Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

zeptvorgaben, an den Ausschreibungen dür- fen sich alle beteiligen, auch Private. In Ber- lin finden im Zusammenhang mit öffentli- chem Bauland hingegen keine Vergaben mehr an Private statt. Alles soll von den städtischen Wohnungsbaugenossenschaften gemacht werden, aber die sind nur zum Teil dazu in der Lage. In Wowereits letztem Regierungsjahr wurde verabschiedet, dass bis 2020 insgesamt 5.000 Studentenapart- ments entstehen sollten – alle über städtische Gesellschaften. Gebaut wurde nicht mal ein Drittel. Berlin hat eine komplett verfehlte Wohnungsbaupolitik. Von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellte Grundstücke werden in Berlin einfach nicht an Private vergeben. Langsam fällt der Politik dieses Problem auf. Die neue Spitzenkandidatin der SPD in Berlin, Franziska Giffey, will eine aktive Wohnungsbaupolitik unter Be- teiligung von Privaten betreiben. Was hat es mit der Neuen Leipzig-Charta auf sich, und was bedeutet sie für Sie? Nittka: In der Neuen Leipzig-Charta geht es um nachhaltige, bezahlbare und umsetzbare Stadt- und Quartiersentwicklungen. Woh- nungsbau, Seniorenwohnen und Quartiers- entwicklungen sind aktuell große Themen, die auch der Zentrale Immobilien Aus- schuss (ZIA) und die Bundesregierung for- cieren. Mit Quartiersentwicklungen be- schäftigen wir uns intensiv. Wichtig ist für uns eine breite Mischung in der Nutzung, etwa in der Altersstruktur der Mieter. Wir haben Studentenwohnheime, Seniorenwoh- nen, Kindertagesstätten, Mikrowohnen und so weiter. Außerdem ist eine Mischung in der Sozialstruktur wichtig, also frei finan- ziert und gefördert. Der eigentliche Change ist das Thema Ökologie, also der CO 2 -Foot- print in der Immobilienbranche. Da treten wir jetzt in eine neue Phase ein. Wie macht sich der Change bemerkbar? Nittka: In der Vergangenheit sagten viele, dass sie Umweltschutz gut finden; kosten durfte es aber nichts. Nach dem Motto „Ja, das machen wir gerne, aber nicht hier und jetzt!“. Als Entwickler sehe ich erhebliche Verän- derungen. Beispielsweise hat die Hotelgrup- pe Premier Inn einen Green Bond zum Bau nachhaltiger Hotels aufgelegt. Auch wir bauen nur noch nach bestimmten Nachhal- tigkeitskriterien. Wir haben zum Beispiel gerade einen Vertrag für einen ESG-Wohn- fonds mit einem deutschen Versicherungs- unternehmen unterschrieben. Hier geht es ausschließlich um sozial gefördertes Woh- nen – das wäre vor drei Jahren noch un- denkbar gewesen. Wir haben auch Verträge mit Investoren geschlossen, in denen es um studentisches Wohnen geht, bei dem die GBI der Projektentwickler und die Moses Mendelssohn Stiftung der Betreiber der SMARTments student ist. Alle Häuser müs- sen mindestens dem besonders energieeffi- zienten KfW-Standard 55 entsprechen. Gro- ße Investoren sind heute bereit, bei der Ren- dite Abstriche zu machen, wenn die Immo- bilie nachweislich nachhaltig ist. Früher ging das etwas hemdsärmelig: „Wir zahlen den Kaufpreis, und ihr liefert uns ein Zerti- fikat.“ Das ist zwar besser als nichts, aber heute muss Nachhaltigkeit viel detaillierter belegt werden. Da werden die Arbeitsbedin- gungen, die Baumaterialien, die Lieferket- ten etc. betrachtet. Verpflichtungen im ESG- Bereich werden jetzt viel ernster genommen und sind auch Vertragsbestandteil. Sie vertreten ja eher das „S“ von ESG. In- wiefern sind Ihre Immobilien auch „grün“? Nittka: Wir werden auch grün. Inzwischen ist KfW-55 fast schon Standard. Wir versu- chen, mit KfW-40 noch energieeffizienter zu sein. Kürzlich haben wir unseren ersten Green-Lease-Vertrag vorgestellt. Dabei wer- den ökologisch relevante Themen Inhalt des Mietvertrags. In diesem wird den Bewoh- nern nicht nur die korrekte Mülltrennung empfohlen, sondern auch dass sie Ökostrom beziehen oder möglichst häufig auch die energieeffiziente Haussteuerung nutzen. Damit bekommt das eine höhere Verbind- lichkeit. Und geheizt wird natürlich, falls geothermisch machbar, über Erdwärme. Vielen Dank Ihnen beiden für das Gespräch! ANKE DEMBOWSKI » Das größte Problem für Stiftungen ist nicht das Stiftungsrecht, sondern die niedrigen Zinsen. « Professor Dr. Julius H. Schoeps, Vorstand der Moses Mendelssohn Stiftung 72 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | PROF. DR . J UL I US S CHOE P S & R E I NE R N I T T KA FOTO : © T I M F L AVOR

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