Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

nicht bereinigt: „Bei bestehenden Gebäuden denken wir oft darüber nach, diese mit einer Solaranlage, Elektroladestationen oder Ähn- lichem nachzurüsten. Derartige Aktivitäten werden aktuell jedoch vom Verbot einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung der Immobilien erfasst. Diese gewerblichen Einkünfte könnten ansonsten den ganzen Fonds infizieren, der dann seinen trans- parenten Status verliert. Das könnte für unsere Investoren desaströse Folgen haben.“ Bisher gibt es für solche gewerblichen Aktivitäten eine Schmutzgrenze von fünf Prozent. „Dieser Widerspruch sollte aufge- löst werden. Aber das hat man mit dem Fondsstandortgesetz nicht geschafft. In unseren Fonds befindet sich eine große Zahl von Lebensmittelmärkten und Infrastruk- turimmobilien. Was meinen Sie, was für riesige Dachflächen hier vorhanden sind; da könnte man viele Solarzellen draufstellen!“ Offene Infrastrukturfonds Was das FoStoG darüber hinaus noch an Produktinnovationen bietet, sind rein privat- rechtlich organisierte Infrastrukturfonds. „Bis dato wurden die überwiegend als PPP strukturiert“, erklärt Henning Brockhaus. Als Partner der KPMG Law Rechtsanwalts- gesellschaft in Frankfurt verantwortet er die Rechtsberatung von Kapitalverwaltungsge- sellschaften und Asset Managern. Brock- haus: „Durch die neue Möglichkeit zur Auf- lage von offenen Infrastruktur-Sonder- vermögen erhofft sich der Gesetzgeber, dass künftig auch dem breiten Publikum Infra- strukturfonds zur Verfügung gestellt wer- den. Mit den ELTIFs hat das nicht recht geklappt, die sind zu starr in ihren Vor- gaben“, meint Brockhaus. Auch Guzialowski sieht für die neuen offenen Infrastruktur-Sondervermögen gute Marktchancen. „Im Markt ist genügend Geld vorhanden, aber die Assets fehlen. Daher sind die Preise für Immobilien und Infrastruktur in den letzten Jahren gestiegen, und trotzdem ist die Nachfrage hoch. Es gab 2007 schon mal einen Versuch, Infrastruk- turfonds ins Investment-Gesetz einzubrin- gen, aber damals wurde das vom Markt nicht wahrgenommen. Die Zeiten waren damals andere, und die Corona-Pandemie hat zu weiteren Änderungen geführt. Jetzt könnte das Interesse an Infrastrukturinvest- ments höher sein, und ich halte das offene Sondervermögen für eine gut geeignete Struktur dafür.“ Als weiteren Vorteil sieht er, dass man den Markt für Infrastrukturinvest- ments nun mit einer bekannten Struktur ver- gleichbar dem Immobilien-Sondervermögen ansprechen kann statt mit den eher umständ- lichen geschlossenen Strukturen. Da Infrastruktur- ebenso wie Immobi- lieninvestments nicht so liquide sind wie Wertpapiere, ergibt sich bei einer offenen Fondsstruktur dieselbe Problematik, wenn alle zur selben Zeit durch die Tür wollen. Daher hat der Gesetzgeber auch bei den neu eingeführten offenen Infrastrukturfonds eine Mindesthaltefrist von 24 Monaten vor- gesehen. „Die Rücknahmefrist ist nach dem neuen § 260c auf einen Zeitraum zwi- schen sechs und zwölf Monaten festzule- gen“, ergänzt Guzialowski. „Nach meinem Verständnis werden die meisten Fondsan- bieter vergleichbar zu den Immobilienfonds zwölf Monate vereinbaren, um die Liquidi- tät in den Fonds besser steuern zu können.“ Insgesamt hält er die Einführung von offe- nen Infrastrukturfonds für zeitgemäß: „Dass der Gesetzgeber die eingeführt hat, läuft Hand in Hand mit der ESG-Thematik, die man ja fördern will. Mit Infrastruktur- investments lassen sich sowohl ,S‘- als auch ,E‘-Themen gut abdecken“, so Guzialowski. Neben den beiden genannten Strukturen werden mit dem FoStoG auch geschlossene Master-Feeder-Strukturen ermöglicht. Hier konnte die Redaktion noch keinen Markt- teilnehmer finden, der dafür Begeisterung entwickeln kann. „Ich sehe für diese neue Struktur in der Praxis bislang noch keinen Vorteil. Bei der geschlossenen Master-Fee- der-Struktur muss es sich sowohl beim Master als auch beim Feeder um einen ge- schlossenen Publikumsfonds-AIF handeln. Damit der Markt hier anbeißt, muss das Produkt erst attraktiver werden“, äußert sich Guzialowski abwartend. Pre-Marketing Neben den neuen Produktmöglichkeiten bringt das Gesetz Regelungen zum Pre- Marketing. Diese speziellen Regelungen greifen ab 2. August 2021, und durch sie wird sich der Spezialfondsvertrieb deutlich ändern. „Mit der Einführung der neuen Pre- Marketing-Regelungen kommt der Gesetz- geber europäischen Umsetzungsverpflich- tungen nach. Obwohl die bisherige Praxis des Vertriebs von Spezialfonds in Deutsch- land keinen gesetzgeberischen Handlungs- bedarf erfordert hat, konnte der deutsche Gesetzgeber hier nicht anders handeln, als die EU-Richtlinie zum Pre-Marketing um- zusetzen“, so Brockhaus. Anders als im Publikumsfondsbereich kommt der Asset Manager im institutionel- len Segment nämlich bisher nicht mit einem vollkommen fertigen Produkt in den Markt, sondern das Investmentkonzept wandelt sich vor der eigentlichen Fondsauflage durch die Gespräche mit den Kunden. „In der Praxis entwickeln wir unsere Produkte in enger Abstimmung mit dem Investor“, berichtet Flügel. „Das hat in der Praxis gut » Im aktuellen Zinsumfeld ist es attraktiv, wenn wir mehr Fremdkapital einsetzen können. « Dr. Martin Leinemann, Vorstand Arbireo Capital, Frankfurt » Der Gesetzgeber hätte viel mehr rausholen können. « Robert Guzialowski, Head of Relationship Management Real Assets Deutschland bei der Privatbank Hauck & Aufhäuser 236 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | FONDS S TANDOR TGE S E T Z FOTO : © FOTOS T UD I O T. W. K L E I N, HAUCK & AU F HÄU S E R

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