Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

der Vergangenheit begünstigt haben, gehen wir davon aus, dass Aktieninvestoren im geometrischen Mittel mit einer Risikoprä- mie von 3,5 Prozent rechnen können. Auf Basis des arithmetischen Mittels würde das einer Prämie von fünf Prozent entsprechen. Und wenn die Optimisten am Ende viel- leicht doch wieder triumphieren? Elroy Dimson: Schon einfache statistische Logik sagt uns leider, dass die tatsächlich zu erwartenden Renditen fast zwangsläufig unterhalb solch optimistischer Träume lie- gen dürften. Und die genaue Analyse unse- rer Geschichte weist uns leider auch darauf hin, dass künftige Renditen eben sehr wahr- scheinlich deutlich niedriger sein werden, als wir das aus der jüngeren Vergangenheit kennen. Natürlich sollten wir uns trotzdem wünschen, dass die Optimisten auch in Zu- kunft wieder triumphieren werden. Erwar- ten können wir es leider nicht. Allein schon unsere Erfahrung sollte uns eher Realismus lehren, nicht Optimismus. Als wir vor acht Jahren zuletzt gesprochen haben, warnten Sie davor, dass Aktien keine Geldmaschine sind. Man könne noch so viele Daten analysieren, aber einen verläss- lichen Weg, reich zu werden, gebe es nicht. Auch nicht mit den sogenannten Anomalien der Aktienmärkte. Hat sich an Ihrer Ansicht – zumindest was die Anomalien angeht – etwas geändert? Elroy Dimson: Keineswegs. Ich bin immer noch der Ansicht, dass die eine oder andere schwächere Erscheinung wie etwa der Hal- loween- oder der Präsidentschaftszyklus- Effekt vielleicht ihre Relevanz haben. Auf viele andere sogenannte Faktoren trifft das aber nach wie vor nicht zu. Man muss sich doch nur die jüngste Entwicklung vermeint- licher Faktoren anschauen. Allenfalls der sogenannte Momentum-Effekt hat, wenn auch nur zeitweise, zufriedenstellende Er- gebnisse erbracht. Andere Faktoren dagegen haben eine Zeit hinter sich, die sich eigent- lich nur als problematisch bezeichnen lässt. Meinen Sie mit problematisch die Tatsache, dass Investoren sich oft genau zum falschen Zeitpunkt für eine Faktorstrategie entschei- den, nämlich wenn deren zukünftig zu erwar- tender Ertrag eher geringer ausfällt, weil diese Strategie gerade ein Hoch erreicht hat und nur deshalb favorisiert wird? Elroy Dimson: Faktorstrategien haben im Grunde zwei Probleme: Einmal abgesehen vom Timing muss oft schon deren Model- lierung hinterfragt werden. Der Umstand, dass ein signifikanter In-Sample-Nachweis der Vorhersagekraft eines Modells keine signifikante Out-of-Sample-Vorhersagekraft besitzt, ist hinreichend bekannt und doku- mentiert. Gemeinsam mit meinem Wissen- schaftskollegen Paul Marsh habe ich dazu schon im Jahr 1990 einen Aufsatz unter dem Titel „Volatility forecasting without data-snooping“ im „Journal of Banking and Finance“ publiziert. Und Harry Markowitz und Ganlion Xu haben das Problem vier Jahre später in ihrem Aufsatz „Data mining corrections“ im „Journal of Portfolio Ma- nagement“ ebenfalls aufgegriffen. Natürlich gefällt es gerade einem Praktiker nicht be- sonders, dass er auf die Bestätigung durch Daten warten muss. Aber es gibt im Grunde kein Substitut für einen echten Out-of- Sample-Test, der von seiner Natur her nun einmal mehr Zeit braucht. Aber noch einmal zum Timing: Soll ein Investor denn zum Beispiel bewusst auf einen Effekt wie den Small-Cap-Faktor ver- zichten, der davon ausgeht, dass sich mit Aktien kleinerer Unternehmen auf Dauer ein höherer Return erzielen lässt? Elroy Dimson: So absolut würde ich das nicht sagen. Ein Buy-and-Hold-Investor kann sicher einen auf lange Sicht höheren Ertrag von Aktien kleinerer Unternehmen zu sei- nem Vorteil nutzen, vorausgesetzt, er bringt wirklich einen vergleichsweise sehr langen » Nach unserer Erkenntnis gibt es eine klare Beziehung zwischen dem aktuellen realen Kurz- fristzins und den zu erwartenden Returns für ein Investment sowohl in Aktien als auch in Anleihen. « Elroy Dimson, Cambridge Judge Business School 40 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | PROF. E L ROY D IMSON | CAMBR I DGE UN I VE R S I T Y FOTO : © S A R AH WE A L

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