Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

Mit welcher „Versuchsanordnung“? Elroy Dimson: Wir haben die Daten von allen uns zur Verfügung stehenden Kapitalmärk- ten analysiert, die über eine bis ins Jahr 1900 zurückreichende Historie verfügen. Verglichen haben wir dabei den jeweils realen Zinssatz in einem Jahr mit dem tat- sächlich erzielten Ertrag von Aktien wie auch Anleihen in den darauf folgenden fünf Jahren. Die Zeiten der Hyperinflation in Deutschland und Österreich haben wir aus- geklammert, am Ende konnten wir 2.445 Beobachtungen von überlappenden Fünf- jahresperioden vergleichen. Haben sich Ihre Erwartungen bestätigt? Elroy Dimson: Nicht nur das, wir haben auch weitere interessante Erkenntnisse gewinnen können, auf die ich später gern zurückkom- me. Eine Regressionsanalyse hat gezeigt, dass eine eindeutige Beziehung besteht zwi- schen dem aktuellen realen Zins und dem in den Folgejahren erzielbaren Ertrag so- wohl eines Investments in Aktien wie auch Anleihen. Deutlich wurde dabei auch, dass Aktien in jedem untersuchten Zeitraum einen höheren Return erbracht haben als Anleihen. Aufschlussreich war zudem: Wenn der reale Zins sich auf einem niedri- gen Niveau befindet, fallen die in Zukunft zu erwartenden Erträge für risikobehaftete Assets ebenfalls geringer aus. Zeigt Ihre Analyse auch etwas für die Zeit eines unerwartet schnell fallenden Zinses? Elroy Dimson: Durchaus, denn es wurde deut- lich, dass es in solchen Phasen tendenziell zu einem starken Anstieg der Preise von Vermögenswerten und damit ihrer Renditen kommt, während die erwarteten Erträge geringer ausfielen. Ein Muster, das der Ent- wicklung in der Zeit seit 2000 entspricht. Sie haben von weiteren interessanten Er- kenntnissen gesprochen. Was war gemeint? Elroy Dimson: Dass in einem Drittel aller un- tersuchten Länder der reale Zins zeitweise negativ gewesen ist. Unsere Untersuchung hat nämlich auch gezeigt: Während die no- minalen Kurzfristzinsen auf einem Rekord- tief notieren, trifft das für den realen Kurz- fristzins nicht zu. Außerdem wurde erkenn- bar, dass es vor allem in Zeiten einer hohen Inflation zu einem vergleichsweise niedri- gen realen Zins kommt, ganz im Unter- schied zu der heutigen Situation einer nur geringen Preissteigerungsrate. Was bedeutet das für daraus abzuleitende Renditeprojektionen in die Zukunft? » Während die nominalen Kurzfristzinsen auf einem Rekordtief notieren, trifft das für den realen Kurzfristzins nicht zu. « Elroy Dimson, Cambridge Judge Business School Mittler zwischen Theorie und Praxis Elroy Dimson , Jahrgang 1947, leitet das Centre for Endowment Asset Management an der Cambridge Judge Business School und ist emeritierter Professor für Finanzen an der London Business School. Von 2010 bis 2016 war der Autor zahlloser wissen- schaftlicher Aufsätze außerdem Vor- stand des Strategierats für den staatlichen norwegischen Pensionsfonds, mit einem verwalteten Vermögen von rund 1,1 Billionen Euro der zweitgrößte Staats- fonds nach dem japani- schen Pensionsfonds. Dimsons Hauptarbeiten beschäftigen sich mit der Langfristanalyse der Performance von Kapital- märkten sowie von Asset-Allocation-Strategien. In seinem bekanntesten Werk „Triumph of the Optimists“ hat Dimson gemeinsam mit seinen beiden Koautoren von der London Business School, Paul Marsh und Mike Staunton, die Entwicklung von Risikoprämien an den Aktienmärkten der bedeutendsten Kapitalmärkte weltweit über einen Zeitraum von 101 Jahren unter- sucht. Das Autorentrio zeichnet zudem inhaltlich verantwortlich für das jährlich vom Credit Suisse Research Institute herausgegebene „Global Investment Returns Yearbook“. 36 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | PROF. E L ROY D IMSON | CAMBR I DGE UN I VE R S I T Y FOTO : © S A R AH WE A L

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