Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

auf die Rürup-Rente zu verzichten – und das aus gutem Grund. Unsere Pensions- kasse ist nach Solvency I reguliert. Hätten wir die Rürup-Rente beibehalten, so hätte das bedeutet, dass wir ab dem Jahr 2016 aufsichtsrechtlich unter die wesentlich strengeren Regeln von Solvency II gefallen wären. Das wäre für eine Pensionskasse unserer Größenordnung nicht zu leisten gewesen. Von welcher Größenordnung sprechen wir denn überhaupt? Paul Wessling: Die Höhe unserer Deckungs- rückstellungen liegt bei etwa 120 Millionen Euro, in einem entsprechenden Rahmen be- wegen sich unsere Kapitalanlagen. Als Pen- sionskasse müssen wir natürlich besonderen Wert auf die finanzielle Stabilität der von uns verwalteten Vorsorgetarife legen. Die nachhaltige Erfüllbarkeit unserer Verpflich- tungen muss dabei auf jeden Fall und zu jeder Zeit gewährleistet sein, inklusive der Verpflichtungen aus neu abgeschlossenen Verträgen. Wir werden natürlich versuchen, für unsere Versicherten eine möglichst attrak- tive Überschussbeteiligung zu erzielen. Was uns dabei jedoch in gewisser Hinsicht be- grenzt, das ist die Notwendigkeit, unsere Kapitalanlage stets mit unserer Risikotrag- fähigkeit in Einklang zu bringen. Wobei ein vor Kurzem gesetzlich festgeleg- ter Höchstrechnungszins von 0,25 Prozent Ihnen im Moment nicht viel Raum lässt in Bezug auf eine möglichst breite Streuung Ihrer Kapitalanlagen. Paul Wessling: Das ist richtig, und darauf zielt auch meine Kritik an der Aufsichtsbehörde Bafin ab, die meines Erachtens die Dau- menschrauben oft etwas zu fest anzieht. Etwas mehr Flexibilität wäre durchaus an- gebracht, dann hätten viele Pensionskassen durchaus mehr Möglichkeiten, auch heute noch Tarife anzubieten, die oberhalb des neuen Rechnungszinses liegen. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass sich inzwischen bereits 60 Pensionskassen im Run-off befin- den, sprich: kein Neugeschäft mehr ab- schließen. Und ganze 40 Pensionskassen befinden sich unter einer sogenannten inten- sivierten Aufsicht … … im Grunde das, was der vor Kurzem aus- geschiedene Bafin-Präsident Felix Hufeld etwas flapsig als „Manndeckung“ bezeich- net hat. Auch Ihr Unternehmen ist davon betroffen, richtig? Paul Wessling: Wir waren sogar eine der ersten Pensionskassen, die bereits im Jahr 2018, als die Bafin diese Vorgehensweise eingeführt hat, unter diese intensivierte Aufsicht gestellt wurden. Vor allem weil wir bis vor Kurzem noch einen Tarif mit einer Verzinsung von 175 Basispunkten angebo- ten haben. Das wäre in früheren Zeiten viel- leicht noch akzeptiert worden, inzwischen aber ist die Bafin in dieser Beziehung ziem- lich stringent und entlässt eine Pensions- kasse letztlich nur dann aus dieser inten- sivierten Aufsicht, wenn diese nachweist, dass ihre Trägergesellschaften für den Fall einer möglichen Unterdeckung entweder schon zusätzliche Einschüsse ins Eigenkapi- tal geleistet haben oder zumindest ein ein- deutiges und belastbares Commitment in diesem Sinne abgegeben haben. Und wenn man beides nicht hat? Paul Wessling: Dann ist schwer zu argumen- tieren, warum man aus dieser intensivierten Aufsicht entlassen werden möchte. Und das halte ich einfach für ein zu enges Korsett, » Im illiquiden Bereich lassen sich über Schuldscheindarlehen oder Namenspapiere auch ohne erhöhtes Risiko noch Zinserträge zwischen drei und vier Prozent erzielen. « Paul Wessling, Vorstand Müllerei Pensionskasse 58 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | PAUL WE S S L I NG | MÜL L E R E I P ENS I ONS KA S S E FOTO : © ANDR E A S ENDE RMANN, B E T T I NA KOCH

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