Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

funktioniert, und die BaFin hat das im institutionellen Geschäft sehr vernünftig und praxisorientiert gehandhabt.“ Die neu eingeführte Bürde der Pre-Mar- keting-Regelung wird allerdings weniger die Investoren lähmen, sondern in erster Linie die Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) und deren Vertriebe, wenn sie institutionelle Anleger ansprechen. Nun müssen die KVGen sehr genau festhalten, wann der Marketingprozess beginnt, und rechtzeitig – innerhalb von zwei Wochen – die entsprechende Anzeige bei der BaFin vornehmen. „Hier werden KVGen in neue administrative Vorgänge hineingezwängt. Noch dazu ist nicht ganz klar: Ab wann be- ginnt eigentlich das Pre-Marketing?“, äußert sich Guzialowski. Reverse Solicitation, wenn also der Inves- tor das Gespräch mit der KVG oder dem Asset Manager sucht, fällt nicht unter die neuen Regelungen des Pre-Marketing. Mag sein, dass einige Marktteilnehmer das als Ausweg ansehen. In der Praxis werden KVGen überlegen, wie sie beziehungsweise ihre Vertriebe handeln können, ohne in den Definitionsbereich des Fondsvertriebs zu kommen. „Anfangs könnte der Asset Mana- ger nur seine Kompetenz in einer bestimm- ten Assetklasse vorstellen oder über eine mögliche ‚Anlagestrategie‘ und nicht von einem Fonds sprechen“, glaubt Brockhaus. „Letztlich wird der Begriff des Vertriebs aber weiter nach vorn verlagert, und es werden erstmals Vor-Vertriebsanzeigen bei der BaFin erforderlich, die früher erfolgen als die bisherigen Vollvertriebsanzeigen, sofern diese überhaupt erforderlich waren. Oder es werden ‚Vorrats-AIFs‘ aufgelegt, zum Vollvertrieb angezeigt und dann nach Gewinn eines Investors im Nachhinein bei der BaFin noch eine Vertriebs-Änderungs- anzeige eingereicht, wenn Anlagerichtlinien angepasst werden. So bliebe die Einfluss- nahmemöglichkeit des Investors bestehen.“ Flügel wundert sich, wie das in der Praxis gehen kann. „Ich bin gespannt, wie die BaFin darauf reagiert. Sie muss sich dann ja künftig nicht nur die fertigen Produkte, sondern auch die vielen Entwürfe ansehen!“ Auch die Gruppe derer, die Vertrieb ma- chen dürfen, wird kleiner. „Früher konnten Vermittler mit einer §-34f-Lizenz frei in der Welt herumfahren und Spezialfondsanleger auf mögliche Fondsideen ansprechen. Wenn diese Tätigkeit aber jetzt als Pre-Marketing eingestuft wird, dürfen das 34f-ler nicht mehr tun, sondern nur noch Banken, die KVG selbst oder vertraglich gebundene Vermittler mit einer §-32-KWG-Lizenz be- ziehungsweise unter einem Haftungsdach“, erklärt Brockhaus. Jörn Zurmühlen, Vorstand der Real Ex- change AG, sieht hier eine Chance für sein Unternehmen: „Asset Manager und Fonds- initiatoren können Pre-Marketing-Leistun- gen von lizenzierten Dienstleistern in An- spruch nehmen. So erhalten sie die Möglich- keit, die Produktvorstellung und die Anle- geransprache vor dem eigentlichen Ver- triebsprozess weiterhin durchführen zu kön- nen.“ Real Exchange vermittelt Immobilien- fondsanteile zwischen institutionellen Inves- toren auf dem Sekundär- und Primärmarkt. Zurmühlen fährt fort: „Die Auslagerung des Pre-Marketings an Dienstleister, die über eine schriftliche Erlaubnis der BaFin nach § 32 KWG verfügen, stellt sowohl eine Option zur Überbrückung bis zum Erwerb einer Lizenz als auch einen dauerhaften und dennoch sehr flexiblen Lösungsansatz dar.“ Insgesamt werde es zum Thema Pre-Marke- ting noch einige Klarstellungen auf Level-3- Ebene geben müssen, ist sich Brockhaus sicher. „Die Marktteilnehmer werden nach Paris zur ESMA schauen. Die gibt Details ihrer Verwaltungsauffassungen gern in FAQ- Form. Dort wird es sicher noch die eine oder andere Präzisierung geben.“ Nachhaltigkeit Dem aktuellen Zeitgeist entsprechend wird der Gesetzgeber mit dem FoStoG auch die Zügel in Sachen Nachhaltigkeit anzie- hen. Im Prinzip wurden die Taxonomie- und die Offenlegungsverordnung in das KAGB integriert. Deutsche Kapitalverwaltungs- gesellschaften müssen dann umfassende Informationen zum Umgang mit Nachhal- tigkeitsrisiken veröffentlichen, sowohl für die KVG selbst als auch für die von ihr verwalteten Fonds. Zudem gelten verschie- dene Offenlegungspflichten im Jahres- bericht, im Verkaufsprospekt und auf der Homepage des Unternehmens. Bürokratische Erleichterungen bringt das FoStoG auch. „Beispielsweise soll die Kommunikation mit der BaFin künftig überwiegend auf elektronischem Weg statt- finden können. Um der BaFin Zeit einzu- räumen, die erforderlichen elektronischen Schnittstellen einzurichten, gilt dieser Teil des FoStoG erst ab April 2023“, so Brock- haus. Auch Schriftformerfordernisse und die Notwendigkeit von dauerhaften physischen Datenträgern wurden größtenteils abge- schafft. Einige weitere Punkte, die eher indirekt mit dem Fondsbereich zu tun haben, hat das FoStoG ebenfalls angepasst. „Der Gesetz- geber wollte Start-ups fördern. Daher hat er bei Venture-Capital-Fonds Umsatzsteuer- erleichterungen eingeführt“, sagt Guzialow- ski. Das Umsatzsteuergesetz (UStG) wurde durch das FoStoG dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuerbefreiung auch auf die Verwaltung von Wagniskapitalfonds ausgedehnt wird. Eher ein Reparaturgesetz Neben der Umsetzung der geänderten EU-Richtlinien für OGAWs und AIFs hatte das FoStoG auch die Zielsetzung, die Attraktivität des deutschen Fondsstandorts zu steigern. „Das ist allerdings nur sehr eingeschränkt gelungen“, meint Guzia- lowski, „der Gesetzgeber hätte viel mehr rausholen können.“ Brockhaus von KPMG Law sieht das ähnlich: „Das Gesetz ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber in meinen Augen geht es an vielen Punkten nicht weit genug. In Luxemburg sind beispielsweise die Strukturierungs- möglichkeiten ungleich höher als in Deutschland, auch nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes.“ ANKE DEMBOWSKI » In der Praxis entwickeln wir unsere Produkte in enger Abstimmung mit dem Investor. « Christoph Flügel, Vorstand Arbireo Capital, Frankfurt 238 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | FONDS S TANDOR TGE S E T Z FOTO : © FOTOS T UD I O T. W. K L E I N

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