitalter befindet, jedoch erwarten wir in nächster Zeit weder eine signifikante und anhaltende Inflation noch einen dramatischen Zinsanstieg“, wie Scott DiMaggio und Gershon Distenfeld, Co-Heads Fixed Income, erklären. Trotz- dem sollten sich Investoren gegen das Infla- tionsrisiko absichern: „Die Renditen werden in den meisten Märkten wahrscheinlich bis 2021 niedrig bleiben. Selbst in den USA, wo die Wirtschaft am schnellsten wachsen sollte, dürfte die Rendite zehnjähriger Treasuries bis Ende 2021 nur auf zirka 1,75 Prozent steigen. Dennoch ist es angesichts der massiven Konjunkturpakete überall rat- sam, vorbereitet zu sein“, so das Alliance- Bernstein-Team. Demnach sollten Investo- ren per Stand April die Duration moderat reduzieren. Das könne „dazu beitragen, Volatilität und Verluste bei steigenden Zin- sen zu mindern, und zudem gegen das Inflationsrisiko absichern. Wir raten jedoch davon ab, in Barmittel umzuschichten oder die Duration drastisch zu kürzen. Erstens riskiert man, bald sowohl einkommensgene- rierenden Anleihen als auch der Inflation hinterherzuhinken. Zweitens dienen Staats- anleihen, die für Duration sorgen, als Aus- gleich für Verluste aus den Risikoanlagen – selbst dann, wenn die Anleihenrenditen niedrig oder negativ sind“, so die Manager. HANS WEITMAYR Langfristig fallend Zehnjährige US-Treasuries – und wie langfristig ihre Renditen zustande gekommen sind Ein Großteil der Renditen ist über die vergangenen 60 Jahre durch die kurzfristigen Erwartungen der Marktteilnehmer zustande gekommen. Diese kann eine starke Notenbank mit relativ geringen Mitteln steuern. Quelle: Studie -2 % 0 % 2 % 4 % 6 % 8 % 10 % 12 % 14 % 16 % Erwartete Kurzfrist-Prämie Laufzeitprämie 10-jährige Rendite 2015 2010 2005 2000 2020 1995 1990 1985 1980 1975 1970 1965 1960 Rendite » Indem wir die nominellen Zinsen längere Zeit niedrig halten (…), können wir weiterhin stützende Finanzierungsbedingungen schaffen. « Fabio Panetta, Ratsmitglied EZB, Italien 76 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | DURAT I ON

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