Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

rhein-westfälischen Versorgungswerke in den Genuss der Quotenerweiterung kom- men, sondern demnächst auch Versorgungs- werke anderer Bundesländer. „Nordrhein- Westfalen ist das einwohnerstärkste Bun- desland und hat ein erfahrenes Finanzmi- nisterium, das schon öfter eine Vor- reiterrolle eingenommen hat“, weiß Krüger von der ABV. „Beispielsweise hat es auch im Nachgang der Finanz- krise die erweiterte Öffnungsklausel eingeführt, und die High-Yield-Quote liegt dort bei 7,5 statt bei fünf Prozent. Auf unsere Initiative hin hat NRW im März 2020 auch die Beteiligungsquote abgeschafft“, freut sich Krüger. Diese stellte zuvor eine Subquote der 35-pro- zentigen Risikokapitalquote dar. Jetzt können die Versorgungswerke selbst darüber entscheiden, wie sie die Risiko- kapitalquote zwischen Aktien, Beteili- gungen, Private Equity, High Yield etc. aufteilen. NRW als Maßstabsetzer „Hier hat NRW eine Vorreiterrolle übernommen, und einige Länder haben dann ebenfalls die Beteiligungsquote abge- schafft“, erklärt Krüger. Ohnehin wird das nordrhein-westfälische Finanzministerium als Maßstabsetzer wahrgenommen, dem sich andere Bundesländer gelegentlich an- schließen. „In einigen Ländern ist für die Aufsicht der Versorgungswerke nicht das Wirtschafts- oder Finanzministerium, son- dern das Sozial- oder teilweise das Gesund- heitsministerium zuständig. Dort kommt es dann seltener zu einer Nachschärfung der Anlageverordnung, bei der das aktuelle Kapitalmarktumfeld ausreichend berück- sichtigt wird“, bedauert Kluge. Auch Rechtsanwältin Agata Zdunek aus dem Frankfurter Büro der Kanzlei Curtis, Mallet-Prevost, Colt & Mosle LLP ist über- zeugt, dass nicht nur die nordrhein-west- fälischen Versorgungswerke von der neuen Quote profitieren können und wollen. „Zu unseren Mandanten gehören auch Versor- gungswerke, die nicht in NRW ansässig sind. Auch bei ihnen ist die Quotenlage vielfach angespannt, sodass auch hier ein grundsätzliches Interesse an einer zusätz- lichen Infrastrukturquote besteht. Der Markt bietet inzwischen auch eine Vielzahl von nachhaltigen Anlagemöglichkeiten im Be- reich Infrastruktur, wobei die Anforderun- gen institutioneller Anleger hier derzeit doch noch enorm divergieren, sofern ent- sprechende interne Anlagerichtlinien derzeit überhaupt schon vorhanden sind“, meint Zdunek. Aus Gesprächen mit Mandanten hat sie erfahren, dass sich Versorgungswer- ke nun informell an ihre jeweilige Auf- sichtsbehörde wenden, um mit ihnen über eine Infrastrukturquote nach NRW-Vorbild zu sprechen. Oft wird das wohl in Einzelgenehmigun- gen erfolgen müssen, „denn in manchen Ländern lässt sich nicht einfach pauschal eine Infrastrukturquote einführen. Das Auf- sichtsgesetz in NRW ist geschickt formu- liert. Dort heißt es sinngemäß: ‚Es gibt die Anlageverordnung, aber die Aufsicht kann hiervon abweichen.‘ Ein entsprechender Er- lass regelt dann die Details“, erklärt Krüger. In anderen Bundesländern müsse man daher womöglich anders vorgehen, könnte aber dasselbe Ziel erreichen. Landesaufsicht Berufsständische Versorgungswerke, von denen es in Deutschland 90 gibt, werden landesaufsichtsrechtlich reguliert, wobei sich viele Landesaufsichten an der Anla- geverordnung (AnlV) orientieren. In erster Linie gilt die Anlageverordnung für Pen- sions- und Sterbekassen sowie für kleine Versicherungsunternehmen mit einem ge- ringeren Prämienvolumen als fünf Millio- nen Euro und versicherungstechnischen Bruttorückstellungen von weniger als 25 Millionen Euro. Die großen Versicherungs- unternehmen unterliegen mit Solvency II seit Jahresanfang 2016 qualitativen Anlage- grundsätzen. Sie müssen ihre Kapitalan- lagen nach dem Grundsatz der unterneh- merischen Vorsicht anlegen und haben keine fixen Quoten für die einzelnen Asset- klassen. Eigene Anlageverordnung Der Verband ABV wünscht sich schon länger eine spezifische Regulierung für Ver- sorgungswerke. „Wir denken drüber nach, ein ganz anderes Aufsichtsregime für Ver- sorgungswerke anzuregen, das mehr Flexi- bilität schafft und trotzdem nicht weniger Sicherheit bietet. Die Anlageverordnung enthält ja eher gewillkürte Elemente und ist im heutigen Kapitalanlageumfeld viel zu starr. Für Versorgungswerke passt zwar keinesfalls Solvency II, aber eine Regu- lierung, die auch qualitative Anforderungen an die Kapitalanlage stellt und die die Risi- kotragfähigkeit unter anderem auch durch risikoadäquate Eigenmittelanforderungen sicherstellt“, meint Krüger und ergänzt: „Im ABV-Leitfaden gibt es bereits seit vielen Jahren Eigenmittelanforderungen, die ab- hängig davon sind, wie viel Kapitalanla- gerisiken das jeweilige Versorgungswerk eingeht. Diese könnten beispielsweise ver- feinert werden.“ ANKE DEMBOWSKI » Wir denken darüber nach, ein ganz anderes Aufsichtsregime für Versorgungswerke anzuregen. « Dr. Ulrich Krüger, Geschäftsführer bei der Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. (ABV) » Auch bei Versorgungswerken außer- halb NRW besteht Interesse an einer zusätzlichen Infrastrukturquote. « Agata J. Zdunek, Rechtsanwältin aus dem Frankfurter Büro der Kanzlei Curtis, Mallet-Prevost, Colt & Mosle LLP 244 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | I NF RA S T RUK TURQUOT E FOTO: © ARBEITSGEMEINSCHAFT BERUFSSTÄNDISCHER VERSORGUNGSEINRICHTUNGEN, CURTIS, MALLET-PREVOST, COLT & MOSLE LLP

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