Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

Preislich liegen unsere Studentenwohnun- gen etwa in der Mitte zwischen den klassi- schen Studentenwerken, die hoch subven- tioniert sind, und privat finanziertem stu- dentischem Wohnungsbau. Wie merken die Studierenden noch, dass sie in einem Haus der Moses Mendelssohn Stiftung wohnen, außer über die Miete? Schoeps: Zum einen benennen wir jedes unserer Häuser nach einer Per- sönlichkeit aus der deutsch- bezie- hungsweise österreichisch-jüdischen Geschichte. So haben wir zum Bei- spiel ein Martin Buber Haus in Wien, das Franz Oppenheimer Haus in Frankfurt oder das Albrecht Men- delssohn Bartholdy Haus in Ham- burg. Wir erstellen zu jeder dieser Persönlichkeiten eine kleine Biogra- fie, die die Studenten mit dem Miet- vertrag überreicht bekommen. Wir hoffen, damit Interesse oder zumindest eine Form des Gedenkens anzustoßen. Die Na- mensgeber sind Persönlichkeiten, die sich in der Regel gesellschaftlich eingebracht oder das deutsche Judentum mitgeprägt haben. Oppenheimer war beispielsweise der Lehrer Ludwig Erhards. Er hat unter anderem die Idee der Bodensperre entwickelt, die den Zweck hatte, Grund und Boden der Speku- lation zu entziehen. Diese Idee ist gerade wieder im Kommen. An jedem unserer Häuser ist zudem der Moses-Mendelssohn- Sinnspruch „Nach Wahrheit forschen, Schö- nes lieben, Gutes wollen, das Beste tun. Das ist die Bestimmung des Menschen“ ange- bracht. Wir hoffen, dass bei den Studieren- den, wenn sie dieser Aussage oft begegnen, ein Prozess des Nachdenkens einsetzt. Vermieten Sie an eine bestimmte Gruppe von Studierenden? Nittka: Nein, an alle! Ausländische Studie- rende, die ansonsten auf dem Wohnungs- markt große Schwierigkeiten haben, ma- chen bei uns einen Anteil von etwa 30 bis 40 Prozent aus. Schoeps: Wir bieten auch ein Tutorenpro- gramm. Es beinhaltet nicht nur eine Ein- führung in die Uni, sondern auch Veranstaltungen, den Besuch von Ausstellungen und Museen sowie Programme zur Völkerverständigung. Jetzt zu Corona-Zeiten stellen wir Programme gegen die Vereinzelung und Vereinsamung auf die Beine. Wie messen Sie den „Impact“ dessen, was Sie tun? Nittka: Das ist wirklich schwie- rig, denn das lässt sich nicht wie eine Immobilienrendite berechnen. Die Stiftung erhält aus den Erträgen unserer Ge- schäftstätigkeit eine Ausschüt- tung, mit der sie ihre Projekte fi- nanziert. Aber was ist das wert? Politik- und Immobilienexperte Der 1963 geborene Reiner Nittka studierte an der FU Berlin Politikwissenschaften und Publizistik. Danach arbeitete er in der Berliner Senatskanzlei. Während der Zeit des Mauerfalls und der Wiedervereinigung war er persönlicher Referent des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Walter Momper. Nittka hatte anschlie- ßend Leitungspositionen bei der Treuhandanstalt sowie der Berliner Landesentwicklungsgesellschaft inne. 2001 wechselte er in die neu gegründete GBI, zunächst als Geschäftsführer, 2007 wurde er Vorstand und 2016 Vorstands- sprecher der GBI AG. Zwei Jahre später übernahm er diese Position auch bei der GBI Holding AG. » Wir versuchen, unter- nehmerisches Handeln mit gesellschaftlichem Engagement zu verbinden. « Reiner Nittka, Vorstandssprecher der GBI Holding AG 66 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | PROF. DR . J UL I US S CHOE P S & R E I NE R N I T T KA FOTO : © T I M F L AVOR

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