Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

Anlegersicht lautet die Frage daher nicht, ob man in Faktoren investieren möchte, son- dern ob man die Faktorausprägungen des eigenen Portfolios aktiv steuern möchte. Beim Factor Investing werden Anlagen ge- zielt auf Grundlage ihrer Faktormerkmale ausgewählt, um zentrale Ziele wie Rendite- steigerung oder Risikokontrolle zu erreichen – oder eine Kombination aus beidem. Da- mit ist das Factor Investing eine Erweite- rung der traditionellen Asset Allocation, die eine ganzheitlichere und präzisere Portfolio- positionierung ermöglicht. Was unterscheidet Ihr Modell von anderen? Bernhard Langer: Unser oberstes Ziel ist, ein ausgewogenes Portfolio zu bauen, weil wir davon überzeugt sind, dass eine effiziente Kombination von Faktorallokationen lang- fristig für mehr Wertstabilität sorgt. Unsere Erfahrung zeigt, dass ein aktiver integrierter Multi-Faktor-Ansatz, der die wechselseiti- gen Beziehungen von Faktorprämien be- rücksichtigt, in unterschiedlichen Phasen eines Marktzyklus potenziell nachhaltige Überrenditen erwirtschaften kann. Mit einem systematischen Ansatz wie dem unseren ist es leichter, ein mit Blick auf das Faktor- exposure dauerhaft ausgewogenes Aktien- portfolio zu halten. Außerdem ermöglichen systematische Faktoransätze den Aufbau eines Portfolios, das auf individuelle Anle- gerbedürfnisse zugeschnitten ist, zum Bei- spiel durch einen explizit defensiven Schwerpunkt zur Stabilisierung des Port- folios in turbulenten Marktphasen. Sehen Sie sich in dieser Beziehung in der Rolle eines Pioniers, die Ihnen zugeschrie- ben wird? Bernhard Langer: Invesco hat als einer der ersten Anwender ein eigenes Multi-Faktor- Modell entwickelt, das auf den Faktoren Bewertung, Ertrags- und Kursdynamik sowie Qualität basiert, und diese Faktoren erfolgreich und systematisch in einer quan- titativen Aktienstrategie umgesetzt. Unserer Ansicht nach ist eine Aktie attraktiv, wenn sie in ihrer Vergleichsgruppe attraktiv be- wertet ist, eine sich verbessernde Gewinn- dynamik auf künftiges Wertzuwachspoten- zial hindeutet, sie eine positive Kursdyna- mik aufweist und es sich um eine – gemes- sen an der Profitabilität und Bilanzqualität – hochwertige Aktie handelt. Unsere pro- prietären Faktoren haben gezeigt, dass sie große Teile der Wertentwicklung und des Risikos an Aktienmärkten erklären können. Was ist denn die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Faktorinvestment? Bernhard Langer: Die Qualität der zugrunde liegenden Faktoren ist der wichtigste Diffe- renzierungsfaktor. Sie bestimmt die Port- foliorendite und entscheidet über den Erfolg einer Strategie. Außerdem sind die Faktor- merkmale von Aktien nicht statisch, son- dern variieren mit der Zeit. Daher basiert unsere Faktorauswahl auf einem fundierten und permanenten Research. Unsere vier Faktoren sind übrigens je nach Land unter- schiedlich gewichtet, weil auch die Faktor- prämien regional variieren. In Australien etwa funktioniert der Value-Faktor gar nicht, weil das ein Momentum-Markt ist. Dahinter steht ja immer die Annahme oder die Überzeugung, dass Aktienmärkte nicht informationseffizient sind. Da wird eine Reihe von Marktteilnehmern widersprechen. Bernhard Langer: Die These, die Märkte seien zu effizient, um auf Überrenditen hoffen zu können, wurde von einer ganzen Reihe aktiver Investoren – einschließlich uns – widerlegt. Es ist schwer, den Markt zu schlagen, aber nicht unmöglich. Die Frage » Bei Invesco Quantitative Strategies sprechen wir inzwischen vom Faktor-Zoo. « Bernhard Langer, CIO Invesco Quantitative Strategies 46 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | BE RNHARD L ANGE R | I NVE S CO FOTO : © MA RT I N JOP P EN

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