Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

ist, wie schnell Informationen an den Märk- ten verarbeitet werden. Bei der heutigen Flut an Nachrichten und Informationen sind Investoren gar nicht mehr in der Lage, alle Informationen zeitnah zu erfassen und zu verarbeiten. Außerdem agieren Marktteil- nehmer von Natur aus nicht immer rational. Faktorbasierte Anlagestrategien sind darauf ausgerichtet, diese Marktineffizienzen und irrationalen Verhaltensmuster zu nutzen. Wir stellen uns nicht die Frage, was die fünf besten Aktien sind, sondern wie man ein ausgewogenes Portfolio aufbaut. Mit unse- rem Ansatz werden wir zwar nie Fonds- manager des Jahres werden, einfach weil wir keine großen Wetten eingehen, sondern relativ risikoarm agieren und auf eine nach- haltige Performance setzen. Tatsächlich wa- ren die letzten zwei Jahre auch für Quant- und Faktorstrategien nicht einfach. Wenn man sich aber die Performance über drei, fünf oder zehn Jahre anschaut, sieht man, dass ein Mehrwert generiert wurde, auch im Verhältnis zum eingegangenen Risiko. An welcher Stelle lassen Sie denn Kritik am faktorbasierten Investieren gelten? Und wo weisen Sie solche Kritik absolut zurück? Bernhard Langer: Faktorstrategien sind sicher- lich nichts für ganz kurze Anlagezeiträume von einem Vierteljahr oder Jahr. Dass Fak- torinvestments auf sehr lange Sicht über- durchschnittliche Renditen abwerfen, lässt sich gut nachweisen. Kurz- und mittelfristig sind aber große Renditeschwankungen und -unterschiede möglich, weil mal der eine Faktor bessere Renditen aufweist und mal der andere. Der zweite oft angeführte Kritik- punkt ist die Verwendung von Vergangen- heitsdaten. Wir besuchen ja keine Unterneh- men, wir sprechen nicht mit dem CFO. Die Wirkungsweise der von uns verwendeten Faktoren basiert aber auf einer robusten ökonomischen Begründung und hat sich auf lange Sicht als sehr stabil erwiesen. Eine kritische Frage ist natürlich auch, wie die berühmten Strukturbrüche – zum Beispiel Covid oder FAANG-Aktien – in die Daten eingehen. Allerdings sind Strukturbrüche für jeden Fondsmanager eine Herausforde- rung. Auch bei einer abrupten Änderung des Zinsniveaus – wenn die Zinsen am kur- zen Ende gestiegen sind – hat unser Modell in der Vergangenheit nicht mehr funktio- niert. Da brauchte es einen Nachlauf von vielleicht drei Monaten, um sich auf das neue Umfeld einzustellen. Nur zu meinem Verständnis: Bewertung, sprich Value, sowie Momentum, also sowohl Gewinn als auch Kurs, und Qualität sind sozusagen die drei Basisfaktoren, zu denen irgendwann Größe und Volatilität hinzu- gekommen sind. Korrekt? Bernhard Langer: Bei Invesco Quantitative Strategies sprechen wir inzwischen vom Faktor-Zoo. Die klassischen Faktoren wie Value, Growth oder Size sind seit den Sieb- zigern bekannt. Aber mittlerweile gibt es nichts mehr, was es nicht gibt. Investoren können aus immer mehr Faktoren wählen. Angesichts der zunehmend unübersichtli- chen Faktorauswahl werden disziplinierte Researchprozesse zur Identifizierung wirk- lich attraktiver Anlagefaktoren noch wichti- ger. Zu den wichtigsten und etabliertesten Faktorstrategien im Aktienbereich zählen weiterhin Value, Size, Low Volatility, Qua- lity, Momentum und Dividend Yield. Ziel der Value-Strategie ist es, Wertpapiere aus- findig zu machen, die, gemessen an ihrem Substanzwert, unterbewertet sind. Size-Stra- » Wir stellen uns nicht die Frage, was die fünf besten Aktien sind, sondern wie man ein ausgewogenes Portfolio aufbaut. « Bernhard Langer, CIO Invesco Quantitative Strategies 48 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | BE RNHARD L ANGE R | I NVE S CO FOTO : © MA RT I N JOP P EN

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