Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

BR I E F DER HERAUSGEBER 4 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com D ass auch die aktuell laufende Aktienhausse einmal enden wird, steht fest. Wann das sein wird, ist hin- gegen offen. Für institutionelle Anleger spannend ist aber gar nicht so sehr die Frage, wann Dividen- denwerte wieder en bloc billiger werden, sondern vielmehr, wie sich die Rentenmärkte dann verhalten werden. Für die heute aktive Generation von Investoren erscheint es „normal“, dass Bonds im Fall einer Baisse bei Aktien eine zuverlässige Fluchtburg darstel- len. Seit zwei Dekaden korre- lieren Aktien und Anleihen schon negativ. Und da wir mehrheitlich und trotz besse- ren Wissens solche Erfahrun- gen gern in die Zukunft extra- polieren, könnte hier eine Falle lauern. Das jedenfalls denkt das US-Investmenthaus PGIM. Noah Weisberger und Junying Shen vom PGIM Institutional Advisory & So- lutions Team kommen in „US Stock-Bond Correlation: What Are the Macroecono- mic Drivers?“ zum Schluss, dass die Phase der negativen Korrelation bei US-Aktien und -An- leihen hinter uns liegen könnte. Tatsächlich war sie, so zeigen die Daten von PGIM, vor dem Jahr 2000 mehr als 30 Jahre lang durchgehend positiv. Und sollte sich eine solche Phase wieder- holen, müssten Anleger ihre in den letzten 20 Jahren erfolgreiche Herangehensweise an das Thema Asset Allocation überdenken. Es ging den US-Analysten darum, die makroökonomischen Einfluss- größen einzukreisen, die für das Korrelationsverhalten von Aktien und Anleihen verantwortlich sind. Während der letzten 20 Jahre reagierten führende Notenbanken auf konjunkturelle Störungen mit Zinssenkungen. Dass die Anleihenpreise in solchen Szenarien stei- gen, ist nicht überraschend. Weisberger und Shen schreiben dazu jedoch: „Obwohl das aktuelle negative Korrelationsregime zwi- schen Aktien und Anleihen mit anhaltend fallenden und niedrigen Zinssätzen zusammenfiel, reichen anhaltend niedrige Zinssätze allein möglicherweise nicht aus, um eine negative Korrelation zu unterstützen.“ Je nach makroökonomischem Umfeld sei es mög- lich, sich Niedrigzinsszenarien mit positiver Aktien-Anleihen-Kor- relation vorzustellen. Als zentrale Einflussgrößen wurden Höhe und Stabilität der Zinssätze, die Risikoerwartung für Aktien und Anleihen und die relative Entwicklung von Zinssätzen und Wirt- schaftswachstum festgestellt. Dass das Verhalten der Notenbank Einfluss hat, liegt auf der Hand. Am Ende sind es Veränderungen dieser Komponenten, die ihrerseits durch die Fiskal- und Geld- politik getrieben werden, die über die Korrelation von Aktien und Renten entscheiden. Negativ ist die Korrelation demnach dann, wenn die Fiskalpolitik nachhaltig und die Geldpolitik unabhängig und regelbasiert ist. Daraus folgt, dass eine nicht nachhaltige Fis- kalpolitik und eine diskretionäre Geldpolitik Aktien und Anleihen in Gleichlauf versetzen – vor allem deshalb, weil die Anleger in einem solchen Umfeld beide Assetklassen anders bewerten. Aktu- ell bezahlt man noch Höchstpreise für Aktien und Anleihen, weil man unterstellen darf, dass sich die Ertragsbeiträge dieser beiden Portfoliobausteine gegenseitig stabilisieren. Sobald man annehmen muss, dass dies nicht mehr funktioniert, wird – tendenziell – beides abgestoßen, was für eine unerfreuliche positive Korrelation sorgt. Interessant ist die Antwort auf die Frage, wie die Lage einzuschät- zen ist. Eine Prognose dazu gibt es leider nicht; es gebe nicht die eine Kennzahl, die klar auf einen solchen Regimewechsel hindeu- te. Man müsse eher nach diversen Indizien Ausschau halten. Das negative Aktien-Anleihen-Korrelationsregime wird demnach dann intakt bleiben, wenn die Infla- tion nicht anzieht, weil die Glaubwürdigkeit der Fed be- züglich Inflationsbekämpfung in einem solchen Umfeld nicht gefährdet ist. Bleiben die Leitzinsen aber trotz höherer Inflation tief, sei dies als Änderung der Prioritäten der Fed zu sehen. In Verbin- dung mit einer expansiven Fiskalpolitik wäre eine Ver- schiebung hin zu einer posi- tiven Korrelation zwischen Aktien und Anleihen zu er- warten. Und sollte dies ge- schehen, könnte das einen Rückkopplungseffekt bewirken: Eine höhere Korrelation sollte auch die Risikoprämien nach oben trei- ben, was wiederum die Korrelation erhöht. Die Autoren empfehlen Anlegern, sich vorsichtshalber auf eine Änderung des Korrelations- regimes einzustellen. Wir bedauern, dass auch in diesem Jahr der Institutional Money Kongress der Pandemie zum Opfer gefallen ist, hoffen nun aber, dass 2022 wieder Normalität einkehrt. Bis zum Herbst wünschen wir Ihnen einen erfolgreichen und erholsamen Sommer. Ende eines Regimes? Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi

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